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Weitere Verschärfung der Investitionskontrolle zur Sicherung der technologischen Souveränität Deutschlands geplant

31.01.2020

Binnen weniger als drei Jahren steht nun die dritte Änderung der Regeln über die Investitionskontrolle in Deutschland an. Bereits Ende November 2019 kündigte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im Rahmen seiner Industriestrategie 2030 weitere Verschärfungen für die Investitionskontrolle an.

Jetzt liegt mit dem gestern veröffentlichten Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) für ein Erstes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes ein Vorschlag für die geplanten Änderungen vor. Dieser betrifft – wie der Name schon sagt – allein Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes. Hauptsächlich geregelt ist das Investitionskontrollregime allerdings in der Außenwirtschaftsverordnung, die künftig ebenfalls weiter reformiert werden soll. Das volle Ausmaß der geplanten Verschärfungen wird also erst bei Bekanntwerden auch der hier geplanten Änderungen sichtbar werden.

Gleichwohl ist absehbar, welche Verschärfungen das BMWi im Sinn hat:

1. Herabsetzung des erforderlichen Gefährdungsgrades für Investitionsbeschränkungen

Kern des vorliegenden Referentenentwurfes ist eine Herabsetzung desjenigen Maßstabes, auf dessen Grundlage das BMWi – zum Teil im Einvernehmen mit weiteren Ministerien, zum Teil auch mit Zustimmung der gesamten Bundesregierung – ausländische Investitionen beschränken oder gar untersagen darf. Der Entwurf sieht vor, dass statt der bisher erforderlichen tatsächlichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, die hinreichend schwer sein und ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren muss, nun eine voraussichtliche Beeinträchtigung genügt. Hier soll also zukünftig ein geringer Gefährdungsgrad genügen.

Dabei verweist die Gesetzesbegründung auf die EU-Screening-Verordnung, die es den Mitgliedsstaaten tatsächlich ermöglicht, bereits voraussichtliche Beeinträchtigungen für Beschränkungen bis hin zur Untersagung von Investitionen genügen zu lassen. Dieser niedrigere Gefährdungsgrad ist durch die EU-Screening-Verordnung jedoch nicht zwingend vorgegeben. So hat sich das BMWi bewusst entschieden, den möglichen Beschränkungsrahmen hier voll auszuschöpfen.

Ferner sind nicht nur voraussichtliche Beeinträchtigungen in Deutschland relevant, sondern auch solche eines anderen EU-Mitgliedstaates. Dies ebnet den Weg für eine EU-weite Abstimmung zur Investitionsfreigabe, die die entsprechenden Freigabeverfahren sehr wahrscheinlich noch zeitaufwändiger werden lässt.

2. Neuinterpretation des Begriffs der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

Zweitens versucht die Gesetzesbegründung eine Neuinterpretation des Begriffs der öffentlichen Sicherheit und Ordnung am Maßstab der EU-Screening-Verordnung einzuführen. Das BMWi beabsichtigt den Begriff nun über Aspekte der Sicherheit, der öffentlichen Versorgung und der kritischen Infrastrukturen hinausgehen zu lassen. Eine zentrale Rolle sieht das Ministerium hier für die in der EU-Screening-Verordnung genannten kritischen Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Energiespeicherung, Quanten- und Nukleartechnologien, sowie Nano- und Biotechnologien.

Auch Erwerbsfälle mit Bezug zu solchen kritischen Technologien könnten nach Sicht des BMWi im Einzelfall eine untersagungsrelevante Beeinträchtigung des Gemeinwesens darstellen. Hierfür wird der bereits in der Industriestrategie bemühte Begriff der „technologischen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland“ eingeführt.

Es erscheint diskussionswürdig, ob der Gesetzgeber die bestehende Auslegung des Begriffs der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch eine nachgeschobene Gesetzesbegründung ohne Änderung des Gesetzeswortlautes über die Einführung des Konzepts der technologischen Souveränität ohne weiteres verändern kann. Richtig ist, dass bestimmte kritische Technologien auch sicherheitsrelevant sein können und aus diesem Grund eine Investitionsprüfung angezeigt sein kann. Vorsicht ist indes geboten, wenn über den Begriff der technologischen Souveränität auch Anliegen schlichter Industriepolitik in das Investitionsprüfregime eingeführt werden, für die es nicht vorgesehen ist.

3. Weitere vorgesehene Änderungen

Weitere in dem Entwurf vorgesehene Änderungen betreffen beispielsweise die Anordnung der schwebenden Unwirksamkeit für Vollzugshandlungen sämtlicher nach den Vorschriften der AWV meldepflichtigen Investitionen. Eine entsprechende Regelung gab es bisher lediglich im sogenannten sektorspezifischen Bereich, namentlich beim Erwerb bestimmter Rüstungs- und IT-Sicherheitsunternehmen.

Hiermit möchte das BMWi das Risiko reduzieren, dass bis zum Abschluss des Prüfverfahrens eine Transaktion bereits vollzogen wird. Die Anordnung der schwebenden Unwirksamkeit des Vollzugsgeschäfts ist hierfür jedoch nicht zwingend zielführend: In der Praxis gibt es viele auch mittelbare Erwerbe, bei denen beispielsweise eine luxemburgische Holdinggesellschaft an einen US-Investor verkauft wird und hierbei auch eine in Deutschland befindlichen Portfolio-Gesellschaft betroffen ist. In derartigen Konstellationen richten sich Kaufvertag und Vollzugshandlungen häufig nicht nach deutschem Recht und die Auswirkung dieser Vorschriften auf das anwendbare Recht ist in der Regel äußerst unklar, sodass die Regelung in diesen Fällen faktisch keinem Vollzugsverbot gleichkommt.

Offen ist, ob der Referentenentwurf, so wie vorgelegt, letztlich auch vom Bundestag angenommen wird. Teile der Wirtschaft fordern weniger einschneidende und klarer zu handhabende Vorschriften letztlich zur Sicherung des Investitionsstandortes Deutschland. Die am Beispiel Huawei derzeit geführte Diskussion einer technologischen Ab- und Ausgrenzung, mag indes auch Stimmen stärken, die noch schärfere Eingriffsmöglichkeiten verlangen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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