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Wissentliche Pflicht­verletzung nach § 4 Nr. 5 AVB-RSW

17.09.2015

Im vorliegenden Fall hatte eine Fondsgesellschaft ein Sonderkonto nach den Angaben im Verkaufsprospekt der Kapitalanlage mit einer zwingenden Mitzeichnung des Mittelverwendungskontrolleurs nicht eingerichtet. Die Pflicht des Mittelverwendungskontrolleurs, zu kontrollieren, ob ein Sonderkonto entsprechend der Vorgaben eingerichtet wurde, kannte dieser. Indem er diese Kontrolle unterließ, handelte er nach Ansicht des OLG München bewusst pflichtwidrig.

Anknüpfend an die Entscheidung des BGH vom 17.12.2014 (IV ZR 90/13) bestätigte damit auch das OLG München, dass der Versicherte eine wissentliche Pflichtverletzung begeht, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Es muss insoweit feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat und das Bewusstsein hatte, pflichtwidrig zu handeln. Dabei hat zunächst der Versicherer einen Sachverhalt vorzutragen, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherten zumindest hindeutet. Dabei ist der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien dann entbehrlich, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann. Nach diesen Maßgaben ergibt sich eine wissentliche Pflichtverletzung vorliegend daraus, dass der Mittelverwendungskontrolleur Vertragspartner des Mittelverwendungskontrollvertrages war und auch den Prospektprüfungsbericht erstellt hatte, den Text des Mittelverwendungskontrollvertrags und die sich daraus ergeben Pflichten mithin kannte. Zudem handelt es sich nach Ansicht des Senats gerade um die Kardinalspflicht aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag. Von jedem Wirtschaftsprüfer könne erwartet werden, dass ihm bewusst ist, dass er die im Vertrag vorgesehene Einrichtung des Sonderkontos mit zwingender Mitzeichnung zu kontrollieren hat und sich anderenfalls pflichtwidrig verhält. Überdies zeige sich auch aus dem Bericht des Mittelverwendungskontrolleurs über die Mittelverwendungskontrolle vom 22.03.2004, dass ihm diese Pflicht durchaus bewusst war. So ist gerade unter der Überschrift „Die Kontrollmaßnahmen stellen sich im Einzelnen wie folgt dar“ – unzutreffend – angeführt, ein Sonderkonto, über das die Fondsgesellschaft nur gemeinsam mit dem Mittelverwendungskontrolleur verfügen dürfe, sei eingerichtet.

Der Senat führte weiter aus, dass die Kläger vorliegend den Zeichnungsschaden geltend machen. Für diesen haftet der Mittelverwendungskontrolleur infolge einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht gegenüber künftigen potentiellen Anlegern. Soweit die Kläger hieraus jedoch ableiten, bezüglich dieser Aufklärungspflicht fehle es an einer wissentlichen Pflichtverletzung, folgt der Senat dem nicht. Der Mittelverwendungskontrolleur wusste nämlich aus dem Vertragstext, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag als Vertrag zugunsten der Anleger ausgestaltet war. Damit war ihm auch bewusst, dass er bei Pflichtverletzungen unmittelbar den Anlegern gegenüber haftbar war und mithin im Interesse der Anleger umfassende Maßnahmen ergreifen musste, die Missstände abzustellen. Damit war ihm aber notwendigerweise ebenfalls bewusst, dass er sich auch neuen Anlegern gegenüber, die sich an der Fondsgesellschaft beteiligen würden, bevor die Missstände abgestellt waren, haftbar machen würde. Zudem kannte der Mittelverwendungskontrolleur den Prospekt, mit dem neue Anleger geworben wurden. Er wusste mithin, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag im Prospekt abgedruckt und werbend herausgestellt war, obwohl eine entsprechende Mittelverwendungskontrolle gerade nicht durchgeführt wurde. Damit war ihm bewusst, dass neue Anleger getäuscht würden und fälschlicherweise davon ausgehen müssten, der Mittelverwendungskontrolleur überwache die Einrichtung eines Sonderkontos für die Einlagen der Gesellschafter und stelle sicher, dass Verfügungen nur mit seiner Mitzeichnung möglich seien. Vor diesem Hintergrund wäre es nach Ansicht des Senats eine lebensfremde Aufspaltung der Bewusstseinslage, das einheitliche Untätigbleiben des Mittelverwendungskontrolleurs zwar in Bezug auf die alten Anleger, nicht aber in Bezug auf die neu zu werbenden Anleger als bewusste Pflichtverletzung anzusehen. Letztlich stellen nach Ansicht des Senats die weiteren Pflichtverletzungen, wie das Nicht-Abstellen der Missstände und die fehlende Warnung der potentiellen Anleger, sich als weitere Glieder einer Kausalkette dar, die mit der wissentlichen Pflichtverletzung durch die fehlende Kontrolle des Sonderkontos und der Mittelverwendung in Gang gesetzt wurden.

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