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WTO genehmigt EU-Strafzölle in Milliardenhöhe gegen die USA

11.11.2020

Der vor der Welthandelsorganisation (WTO) bereits seit fast 16 Jahren andauernde Handelsstreit zwischen der Europäischen Union und den USA um Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing hat ein vorläufiges Ende gefunden. WTO-Schiedsrichter haben der EU am 13.10.2020 erlaubt, jährliche Strafzölle in Höhe von fast 4 Mrd. US-Dollar – ca. 3,4 Mrd. Euro – auf amerikanische Produkte zu erheben (Az.: WT/DS353/ARB). Hiermit blieb die WTO jedoch deutlich hinter den von der EU ursprünglich geforderten 8,6 Mrd. USD (ca. 7,3 Mrd. Euro) zurück. Auf dieser Grundlage hat die EU nunmehr Strafzölle eingeführt, die seit dem 10.11.2020 in Kraft sind.

Hintergrund

Bereits 2004 hatten die USA gegen EU-Subventionen für Airbus vor der WTO geklagt. Die EU reagierte kurz darauf mit einem Verfahren gegen US-Subventionen für den US-Flugzeughersteller Boeing. Die angerufenen WTO-Spruchkörper befanden 2018 und 2019 in endgültigen Grundentscheidungen die staatlichen Hilfen sowohl an Airbus als auch an Boeing für WTO-rechtswidrig. Die jeweiligen Subventionen stellten Verstöße gegen die WTO-Regel dar, wonach Subventionen keine ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen WTO-Staates bewirken dürfen (Art. 5 (c), 6.3 (a)-(c) SCM Agreement).

Für beide Verfahren sollten Schlichter entscheiden, bis zu welcher Grenze die Klägerstaaten jeweils mit Zöllen die Verstöße der Beklagten ausgleichen dürfen. 2019 wurde für das Verfahren gegen die EU diese Summe bereits auf einen Rekordbetrag von umgerechnet etwa 6,8 Mrd. Euro festgelegt (siehe hierzu unsere News vom 11.10.2019). Die US-Regierung hatte daraufhin auf Flugzeuge und Flugzeugteile sowie einer Vielzahl anderer Produkte Einfuhrzölle von 10 % bis 25 % erhoben und diese teilweise Anfang 2020 sogar noch erhöht. Mit der nun vorgenommenen Bestimmung der möglichen Höhe von EU-Strafzöllen hat das Verfahren vor der WTO vorerst seinen Abschluss gefunden. Die EU hat jedoch bereits bei der WTO einen Antrag gestellt, dass festgestellt wird, dass sie die WTO-rechtswidrigen Zustände eingestellt habe. Folge hiervon wäre, dass die den USA zuerkannte Erlaubnis zur Erhebung von Strafzöllen nicht weiter Bestand hätte. Eine Entscheidung steht noch aus. Allerdings behaupten auch die USA, dass die beanstandeten Subventionen an Boeing nicht mehr bestehen würden.

Folgen

Unmittelbar nach der Entscheidung hatte die EU zunächst auf Deeskalation gesetzt und keine entsprechenden Strafzölle erhoben, um laufende Einigungsgespräche mit den USA bezüglich der 2019 eingeführten US-Strafzölle abzuwarten. Nachdem die Verhandlungen nicht zum Erfolg führten, hat die EU-Kommission nunmehr mit Wirkung ab dem 10.11.2020 Strafzölle auf amerikanische Waren eingeführt (Durchführungsverordnung 2020/1646 vom 07.11.2020, ABl. EU vom 09.11.2020, L 373, 1). Betroffen hiervon sind Flugzeuge (15 %) sowie verschiedene Agrar- und Industrieprodukte (25 %). Der für Handelsfragen zuständige Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis betonte, dass die gegenwärtigen Verhandlungen zwar nicht weitergeführt hätten, jedoch auf Seite der EU weiterhin Verhandlungsbereitschaft bestehe und insbesondere ein Aussetzen der infolge der WTO-Entscheidung 2019 eingeführten US-amerikanischen Strafzölle dazu führen würde, dass auch die EU ihre neuen Strafzölle aussetzt.

US-Präsident Trump hatte die EU in einem Statement kurz nach der WTO-Entscheidung vor der Verhängung von Strafzöllen gewarnt und für diesen Fall Vergeltungsmaßnahmen angekündigt. Mit ihrem neuesten Vorgehen macht die EU insofern deutlich, dass sie nicht abwartet, ob sich die US-Handelspolitik unter dem zukünftigen Präsidenten Biden ändern wird. Grund hierfür sind womöglich Überlegungen, wonach die möglichst rasche Einführung von Strafzöllen geeignet ist, um Verhandlungsmasse gegenüber den USA in den Einigungsgesprächen zu gewinnen.