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Yieldcos auf dem Weg an die Börse

02.06.2020

Ein Gastbeitrag von Dr. Stephan Schulz und Dr. Ramon Sieven in der Börsen-Zeitung.

Yieldcos (Yield = Ertrag; Company = Gesellschaft) sind börsennotierte Unternehmen, die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie, wie Wind- und Solarparks, in einem Portfolio bündeln. Sie sind darauf ausgelegt, aufgrund der relativ sicheren Erträge ihres Portfolios stabile Renditen und Dividendenzahlungen zu generieren. Vor allem in den USA und dem Vereinigten Königreich sind diese Gesellschaften seit einigen Jahren im Markt bekannt. Nach anfänglich wechselvoller Entwicklung aufgrund stockender Finanzierung und unzureichender Akquisitionsobjekte haben sich Yieldcos dort als Anlageklasse etabliert. Bislang gibt es allerdings kaum deutsche Unternehmen, die dem Leitbild einer börsennotierten Yieldco entsprechen. Aktuelle Erwägungen im Markt, auch in Deutschland solche Gesellschaften zu gründen, geben Anlass, einen Blick auf die mit ihrer Errichtung verbundenen Rechtsfragen zu werfen.

Wachstumsvision

Zentral für die Equity Story von Yieldcos sind die in vielen Ländern staatlich zumindest zu einem großen Teil garantierten oder durch sogenannte Power Purchase Agreements gesicherten langfristigen Cash-flows ihres Portfolios. Die Stabilität ihrer Einnahmen, ihre niedrigen Refinanzierungskosten sowie Synergieeffekte beim Portfoliomanagement machen die Attraktivität der Anlageklasse aus. Um diese Ziele zu erreichen, investieren Yieldcos regelmäßig in neue Projekte, was sie insbesondere vor zwei zentrale Herausforderungen stellt: Sie benötigen den Zugriff auf eine Pipeline an geeigneten und finanziell attraktiven Projekten sowie hinreichende Finanzmittel zur Finanzierung des Erwerbs immer neuer Projekte.

Die Akquise einer ausreichenden Menge an passenden Projekten stellt für die Unternehmen zu Zeiten restriktiverer Umweltbestimmungen, auslaufender staatlicher Garantievergütungen und lokalen Widerstands in vielen europäischen Ländern ein besonderes Problem dar. Diesem Engpass begegnen Yieldcos einerseits durch einen Projektentwickler mit einer bestehenden Projektpipeline als Sponsor, der durch eine Kooperationsvereinbarung und regelmäßig auch durch eine Gesellschafterstellung mit der Gesellschaft verbunden ist. Andere Yieldcos ziehen eine unabhängige Struktur vor und bedienen sich einer größeren Zahl von Projektentwicklern, um die Projekte zu erwerben.

Kooperation mit Sponsor

Beiden Varianten ist gemein, dass diese Art der Portfoliogesellschaften in der Regel keine Erschließungs- und Projektentwicklungsrisiken übernimmt und die Anlagen erst dann erwirbt, wenn diese entweder bereits operativ tätig sind oder sich im Bau befinden oder zumindest die wesentlichen Genehmigungen erteilt und die maßgeblichen Verträge abgeschlossen wurden. Dieses Merkmal unterscheidet Yieldcos ganz wesentlich von herkömmlichen Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien, die meist zusätzlich auch die Entwicklung der Anlagen verantworten.

Die Kooperation zwischen einer Yieldco und dem Sponsor ist vertraglich so auszugestalten, dass der Gesellschaft ein gesicherter und möglichst vorrangiger Zugriff auf die Projektpipeline des Sponsors eingeräumt wird. Yieldcos sind dabei darauf angewiesen, für ihr Portfolio passende Projekte (Standort, installierte Leistung, Energieträger) angeboten zu bekommen. Idealerweise sollte die Vereinbarung daher bereits Mitwirkungsrechte der Yieldco bei der Auswahl der zu entwickelnden Projekte vorsehen. Den Projektentwicklern liegt im Gegenzug viel an einem hohen Grad an Verbindlichkeit der Abnahmeverpflichtung des Vertragspartners. Zu weit darf die Abnahmeverpflichtung jedoch nicht gehen. Sonst könnte die Yieldco als Investmentvermögen anzusehen sein und einer Registrierung oder Lizenz nach dem Investmentrecht bedürfen. Das ist nicht der Fall, wenn sie als Unternehmen operativ tätig ist. Hierzu müssen die unternehmerischen Entscheidungen im laufenden Geschäftsbetrieb, auch bezüglich des Projektan- und -verkaufs, bei ihr verbleiben.

Solange der Projektentwickler an einer Yieldco in Rechtsform einer deutschen Aktiengesellschaft beteiligt ist, müssen die Erwerbskonditionen ferner den Vorgaben des Kapitalerhaltungsrechts entsprechen, d. h., sie müssen einem Drittvergleich im Sinne des § 57 Aktiengesetz (AktG) standhalten. Andernfalls drohen Haftungsrisiken für den Projektentwickler und die Organe der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang ist über die Einholung einer Fairness Opinion zur Angemessenheit des Kaufpreises nachzudenken, die gegebenenfalls auch in den Börsenprospekt aufgenommen werden kann.

Im Fall einer erheblichen Beteiligung des Projektentwicklers an der Yieldco kann jede Übertragung von Projekten nach einem Börsengang im regulierten Markt ferner ein Geschäft mit einer nahestehenden Person darstellen. Seit dem 1.1.2020 hat dies bei Überschreiten einer Wesentlichkeitsschwelle zur Folge, dass die Zustimmung des Aufsichtsrats zwingend erforderlich ist und das Geschäft mit seinen wesentlichen Parametern veröffentlicht werden muss.

Die nötigen Finanzmittel für den Portfolioausbau generiert die Yieldco über einen Börsengang. Zu diesem Zeitpunkt muss ein Startportfolio mit einer hinreichend großen Menge an installierter Erzeugungsleistung vorhanden sein. Wie diese Projekte an die Yieldco übertragen werden, hängt vom Einzelfall ab: Denkbar ist eine Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz. Wegen der damit verbundenen Haftung des übernehmenden Rechtsträgers für die Altverbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers wird diese je-doch vielfach ausscheiden.

Besonderheiten beim Prospekt

Daneben kommen eine Sacheinlage des Projektentwicklers gegen Anteilsgewährung und der Erwerb durch einen klassischen Share oder Asset Deal in Betracht. Bei der Erwerbsvariante stellt sich die Frage nach der Finanzierung des Kaufpreises. Eine Fremdfinanzierung wird regelmäßig ausscheiden. Eine mögliche Lösung ist der Abschluss von Projektkaufverträgen vor dem Börsengang, deren Vollzug unter der aufschiebenden Bedingung eines erfolgreichen IPO steht. Den Emissionserlös verwendet die Yieldco dann zur Erfüllung ihrer Kaufpreisschuld.

Einen anderen Weg stellt die Beteiligung von Investoren im Vorfeld des Börsenganges dar. Mithilfe der Finanzmittel aus Investorenrunden lassen sich erste Projekte für die Yieldco erwerben, bis das Unternehmen eine ausreichende Größe erreicht hat.

Beim Börsengang einer Yieldco ergeben sich aufgrund der typischen Struktur einige Besonderheiten bei der Erstellung des Wertpapierprospekts. Die Projektpipeline ist als wesentlicher Baustein des Unternehmens im Prospekt zu beschreiben. Diese Informationen sind Gegenstand der Due Diligence der Transaktionsbeteiligten, auch wenn sie sich nicht in der rechtlichen Sphäre der Yieldco, sondern in der des Sponsors befinden. Daher ist sicherzustellen, dass die Einsichtnahme in die maßgeblichen Unterlagen und die Veröffentlichung vom Sponsor gestattet wird. Je nachdem, wann das Startportfolio erworben wurde oder erworben wird, kann es erforderlich sein, sogenannte Pro-forma-Finanzinformationen, welche die Auswirkungen eines kürzlich abgeschlossenen oder noch laufenden Erwerbs von Projekten auf die historischen Finanzinformationen der Emittentin zeigen, in den Prospekt aufzunehmen. Die Erwerbsgeschichte der Yieldco kann auch dazu führen, dass sie als sogenannte Unternehmen mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte anzusehen ist. In diesem Fall bestehen weitergehende Offenlegungspflichten im Prospekt in Bezug auf das Startportfolio, insbesondere hinsichtlich der historischen Finanzinformationen für die Projektgesellschaften.

Erste ausländische Yieldcos hatten in der Vergangenheit trotz der genannten Vorzüge mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Eine wie hier skizzierte, sorgfältig strukturierte Yieldco hat in Zeiten der Energiewende und des Trends zu Sustainable Investments jedoch weiterhin großes Potenzial.

Der Beitrag ist am 30. Mai 2020 in der Börsen-Zeitung erschienen.