News

Zur Zulässigkeit der Bewertungs­darstellung von Unternehmen auf einem Internet-Bewertungs­portal

05.04.2020

Kundenseitige Online-Bewertungen werden für Unternehmen immer bedeutsamer. Bewertungsplattformen, die als Empfehlungsportal für Restaurants oder Geschäfte agieren, nehmen entsprechend gewichtige Schlüsselpositionen im Zugang zum Endkunden ein. 

Die Ausgewogenheit und inhaltliche Richtigkeit der gesammelten Bewertungen ist allerdings (portalübergreifend) nicht unumstritten. Es besteht zweifellos ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an einer zutreffenden und fairen Bewertung. Demgegenüber steht das berechtigte subjektive Empfinden des Kunden, die Berufsfreiheit der entsprechenden Portale und nicht zuletzt die Meinungsfreiheit.

In dieser Gemengelage klagte die Betreiberin mehrerer Fitnessstudios, dass ein Bewertungsportal erfolgte Bewertungen mittels eines Algorithmus vorsortiert und nur bestimmte Bewertungen als Empfehlung für das Fitnessstudio anzeigt. Somit läge letztendlich eine (unzulässige) Vorauswahl vor, welche das online angezeigte Bewertungsergebnis maßgeblich beeinflusse.

Hintergrund

Das besagte Bewertungsportal arbeitet(e) zum relevanten Zeitpunkt mit „empfohlenen“ und „(momentan) nicht empfohlenen“ tagesaktuellen Bewertungen. Zur Filterfunktion für diese Einstufung wird eine Software verwendet, die nach einem bestimmten Algorithmus die entspreche (Vor-)Auswahl vornimmt. Bei Aufruf eines Unternehmens wird ein Bewertungsdurchschnitt anhand einer „Sternchen-Bewertung“ angezeigt, die allerdings nur aus dem Durchschnitt der aktuell „empfohlenen“ Bewertungen besteht. Nach Auffassung der Klägerin würde beim Besuch des Bewertungsportals der Anschein erweckt, dass der Bewertungsdurchschnitt aller Beiträge in der „Sternchen-Bewertung“ eingeflossen ist und somit dem Nutzer angezeigt wird. Außerdem sei die portalseitige Klassifikation in „empfohlene“ und „(momentan) nicht empfohlene“ Beiträge nicht nachvollziehbar und letztendlich willkürlich vorgenommen.

Das Landgericht München hatte die Klage noch abgewiesen. Das Oberlandesgericht München hat die Beklagte allerdings dazu verurteilt, es zu unterlassen auf ihrer Website eine Gesamtzahl der Bewertungen auszuweisen, gleichzeitig aber die von den Nutzern abgegebenen Bewertungen, die die Beklagte als „(momentan) nicht empfohlen“ erachtet, nicht einzubeziehen. Zudem wurde die Beklagte zum Ersatz entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet und zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten verurteilt. 

Entscheidung des BGH

Der zuständige VI. Zivilsenat hat auf die Revision der Beklagten das klageabweisende Urteil des Landgerichts mit seinem Urteil vom 14.01.2020 (VI ZR 496/18) wiederhergestellt. 

Nach Auffassung des BGH, ergeben sich die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht aus § 824 Abs. 1 BGB, da die Beklagte nicht unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet hat. Zudem ist der BGH der Ansicht, dass – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – die Beklagte auf ihrem Bewertungsportal nicht den Eindruck erweckt, als liege in der „Sternchen-Bewertung“ eine Gesamtbewertung aller abgegeben Beiträge der Kunden vor. Der BGH folgt der Auffassung, dass ein unvoreingenommener und verständiger Nutzer der Bewertungsplattform entnehmen kann, dass die angezeigte tagesaktuelle Bewertung einen Gesamtdurchschnitt der „empfohlenen“ Beiträge ergibt. Es erfolge für den Nutzer der Website zudem der Hinweis darauf, dass über das Anklicken eines Buttons auch alle „(momentan) nicht empfohlenen“ Beiträge angesehen und gelesen werden können. Ebenfalls sieht der BGH hier kein willkürliches Vorgehen in der Auswahl der „empfohlenen“ oder „(momentan) nicht empfohlenen“ Beiträge, da der Plattformbetreiber durch diese Unterscheidung auf eine für den Nutzer hilfreiche Auswahl der Bewertungen abziele. Die Bewertungsdarstellung der Beklagten greife auch nicht rechtswidrig in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein (§ 823 Abs. 1 BGB). Die rechtlich geschützten Interessen der Klägerin würden hier die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht überwiegen. Eine Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und die Einstufung von Bewertungen als „empfohlen“ und „(momentan) nicht empfohlen“ seien von der Berufs- sowie Meinungsfreiheit umfasst.

Fazit

Der BGH positioniert sich zugunsten der Bewertungsportale und macht deutlich, dass Unternehmen grundsätzlich Kritik an ihren Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik im Internet hinzunehmen haben. Es ist auch grundsätzlich nachvollziehbar, dass ein Algorithmus von Seiten der Plattformbetreiber genutzt wird, um beispielsweise gekaufte Bewertungen vorab herauszufiltern. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BGH in der Urteilsbegründung mit der Tatsache befasst, nach welchen Kriterien konkret einzelne Bewertungen aussortiert werden dürfen. Auch vor dem Hintergrund der Marktmacht einzelner Bewertungsportale ist naheliegend, dass sich Bewertungsportale im Grundsatz neutral verhalten und einzelnen Unternehmen keine bevorzugte oder nachteilige Behandlung zukommen lassen dürfen.

Digital Business
Einkauf Logistik & Vertrieb
Datenschutz

Share