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Stärkung der Künstler­rechte oder büro­kratische Auflagen für Streaming-Anbieter? Europä­isches Parlament fordert strengere Regulierung von Musik­streaming­diensten

12.02.2024

Streamingdienste dominieren längst das Musikgeschäft. Mittlerweile entfallen rund zwei Drittel der weltweiten Einnahmen der Musikbranche auf das Streaminggeschäft. Während sich das Angebot bei den Nutzern ungebrochener Beliebtheit erfreut, steht das Geschäftsmodell von Seiten einiger Künstler auch in der Kritik, insbesondere im Hinblick auf die Vergütung und die Auffindbarkeit von Inhalten.

Diese Kritik hat sich nun auch eine Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu eigen gemacht: In einer Entschließung vom 17. Januar 2024 „zur kulturellen Vielfalt und den Bedingungen für Urheber auf dem europäischen Markt für Musikstreaming (2023/2054(INI))“ regt es eine grundlegende Regulierung der Streaming-Branche zugunsten der Musiker in Europa an. Adressat der Forderungen ist die EU-Kommission, der nach den Europäischen Verträgen das alleinige Recht zur Einbringung von Gesetzesinitiativen zusteht.

Wesentliche Inhalte der Entschließung

Nachhaltiges Musikstreaming-Umfeld für Urheber

Das Europäische Parlament fordert mehr Sichtbarkeit auf den Musikstreaming-Portalen und eine aus Sicht des Parlaments ausgewogenere Verteilung der Streaming-Einnahmen. Es fordert insbesondere die Überarbeitung „prädigitaler“ Vergütungsstrukturen und kritisiert so genannte Payola-Systeme, bei denen die Urheber gezwungen würden, für mehr Sichtbarkeit auf Einnahmen zu verzichten. Die Position der Künstler solle auch durch Einsatz von Meta-Daten verbessert werden, um die an der Entstehung beteiligten Personen besser identifizieren zu können.

Ethische Nutzung von Künstlicher Intelligenz

Ein weiterer Schwerpunkt der Entschließung liegt auf dem Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) in der Musikbranche. Das Europäische Parlament fordert insoweit Regelungen zur Offenlegung von Algorithmen und der Systeme zur Empfehlung von Inhalten. Zum ethischen Umgang mit KI gehöre auch, dass erkennbar ist, ob Musik hauptsächlich von KI generiert wurde. Für Deepfakes, also KI-generierte Inhalte, bei denen die Identität, die Stimme und das Abbild von Urhebern und ausübenden Künstlern ohne deren Zustimmung verwendet wird, sowie andere manipulierte Inhalte sollen Meldesysteme eingerichtet werden.

Förderung der vielfältigen, europäischen Musikkultur

Darüber hinaus postuliert das Europäische Parlament eine Förderung der vielfältigen, europäischen Musikkultur. Europäische Musikwerke sollen sichtbarer werden und sogar herausgestellt werden. Selbst Quoten für europäische Musikwerke sollten erwogen werden.

Bewertung und Ausblick

Die Entschließung enthält naturgemäß noch keine konkreten Regelungsansätze, sondern beschränkt sich auf grundlegende Gestaltungsvorschläge. Klar ist aber die Absicht, den europäischen Streamingmarkt einer umfassenderen Regulierung zu unterwerfen. Wann ein erster Gesetzentwurf der EU-Kommission vorliegen wird und ob die Forderungen aufgegriffen werden, ist gegenwärtig noch nicht absehbar.

Die Initiative des Europäischen Parlaments birgt die Gefahr, die unternehmerischen Freiheiten der Streamingdiensteanbieter erheblich zu beschneiden. Das gilt insbesondere für eine mögliche Regulierung der Vergütungsstrukturen. Zwar sieht der Vorschlag vor, dass ein neues Beteiligungsmodell für Urheber auf Grundlage eines strukturierten Dialogs aller Beteiligter erarbeitet werden soll. Dennoch drohen insoweit gesetzliche Vorgaben aus Brüssel. Auch die Pflichten zur Offenlegung eingesetzter Algorithmen sowie zur bevorzugten Auffindbarkeit europäischer Werke hätten beträchtliche Auswirkungen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, Konsistenz zur übrigen KI-Regulierung zu wahren.

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