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Seven Guidelines on Party Representation

09.04.2015

Zum 01.10.2014 hat der London Court of International Arbitration (LCIA) seine überarbeitete und aktualisierte Schiedsgerichtsordnung (LCIA Rules) eingeführt. Bestandteil der neuen LCIA Rules ist ein einseitiger Annex (LCIA Annex) mit sieben „General Guidelines for the Parties’ Legal Representatives“ [Sieben allgemeine Leitlinien für Parteivertreter]. Die LCIA Rules sind damit die ersten institutionellen Schiedsregeln, die Verhaltensrichtlinien für Parteivertreter enthalten. Damit steht die LCIA an der Spitze der aktuellen Debatte über Verhaltens- und Ethikleitlinien für Parteivertreter in internationalen Schiedsverfahren.

Dr. Anke Meier und Lucie Gerhardt nehmen in ihrem Artikel „Seven Guidelines on Party Representation – The New LCIA Rules“ (SchiedsVZ 2015, S. 10 ff.) eine genauere Betrachtung des neuen LCIA Annex vor. Die Autorinnen beleuchten den Anwendungsbereich der General Guidelines, deren Inhalt und praktische Auswirkungen und ziehen einen Vergleich zu den IBA Guidelines on Party Representation in International Arbitration vom 25. Mai 2013.

Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über eine Auswahl der Fragen, die in der Publikation detailliert besprochen werden:  

  • Das LCIA ist die erste Schiedsinstitution, in deren institutionellen Schiedsregeln verbindliche Bestimmungen zum Verhalten von Parteivertretern aufgenommen wurden. Im Gegensatz zum sogenannten Soft Law, wie beispielsweise den IBA Guidelines on Party Representation in International Arbitration, ist der LCIA Annex ohne speziellen Verweis oder Einbeziehung auf sämtliche Schiedsverfahren anwendbar, die gemäß den neuen LCIA Rules durchgeführt werden (Paragraph 1).
     
  • Zweck der im LCIA Annex enthaltenen General Guidelines ist es “to promote the good and equal conduct of the parties’ legal representatives appearing by name within the arbitration” (Paragraph 1). So sanktioniert der LCIA Annex die unlautere Behinderung des Schiedsverfahrens (Paragraph 2), befasst sich mit falschen Angaben, falschen Beweismitteln und der Unterdrückung von Dokumenten (Paragraph 3, 4 und 5), verbietet die ex parte-Kommunikation (Paragraph 6) und ermächtigt das Schiedsgericht, Fehlverhalten zu sanktionieren (Paragraph 7).

  • Über die Verankerung einer allgemeinen Wahrheitspflicht hinaus liegt ein Schwerpunkt des LCIA Annex darauf, zu regeln und zu verhindern, dass Parteivertreter „Guerilla-Taktiken“ anwenden, um das Schiedsverfahren zu blockieren oder zu verzögern (Paragraph 2). Ein Beispiel für ein solches widerständiges Verhalten, das ausdrücklich in Paragraph 2 erwähnt wird, ist die wiederholte unbegründete Ablehnung eines Schiedsrichters oder Rüge der Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Solche wiederholten und unbegründeten Anträge können in der Praxis ein ernsthaftes Problem darstellen. Allerdings gibt es für den Parteivertreter verschiedene andere prozessuale Möglichkeiten „Guerilla-Taktiken“ einzusetzen. Durch die Adressierung dieses Problems wird Praktikern mit unterschiedlichem Hintergrunds vermittelt, was von einem Parteivertreter erwartet wird.

  • Des Weiteren werden im LCIA Annex die Pflichten der Parteivertreter im Hinblick auf eine Document Production geregelt (Paragraph 5). Parteivertretern ist es nicht gestattet, Dokumente, deren Vorlage durch das Schiedsgericht angeordnet wurde, zurückzuhalten bzw. deren deren Zurückhaltung zu unterstützen. Paragraph 5 ergänzt in dieser Hinsicht die in Artikel 22.1 der LCIA Rules enthaltenen Disclosure Mechanismus.

  • Das Verbot der ex parte-Kommunikation in Paragraph 6 des LCIA Annex mag als eine sehr einfache Grundregel erscheinen. Nichtsdestotrotz ist hierin eine nützliche Klarstellung zu sehen, da es beunruhigend ist, in der Praxis beobachten zu müssen, wie viele Schiedsrichter und Parteien glauben, dass die ex parte-Kommunikation geduldet werden kann.

  • Durch den LCIA Annex wird das Recht zur Sanktionierung von Fehlverhalten der Parteivertretern dem Schiedsgericht übertragen – und nicht einer separaten externen Institution. Das Schiedsgericht kann (i) einen schriftlichen Veweis, (ii) eine schriftliche Verwarnung im Hinblick auf das künftige Verhalten im Schiedsverfahren oder (iii) eine sonstige Maßnahme erlassen, die notwendig ist, um die allgemeinen Pflichten des Schiedsgerichts im Schiedsverfahren gemäß den LCIA Rules zu erfüllen. Die beiden erstgenannten Sanktionen erscheinen nicht übermäßig streng zu sein. Es bleibt abzuwarten, wie viel Biss die Generalklausel in der Praxis haben wird.

Die neuen LCIA Rules sind hier abrufbar.