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BaFin aktualisiert Auslegungs- und Anwendungs­hinweise zum Geld­wäsche­gesetz

14.06.2020
  • Rein technische Anpassungen ohne Änderungen im Bereich der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten ("WB") und dessen Meldung zum Transparenzregister

  • Risiko von Unstimmigkeitsmeldungen durch abweichende Verwaltungsauffassungen von BaFin und BVA

Am 18. Mai 2020 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ("BaFin") eine aktualisierte Fassung ihrer Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Stand: Mai 2020 ("BaFin-AuA 2020").

Zuständigkeit der BaFin für Kundenprüfungspflichten

Die BaFin ist im Bereich des GwG die Aufsichtsbehörde über geldwäscherechtlich Verpflichtete aus dem Bank- und Finanzsektor, wie bspw. Banken und Anlageberater. Als solche ist die BaFin zuständig für die Überwachung der Einhaltung der in den §§ 10 - 17 GwG geregelten Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden ("Kundenprüfungspflichten"). Für die Überwachung der Pflichten im Zusammenhang mit dem Transparenzregister und insbesondere der Pflichten im Rahmen von Unstimmigkeitsmeldungen ist dagegen das Bundesverwaltungsamt ("BVA") zuständig. Dieses veröffentlicht regelmäßig eigene Fragen und Antworten zum Transparenzregister ("BVA-FAQ"), zuletzt am 31. März 2020 ("BVA-FAQ 2020/II"; siehe hierzu unser Beitrag vom 9. Juni 2020), die sich spezifisch mit diesen Themenkomplexen auseinandersetzen. Die BaFin-AuA 2020 enthalten jedoch Ausführungen zur Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten zum Zwecke der Kundenprüfungspflichten. Diese Ausführungen sind über die Pflicht zur Abgabe von Unstimmigkeitsmeldungen gemäß § 23a GwG auch im Bereich der Transparenzregisterpflichten relevant.

Technische Anpassungen als Reaktion auf Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie

Die BaFin-AuA 2020 stehen im Zusammenhang mit den seit 1. Januar 2020 geltenden Änderungen des GwG, die die sogenannte 5. Geldwäscherichtlinie in deutsches Recht umsetzen. Nachdem im Bereich des Transparenzregisters am 2. Januar 2020 bereits das BVA seine BVA-FAQ entsprechend aktualisiert hatte (siehe hierzu unser Beitrag vom 14. Januar 2020), veröffentlichte nun erstmals seit deren Veröffentlichung im Dezember 2018 auch die BaFin eine aktualisierte Fassung ihrer Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG.

Die BaFin-AuA 2020 enthalten dabei im Vergleich zur vorherigen Fassung lediglich wenige technische Anpassungen. Diese bilden ausschließlich den Wortlaut der seit dem 1. Januar 2020 geltenden Änderungen des GwG ab. Darüber hinaus enthalten die BaFin-AuA 2020 keine Änderungen bezüglich der Verwaltungsauffassung der BaFin zur Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten und dessen Meldung zum Transparenzregister.

Abweichungen zu BVA-FAQ führen zu Risiko von Unstimmigkeitsmeldungen

Auch mit den BaFin-AuA 2020 bleiben daher bestehende Widersprüche zwischen der Verwaltungsauffassung der BaFin und des BVA zur Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten und dessen Meldung zum Transparenzregister bestehen. Diese sind vor allem mit Blick auf die Pflicht zur Abgabe von Unstimmigkeitsmeldungen nach § 23a GwG problematisch.

Nach § 23a GwG sind geldwäscherechtlich Verpflichtete seit dem 1. Januar 2020 zur Abgabe von Unstimmigkeitsmeldungen verpflichtet, wenn sie bei ihrer Prüfung des Transparenzregisters, zu der sie geldwäscherechtlich verpflichtet sind, Unstimmigkeiten zwischen den dort eingetragenen Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten und den von ihnen im Rahmen ihrer Kundenprüfungspflichten ermittelten Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten feststellen (siehe zu ersten Erfahrungen mit Unstimmigkeitsmeldungen unseren Beitrag vom 27. März 2020). Solche Unstimmigkeiten ergeben sich dabei zwangsläufig in Fällen, bei denen die durch die BaFin-AuA und BVA-FAQ kommunizierten Verwaltungsauffassungen der BaFin und des BVA in Bezug auf die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten auseinanderfallen. Denn die transparenzregisterpflichtige Vereinigung hat sich bei der Ermittlung ihres wirtschaftlich Berechtigten an den BVA-FAQ 2020/II zu orientieren, der zur Kundenprüfung Verpflichtete dagegen an den BaFin-AuA 2020. Weichen diese beiden Auslegungshilfen inhaltlich voneinander ab, ermitteln die transparenzpflichtige Vereinigung und der zur Kundenprüfung Verpflichtete ggf. unterschiedliche Personen als wirtschaftlich Berechtigten der betroffenen Vereinigung.

Voraussetzungen für die Ermittlung des Begünstigten einer Stiftung als deren wirtschaftlich Berechtigter

Solche Abweichungen können sich insbesondere bei den Voraussetzungen ergeben, unter denen ein Begünstigter einer Stiftung als wirtschaftlich Berechtigter dieser Stiftung anzusehen ist.

Der wirtschaftlich Berechtigte einer rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts bestimmt sich nach § 3 Abs. 3 GwG. Danach ist der Kreis der wirtschaftlich Berechtigten einer Stiftung in § 3 Abs. 3 GwG abschließend aufgezählt. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 GwG zählt zu den wirtschaftlich Berechtigten einer Stiftung unter anderem jede natürliche Person, die als Begünstigter der Stiftung bestimmt worden ist. 

Der Wortlaut des Gesetzes wird durch die Ausführungen der BaFin-AuA 2020 dahingehend eingeschränkt, dass Begünstigte im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 3 GwG nur die Destinatäre sind, bei denen sich aus dem Stiftungsgeschäft durch namentliche Nennung ergibt, dass diese einen Anspruch auf Leistungen der Stiftung haben. In der Praxis ist diese Voraussetzung oft nicht erfüllt, da Ausschüttungen einer Stiftung regelmäßig im Ermessen der Stiftungsorgane, wie bspw. des Stiftungsvorstands oder eines Kuratoriums, stehen.

Diese einschränkende Auslegung entsprach auch der bisherigen Verwaltungsauffassung des BVA. Seit dem 1. Oktober 2019 findet sich die Einschränkung dagegen nicht mehr ausdrücklich in den BVA-FAQ. Ob dies die Folge einer Änderung der Verwaltungsauffassung des BVA ist, bleibt auch nach den BVA-FAQ 2020/II unklar. Das BVA hat die Ausführungen zur Stellung von Begünstigten als wirtschaftlich Berechtigte einer Stiftung insgesamt neu formuliert, ohne im Übrigen deren Inhalt anzupassen. Die Einschränkung des Gesetzeswortlauts bzgl. der Voraussetzungen, unter denen Begünstigte einer Stiftung deren wirtschaftlich Berechtigte sind, könnte hierbei aus redaktionellen Gründen gestrichen worden sein, ohne dass damit eine Änderung der Verwaltungsauffassung des BVA intendiert gewesen ist. Hierfür spricht auch, dass die BVA-FAQ keine ausdrückliche Aussage dahingehend enthalten, dass es nach der Verwaltungsauffassung des BVA für eine Stellung eines Begünstigten als wirtschaftlich Berechtigter einer Stiftung nun nicht mehr auf einen Anspruch des Begünstigten gegen die Stiftung ankäme. Bei einer bewussten Änderung der Verwaltungsauffassung des BVA wäre es – wie dies auch bei Änderungen der Verwaltungsauffassung in der Vergangenheit die Regel war – zu erwarten gewesen, dass diese Änderung ausdrücklich in den BVA-FAQ kommuniziert wird. Die transparenzpflichtige Einheit ist auf Grund dieser Unklarheit leider in jedem Fall einem Bußgeldrisiko ausgesetzt, da sowohl die Nichtmeldung als auch die Zuvielmeldung von wirtschaftlich Berechtigten nach § 56 Abs. 1 Nr. 55 GwG bußgeldbewehrt ist.

Zudem besteht die Gefahr von Unstimmigkeitsmeldungen, wenn Begünstigte einer Stiftung als wirtschaftlich Berechtigte einer Stiftung an das Transparenzregister gemeldet werden, obwohl diese keinen Anspruch auf Leistungen gegenüber der Stiftung haben. Denn geldwäscherechtlich Verpflichtete, die der Aufsicht der BaFin unterliegen, haben sich im Rahmen ihrer Kundenprüfungspflichten an den BaFin-AuA 2020 zu orientieren. Dementsprechend werden sie Begünstigte einer Stiftung, die keinen Anspruch auf Leistung gegenüber der Stiftung haben, nicht als deren wirtschaftlich Berechtigte ermitteln. Dieses Ergebnis weicht dann von der Eintragung im Transparenzregister ab und der geldwäscherechtlich Verpflichtete ist in diesem Fall zur Abgabe einer Unstimmigkeitsmeldung verpflichtet.

Mitteilungsfiktion bei Tochtergesellschaften börsennotierter Unternehmen

Eine weitere Abweichung zwischen BaFin-AuA 2020 und BVA-FAQ ergibt sich für Tochtergesellschaften von Gesellschaften, die an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 11 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) notiert sind. Gesellschaften, die an einem organisierten Markt notiert sind, sind von der Pflicht zur Meldung ihres wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister grundsätzlich nicht betroffen. Bei diesen Gesellschaften greift § 3 Abs. 2 GwG, der die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten konkretisiert, nicht. Zudem gilt die Pflicht zur Meldung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG stets als erfüllt. Hintergrund dieser Regelung ist, dass solche Gesellschaften bereits umfangreichen anderweitigen Transparenzanforderungen unterliegen, wie insbesondere den Veröffentlichungspflichten gemäß § 40 WpHG in Bezug auf Stimmrechtsmitteilungen. Eine Verdopplung der Transparenzpflichten dieser Gesellschaften soll so vermieden werden. 

Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung des BVA galt diese Privilegierung uneingeschränkt auch für Tochtergesellschaften privilegierter Gesellschaften, jedenfalls sofern die Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft mindestens 75% der Kapitalanteile hielt, mindestens 75% der Stimmrechte kontrollierte und keine Kontrolle auf vergleichbare Weise durch einen Dritten vorlag.

Das BVA hat diese Verwaltungsauffassung aber jüngst eingeschränkt, indem es die Privilegierung der Tochtergesellschaft nicht gelten lassen will, wenn keine natürliche Person (mittelbar) beherrschenden Einfluss auf die Muttergesellschaft hat. Dies dürfte bei börsennotierten Gesellschaften der Regelfall sein. In diesem Fall gelten die gesetzlichen Vertreter der Tochtergesellschaft als deren wirtschaftlich Berechtigte.

In den BaFin-AuA 2020 findet sich diese Einschränkung nicht. Demnach gilt § 3 Abs. 2 GwG grundsätzlich nicht für börsennotierte Gesellschaften und deren Tochtergesellschaften, an denen die börsennotierte Mutter mehr als 50% der Kapitalanteile oder Stimmrechte hält. Hat eine börsennotierte Gesellschaft daher keine natürliche Person als kontrollierenden Aktionär, hat die Tochtergesellschaft nach den BaFin-AuA 2020 keinen wirtschaftlich Berechtigten – und mangels Anwendbarkeit des § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG auch keinen fiktiven wirtschaftlich Berechtigten. Führt ein geldwäscherechtlich Verpflichteter unter der Aufsicht der BaFin eine Kundenprüfung bei einer solchen Tochtergesellschaft einer an einem organisierten Markt notierten Mutter durch, würde er nach den BaFin-AuA 2020 ermitteln, dass die betroffene Vereinigung keinen wirtschaftlich Berechtigten hat. Im Transparenzregister wären dagegen – sofern nicht die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG greift – die Geschäftsführer als wirtschaftlich Berechtigte einzutragen. Nimmt der geldwäscherechtlich Verpflichtete im Rahmen der Kundenprüfung Einsicht in das Transparenzregister – wie dies gemäß § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG zwingend vorgeschrieben ist – wird er in diesem Fall – sofern nicht die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG greift – eine Unstimmigkeit zwischen den von ihm ermittelten wirtschaftlich Berechtigten und den im Transparenzregister eingetragenen Personen feststellen und eine Unstimmigkeitsmeldung abgeben müssen.

Anzahl der fiktiven wirtschaftlich Berechtigten

Die BaFin-AuA 2020 und die BVA-FAQ 2020/II unterscheiden sich schließlich bei der Frage, welche Personen gemäß § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG als fiktive wirtschaftlich Berechtigte zu erfassen und an das Transparenzregister zu melden sind. Nach den BaFin-AuA 2020 genügt hier wie bisher im Regelfall die Erfassung eines Mitglieds des Leitungsorgans als fiktiver wirtschaftlich Berechtigter. Die BVA-FAQ sowie der Gesetzeswortlaut deuten dagegen darauf hin, dass die Angabe aller Mitglieder des Leitungsorgans als fiktive wirtschaftlich Berechtigte erforderlich ist. Auch in diesem Fall besteht eine Gefahr von Unstimmigkeitsmeldungen, da nach Ziff. 6 Frage 4 der BVA-FAQ 2020/II eine Unstimmigkeit auch vorliegt, wenn im Transparenzregister mehr wirtschaftlich Berechtigte eingetragen sind, als durch den zur Kundenprüfung Verpflichteten ermittelt wurden.

Diese Abweichung betrifft allerdings nur wenige Gesellschaften, da sich die Daten der fiktiven wirtschaftlich Berechtigten in der Regel aus dem Registereintrag der betroffenen Gesellschaft ergeben. In diesem Fall greift die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG, wonach die Meldung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister als erfüllt gilt, wenn sich die erforderlichen Daten des wirtschaftlich Berechtigten bereits aus bestimmten öffentlichen Registern ergeben, darunter insbesondere das Handelsregister. Relevant wird die Abweichung aber in Fällen mit Beteiligung ausländischer Gesellschaften oder bei falschen oder nicht aktuellen Eintragungen im Register.