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Transparenz­register: Erste Erfahrungen mit Unstimmig­keits­meldungen

27.03.2020

Insbesondere Familienunternehmen betroffen

Seit dem 1. Januar 2020 haben geldwäscherechtlich Verpflichtete, wie beispielsweise Kreditinstitute, Versicherungen, Rechtsanwälte und Steuerberater, die im Rahmen der Erfüllung ihrer Kundenprüfungspflichten (sog. Know-Your-Customer- oder KYC-Pflichten) Einsicht in das Transparenzregister nehmen, dem Bundesanzeiger Verlag als registerführende Stelle hierbei festgestellte Unstimmigkeiten mitzuteilen (§ 23a Abs. 1 Satz 1 GwG). Diese Verknüpfung von Kundenprüfungspflichten und Transparenzregisterpflichten gab es im deutschen Geldwäscherecht bislang nicht. Entsprechend wurde mit Spannung erwartet, wie sich die Pflicht zur Abgabe von Unstimmigkeitsmeldungen in der Praxis auswirkt. Die ersten Erfahrungen mit Unstimmigkeitsmeldungen zeigen, dass die Verpflichteten davon regen Gebrauch machen und dass wegen der sehr kurzen Frist zur Stellungnahme Eile geboten ist, wenn eine Gesellschaft eine Unstimmigkeitsmeldung erhält. Unstimmigkeitsmeldungen erfolgen nach den bisherigen Erfahrungen vor allem bei komplexen Beteiligungsstrukturen, Stimmbindungsverträgen oder Treuhandverhältnissen, wenn diese im Rahmen von Kundenprüfungspflichten missinterpretiert werden. Unstimmigkeitsmeldungen treffen daher insbesondere Familienunternehmen, bei denen diese Strukturen regelmäßig vorliegen. Außerdem besteht hier in der Regel ein besonderes Bedürfnis für Vertraulichkeit hinsichtlich der persönlichen Daten der wirtschaftlich Berechtigten ("WB")

Voraussetzungen einer Unstimmigkeit

Das Bundesverwaltungsamt (BVA) legt als Ordnungswidrigkeitenbehörde im Bereich des Transparenzregisters die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Unstimmigkeit in seinen Fragen und Antworten zum Transparenzregister, Stand 03.01.2020 ("BVA-FAQ 2020"), sehr eng aus. Demnach besteht eine Unstimmigkeit, wenn der Verpflichtete feststellt, dass

  • die transparenzpflichtige Gesellschaft nicht im Transparenzregister eingetragen ist;
  • eine andere Person als WB im Transparenzregister eingetragen ist als diejenige, die der Verpflichtete als WB ermittelt hat; oder
  • eintragungspflichtige Daten zum WB (z.B. Staatsangehörigkeit) im Transparenzregister fehlen oder die im Transparenzregister eingetragenen Daten des WB (bspw. Name, Geburtsdatum, Wohnort) von den vom Verpflichteten ermittelten Daten abweichen.

Nach dem BVA führen bereits Abweichungen in der Schreibweise einzelner Angaben und auch offensichtliche Schreibfehler zu einer Unstimmigkeit. Maßgeblich ist nach den BVA-FAQ 2020 insofern die Schreibweise im amtlichen Ausweisdokument des WB.

Verfahren/Anhörung durch den Bundesanzeiger

Die betroffene Gesellschaft erfährt von der Unstimmigkeitsmeldung durch Benachrichtigung des Bundesanzeigers. Dieser fordert die Gesellschaft im Rahmen einer Anhörung auf, binnen einer Frist von wenigen Tagen Nachweise zur Person und Identität des WB wie zum Beispiel Gesellschafterliste, Gesellschaftsvertrag oder einen Identitätsnachweis des WB einzureichen. Zudem wird im Transparenzregister der betroffenen Gesellschaft mittels eines Prüfvermerks kenntlich gemacht, dass die betroffene Gesellschaft einer Prüfung gemäß § 23a GwG unterliegt. Dies kann zu Verzögerungen bei KYC-Prozessen führen.

Informationen zum Grund der Unstimmigkeit erhält die betroffene Gesellschaft nicht. Auch der Erstatter der Unstimmigkeitsmeldung wird ihr nicht mitgeteilt. Die betroffene Gesellschaft muss daher umfassend die Richtigkeit der Angaben im Transparenzregister nachweisen. Immerhin zeigt sich in der Praxis, dass der Bundesanzeiger bisher auf Antrag großzügig eine Fristverlängerung zur Einreichung der erforderlichen Dokumente gewährt. Dennoch ist schnelles Handeln geboten, gerade wenn die geforderten Nachweise und Informationen zum WB und zur Gesellschafterstruktur erst noch beschafft werden müssen.

Weiteres Verfahren/Prüfung durch das BVA

Kann die betroffene Gesellschaft die Unstimmigkeit gegenüber dem Bundesanzeiger nicht ausräumen, leitet dieser die Unstimmigkeitsmeldung zur Prüfung an das BVA weiter.

Das Prüfungsverfahren wird beendet, wenn die betroffene Gesellschaft entweder die Richtigkeit ihres Transparenzregistereintrags gegenüber dem Bundesanzeiger oder dem BVA nachgewiesen hat oder der Transparenzregistereintrag korrigiert wurde.

Ist die Prüfung der Unstimmigkeitsmeldung durch den Bundesanzeiger beendet, setzt der Bundesanzeiger die betroffene Gesellschaft hiervon in Kenntnis. Nach Beendigung des Prüfungsverfahrens wird auf dem Transparenzregisterauszug der Gesellschaft vermerkt, dass eine Prüfung nach § 23a GwG abgeschlossen wurde.

Ergibt die Prüfung des BVA, dass ein Rechtsverstoß der betroffenen Gesellschaft vorliegt, wird es in der Regel ein Bußgeldverfahren einleiten. Die Höhe des Bußgeldes kann im Regelfall bis zu EUR 100.000 betragen. Bei vorsätzlichen Verstößen sind Bußgelder in Höhe von bis zu EUR 150.000, bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen in Höhe von bis zu EUR 1.000.000 möglich. Dagegen kommt bei lediglich geringem Verschulden eine Ermäßigung des Bußgeldes in Betracht. Wichtig ist auch in diesen Fällen die proaktive Zusammenarbeit mit dem Bundesanzeiger oder BVA im Einzelfall.

Abstimmung von KYC-Prozess und Transparenzregister notwendig

Zur präventiven Vermeidung von Unstimmigkeitsmeldungen ist es erforderlich, dass die betreffende Gesellschaft die Angaben, die sie gegenüber einem geldwäscherechtlich Verpflichteten, etwa gegenüber einem Kreditinstitut macht, auf die Eintragungen im Transparenzregister abstimmt. Beide müssen konsistent und übereinstimmend sein. Unternehmensintern empfiehlt sich daher die Entwicklung eines ganzheitlichen, zentralisierten Prozesses, der sowohl die Erfüllung von Kundenprüfungs- als auch Transparenzregisterpflichten umfasst.

Wird die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG in Anspruch genommen, sollte zudem darauf geachtet werden, dass die Daten der Gesellschafter oder Geschäftsführer im Handelsregister aktuell gehalten werden, bspw. bei Namensänderung oder Umzug. Diese Änderungen müssen dem Handelsregister zwar nicht verpflichtend mitgeteilt werden. Eine freiwillige Mitteilung ist aber möglich.

Entsprechendes gilt bei multinationalen Gruppenstrukturen für ausländische Tochtergesellschaften. Da die Pflicht zur Abgabe von Unstimmigkeitsmeldungen nach Umsetzung der sog. 5. Geldwäscherichtlinie in allen EU-Mitgliedstaaten gilt, ist auch bei ausländischen Tochtergesellschaften eine Abstimmung der Angaben im Rahmen von Kundenprüfungspflichten mit dem (ausländischen) Transparenzregister notwendig (siehe zu den Transparenzregisterpflichten in multinationalen Beteiligungsstrukturen unseren Beitrag vom 5. März 2020).

Auch hier ist nach den ersten Erfahrungen wegen der kurzen Frist zur Stellungnahme Eile geboten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich das ausländische Transparenzregister bei einer Unstimmigkeitsmeldung zuerst an die ausländische Tochtergesellschaft wenden wird, die den Sachverhalt zunächst gruppenintern an die zuständige Stelle weiterleiten wird. Hierdurch geht in der Praxis oft wertvolle Zeit verloren. Es zeichnet sich jedoch ab, dass auch die zuständigen Stellen im Ausland auf Antrag Fristverlängerungen für die Einreichung von Nachweisen zum WB gewähren.

Erstellung eines Prozesses zum Umgang mit Unstimmigkeitsmeldungen

Neben den dargestellten vorbeugenden Maßnahmen sollte wegen der regelmäßig kurzen Äußerungsfristen unternehmensintern auch ein Prozessablauf entwickelt werden, anhand dessen Unstimmigkeitsmeldungen "abgearbeitet" werden können. Dieser sollte insbesondere einen Maßnahmenkatalog zur Identifizierung der Unstimmigkeit sowie einen Plan für die Kontaktaufnahme mit dem Bundesanzeiger oder ggf. dem Träger des ausländischen Transparenzregisters enthalten.

Auch eine Vorauswahl der Dokumente, die dem Bundesanzeiger im Falle einer Unstimmigkeitsmeldung zur Verfügung gestellt werden sollen, sowie deren Zusammenstellung und laufende Aktualisierung kann bei komplexen Beteiligungsstrukturen sinnvoll sein.

Wir beobachten die weitere Entwicklung in diesem Bereich. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zur Thematik haben oder Unterstützung bei der Ausräumung von Unstimmigkeiten benötigen. Für die Bearbeitung von Unstimmigkeitsmeldungen im Ausland kann Noerr als Mitglied des internationalen Lex-Mundi-Kanzleinetzwerkes auf eine Vielzahl von Partnerkanzleien weltweit zurückgreifen, die in ständigem Kontakt mit den zuständigen ausländischen Behörden stehen.

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