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Anstieg des Mindestlohns zum 01.01.2017

18.03.2016

Das Medienecho rund um das Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) zum 01.01.2015 war – sowohl in der Fachwelt als auch in der breiten Öffentlichkeit – gewaltig. Mittlerweile ist es ein wenig verstummt. Doch kaum scheinen die ersten Fragen ausdiskutiert und liegen die ersten (vorläufigen) Antworten zu akuten Fragen vor, wirft die für den 30.06.2016 anstehende Entscheidung der sog. Mindestlohnkommission über die Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes ihre Schatten voraus. Die Höhe des Mindestlohns wird nämlich alle zwei Jahre überprüft.

Denkbare Anpassungshöhe

Wie die Mindestlohnkommission entscheiden wird, steht derzeit noch nicht fest. Orientiert man sich aber an statistischen Werten, sind folgende Szenarien denkbar:

Tarifindexwert (Veränderung ggü. Dezember 2014)

Höhe des Mindestlohns pro Stunde (brutto)

Höhe des „verstetigten“ Monatsgehalts (brutto; 40 h / Woche)

Monatliche Differenz zum Mindestlohn 2015/2016

-

EUR 8,50

EUR 1.473,-

EUR 0,-

2,6

EUR 8,72

EUR 1.512,-

EUR 39,-

2,8

EUR 8,73

EUR 1.513,-

EUR 40,-

3,0

EUR 8,76

EUR 1.518,-

EUR 45,-

3,2

EUR 8,77

EUR 1.520,-

EUR 47,-

3,4

EUR 8,79

EUR 1.524,-

EUR 51,-

3,6

EUR 8,81

EUR 1.527,-

EUR 54,-

3,8

EUR 8,83

EUR 1.531,-

EUR 58,-

4,0

EUR 8,84

EUR 1.532,-

EUR 59,-

4,2

EUR 8,86

EUR 1.536,-

EUR 63,-

(Angaben sind je nach Darstellung auf ganze Cent- bzw. Eurobeträge gerundet. Vgl. auch Mindestlohn-Rechner.)

Wer entscheidet über die Anpassung?

Über die Anpassung des Mindestlohns entscheidet letztlich die Bundesregierung. Maßgeblichen Einfluss darauf hat jedoch vor allem der Vorschlag der Mindestlohnkommission:

Denn nach § 9 Abs. 2 S. 1 MiLoG hat zunächst die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung zu prüfen, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist,

  • zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen,
  • faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie
  • Beschäftigung nicht zu gefährden.

Der – nicht öffentliche – Abwägungsprozess mündet in einen schriftlich zu begründenden Beschluss der Kommission darüber, ob und in welchem Maße die Höhe des Mindestlohns anzupassen ist.

Woran wird sich die Mindestlohnkommission orientieren?

Dabei „orientiert [die Mindestlohnkommission] sich nachlaufend an der Tarifentwicklung“ (§ 9 Abs. 2 S. 1 MiLoG). Orientierungspunkt ist daher der Indexwert der tariflichen Stundenverdienste ohne Sonderzahlungen, der vom Statistischen Bundesamt erhoben wird. Er ist im Zeitraum Dezember 2014 bis zum Februar 2016 bereits um 2,6 % von 110,9 auf 113,8 gestiegen. Diesen Index wird die Mindestlohnkommission – wie das statistischen Bundesamts meldet (vgl. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 01. März 2016 (071/16) – ihrem Beschluss zugrunde legen.

Aus Pressekreisen wird sogar gemeldet, die Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission sehe vor, von den statistischen Werten nur in besonderen Ausnahmefällen abzuweichen und auch dann nur, wenn dies – entgegen § 10 Abs. 2 S. 1 MiLoG – nicht mit einfacher Mehrheit, sondern mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werde. Ein solch berechenbares und (im Regelfall) der tagespolitischen Stimmung entzogenes Verfahren ist zu begrüßen. Die Mindestlohnentwicklung wäre so monatlich absehbar.

Vorausschauende Unternehmen könnten und sollten die mit einer Erhöhung des Mindestlohns einhergehenden Kosten im Blick behalten und bei der Personalplanung sowie der Verhandlung von Vergütungsbestandteilen auf kollektiv- und individualvertraglicher Ebene berücksichtigen.

Für den spätestens am 30.06.2016 zu verkündenden Beschluss wäre die Veränderungsrate des Tarifindex von Dezember 2014 (wohl) bis einschließlich Mai 2016 zugrunde zu legen. Wie dieser ausfällt, wird unter anderem auch davon abhängen, welche Tarifabschlüsse die IG-Metall und ver.di bei den bis dahin anstehenden Verhandlungsrunden erzielen. Blickt man auf die Entwicklung des Tarifindexwertes für 2015, lässt sich für die Zeit von Februar bis April ein Anstieg um 1,4% ablesen. Angesichts dessen erscheint eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um 35 Cent auf EUR 8,85 (brutto) pro Stunde durchaus im Bereich des Möglichen.

Wie geht es nach dem Beschluss der Mindestlohnkommission weiter?

Den entsprechenden Beschluss der Mindestlohnkommission kann die Bundesregierung (ohne Zustimmung des Bundesrates) durch Rechtsverordnung verbindlich machen. Zuvor erhalten die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, die Wohlfahrtsverbände sowie die Verbände, die wirtschaftliche und soziale Interessen organisieren, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme (§ 11 Abs. 2 S. 1 MiLoG). Spätestens am 30.06.2016 wissen wir daher mehr.

Vgl. ausführlich zu all diesen Gesichtspunkten: Mückl/Pötters/Krause, Das Mindestlohngesetz in der betrieblichen Praxis (2015), Rn. 743 ff.

 

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