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Lieferketten-Compliance: CSDDD und EU-Zwangs­arbeits­ver­ordnung kommen

26.04.2024

In dieser Woche stimmten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments gleich für zwei wichtige Regelungen im Bereich der Lieferketten-Compliance, mit denen sich viele Unternehmen in den nächsten Jahren beschäftigen werden: die Corporate Sustainability Due Diligence Directive („CSDDD“ auch CS3D) und die Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt („EU-Zwangsarbeitsverordnung“).

I. Europäisches Lieferkettengesetz

Am 24.04.2024 nahmen die Repräsentanten des Europäischen Parlaments den finalen Text der CSDDD mit 374  Stimmen an.

Der Text hat sich nicht mehr geändert, seitdem der Ausschuss der Ständigen Vertreter (COREPER) etwa einen Monat zuvor einen Kompromiss erzielen konnte. Die wesentlichen Inhalte der CSDDD hatten wir bereits damals in einer Noerr-News zusammengefasst.

Der Europäische Rat muss die CSDDD nun förmlich billigen, damit der Text im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden kann. Danach müssen die EU-Mitgliedsstaaten die CSDDD innerhalb von zwei Jahren in nationales Gesetz umsetzen. Nach langem hin und her wird es also auch auf europäischer Ebene ein Lieferkettengesetz geben.

II. Schärfere Regelungen für Produkte auf dem Unionsmarkt

Bereits einen Tag zuvor stimmte die große Mehrheit der Abgeordneten dem finalen Text der EU-Zwangsarbeitsverordnung zu.

Im Kern sollen Produkte, die auf einer beliebigen Stufe der Lieferkette in Zwangsarbeit hergestellt wurden, weder auf den Unionsmarkt importiert bzw. bereitgestellt noch exportiert werden dürfen.

Alle natürlichen und juristischen Personen bzw. Personenvereinigungen, die auf dem Unionsmarkt Produkte in Verkehr bringen, sie bereitstellen oder ausführen, sind erfasst. Einen Arbeitnehmer- oder Umsatzschwellenwert, wie ihn die CSDDD vorsieht, gibt es nicht. Außerdem ist der Begriff „Produkt“ weit zu verstehen und umfasst sämtliche Sachen, die einen Geldwert haben und Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein können.

Die zuständigen Aufsichtsbehörden erhalten weitreichende Befugnisse, um Untersuchungen durchzuführen und Produkte bzw. Produktgruppen aus dem europäischen Markt ggf. zu verbannen. Außerdem soll eine Datenbank eingerichtet werden, auf der insbesondere die Verbote veröffentlicht werden und Whistleblower Hinweise einreichen können. Die Verordnung sieht überdies hohe Geldbußen vor, wenn Unternehmen gegen ein verhängtes Verbot oder eine Begleitanordnung verstoßen.

Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Verordnung binnen drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten anwenden.

III. Fazit

Unternehmen werden sich zukünftig noch vertiefter mit menschenrechtlichen sowie umwelt- und klimabezogenen Aspekten ihrer Lieferketten und Produkte auseinandersetzen müssen. Beide Regelungen räumen den zuständigen Aufsichtsbehörden weitreichende Sanktions- und Eingriffsmöglichkeiten ein. Neue Prozess- und Reputationsrisiken zeichnen sich ab, weil die Öffentlichkeit und Stakeholder mehr Rechte erhalten. Die zivilrechtliche Haftung nach der CSDDD ist ein prominentes Beispiel.

Unter Compliance-Gesichtspunkten sollten verpflichtete Unternehmen unter anderem der Frage nachgehen, wie sich die neuen Anforderungen auf ihre Prozesse und Strukturen auswirken, insbesondere auf ihr Risikomanagement. Herausfordernd dürfte auch der Umstand sein, dass sich Regelungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), der EU-Zwangsarbeitsverordnung und der CSDDD überschneiden können. Hier ist eine ganzheitliche Betrachtung mit weiteren möglichen Regelwerken, wie etwa zu Konfliktmineralien, sinnvoll.

Ein Blick auf die EU-Zwangsarbeitsverordnung zeigt zudem, dass insbesondere Projekte mit langer Planungsphase bereits jetzt die Risiken berücksichtigen und sie soweit wie möglich reduzieren müssen, die aus der Verwendung von Produkten entstehen, die in Zwangsarbeit hergestellt werden.

In der nächsten Zeit werden wir für die Praxis wichtige Aspekte der CSDDD und der EU-Zwangsarbeitsverordnung beleuchten und Sie auf dem Laufenden halten.

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