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BaFin veröffentlicht FAQ zur Instituts­vergütungs­verordnung

29.06.2023

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 21.06.2023 einen Entwurf von „Fragen und Antworten zur Institutsvergütungsverordnung“ – kurz FAQ – zum Zwecke der Konsultation veröffentlicht. Laut den Vorbemerkungen zu den FAQ sollen diese die bislang noch geltende Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung (IVV) vom 16.02.2018 ersetzen. Allerdings wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die BaFin durch die Einführung der FAQ die in der Auslegungshilfe aus 2018 beschriebene Verwaltungspraxis und die getroffenen Auslegungsentscheidungen nicht aufgibt, sofern die FAQ keine Aktualisierung vorsehen. Insofern wird man sich in der Praxis zukünftig mit beiden Regelungswerken – Auslegungshilfe und FAQ – beschäftigen müssen.

Die relevantesten Neuerungen, die sich aus den FAQ ergeben, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Abfindungen

Entsprechend der praktischen Relevanz sind die Ausführungen in den FAQ zum Thema Abfindung recht umfangreich geraten. Dabei hebt die BaFin insbesondere hervor, dass die Vereinbarung einer Abfindung weder einen Fehlanreiz für Mitarbeiter setzen noch die Entschließungsfreiheit des Instituts in Bezug auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit unzulässig beeinträchtigen darf. Ob dies der Fall ist, sei vor allem anhand des Zeitpunkts der Abfindungsvereinbarung, des Auslösers für die Abfindungsvereinbarung und des Umfangs der Abfindung zu beurteilen. Eine Abfindung, die nicht im unmittelbaren zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit einer sich konkret abzeichnenden Trennung zugesagt werde, könne Mitarbeiter dazu veranlassen, zu hohe Risiken einzugehen. Abfindungen für freiwillig ausscheidende Mitarbeiter sollen grundsätzlich unzulässig sein, Ausnahmen hiervon seien aber insbesondere bei Change-of-Control-Klauseln in Verträgen mit Geschäftsleitern zulässig, sofern nicht der bloße Kontrollwechsel allein die Abfindungszahlung auslöse.

Etwas kryptisch sind die Ausführungen der BaFin zur Höhe der Abfindung geraten. So sollen Abfindungen stets angemessen sein, wenn sie die für unbefristet beschäftigte Mitarbeiter bis zum Ende der geltenden Kündigungsfrist vertraglich geschuldete Fixvergütung abgelten. Gemeint ist damit offenbar der eher exotische Fall, dass ein Mitarbeiter aufgrund eines Aufhebungsvertrags per sofort ausscheidet und die festen Gehälter, die während der nicht eingehaltenen Kündigungsfrist zu zahlen gewesen wären, als Einmalzahlung erhält. Denkbar sind ferner abfindungserhöhende Zahlungen im Rahmen von sog. Turboklauseln in Aufhebungsverträgen, die dem Mitarbeiter ein einseitiges vorzeitiges Beendigungsrecht einräumen. Dass solche Leistungen keine unangemessene Abfindung darstellen können, ist an sich selbstverständlich. Dies ergibt sich auch aus der Auslegungshilfe aus 2018, laut derer die Zahlung der regulären Vergütung während der Kündigungsfrist überhaupt nicht als Abfindung anzusehen ist.

Interessant ist ferner die Aussage in den FAQ, dass eine Abfindung, die einen Anspruch auf eine etwaig entgangene variable Vergütung für das laufende Bemessungsjahr ausgleicht, als privilegierte Abfindung im Sinne vom § 5 Abs. 6 Satz 5 IVV gelten könne. Dies wirft Fragen zum Verständnis der BaFin, welche Zahlungen als Abfindung im Sinne von § 2 Abs. 5 IVV gelten und wann ein Anspruch auf eine (anteilige) variable Vergütung entstanden ist, auf.

Die FAQ gehen ferner detailliert auf das Zusammenspiel von negativen Erfolgsbeiträgen im Sinne von § 2 Abs. 10 Satz 2 IVV (siehe dazu auch unten) und Abfindungszahlungen ein. Laut BaFin muss jedes Institut durch vertragliche Vereinbarungen sicherstellen, dass Abfindungsansprüche mit Wirkung für die Zukunft gekürzt oder ersatzlos gestrichen werden können. Diese Pflicht ergebe sich aus §§ 5 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 IVV. Eine vollständige Streichung soll zumindest dann vorzunehmen sein, wenn in den letzten zwölf Monaten vor Fälligkeit der ersten Leistung aus der Abfindungsvereinbarung ein gravierender negativer Erfolgsbeitrag des Abfindungsempfängers vorliegt. Dies wird zukünftig bei der Ausgestaltung von Abfindungsvereinbarungen – nicht nur mit Risikoträgern bedeutender Institute, sondern mit allen Mitarbeitern – zu beachten sein.

ESG

Durch die FAQ wird erstmals ein Konnex zwischen den Vorgaben der IVV und dem allgegenwärtigen Thema ESG hergestellt. Die BaFin stellt klar, dass ESG-Ziele, die ein Institut in seinen Geschäfts- und Risikostrategien verankert hat, auch ihren Niederschlag in dem Vergütungssystem des Instituts finden müssen. Nur so könne den Vorgaben des § 4 IVV entsprochen werden. Als Beispiel nennt die BaFin die Festlegung bestimmter Nachhaltigkeitsziele als Vergütungsparameter.

Festsetzung des Bonuspools

Hinsichtlich der Festsetzung des Bonuspools enthalten die FAQ eine Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt Institute die Kriterien des § 7 IVV zu prüfen haben. Danach reicht es nicht aus, die Überprüfung vor oder zu Beginn einer Bemessungsperiode durchzuführen. Vielmehr muss die Prüfung zwingend (auch) auf Basis der zum maßgeblichen Geschäftsjahresende im Jahresabschluss attestierten Zahlen erfolgen. Das hat Folgen für die Vertragsgestaltung: Wenn die Höhe einer variablen Vergütung nicht im Wege einer Ermessensentscheidung ermittelt, sondern an im Vorhinein festgelegte Erfolgskriterien oder individuelle, klar bestimmbare Leistungsparameter geknüpft wird, muss der Anspruch unter den Vorbehalt gestellt werden, dass zum Zeitpunkt der geplanten Auszahlung die Kriterien des § 7 IVV erfüllt sind. Sollte eine variable Vergütung bereits vorab gewährt werden, müsste sie mit einem entsprechenden Rückzahlungsvorbehalt kombiniert werden.

Negative Erfolgsbeiträge

Die FAQ widmen sich ferner umfangreicher als die Auslegungshilfe aus 2018 dem Begriff des „negativen Erfolgsbeitrags“, der innerhalb der IVV an verschiedenen Stellen genannt wird (§§ 2 Abs. 10 Satz 2, 5 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2, 18 Abs. 5, 20 Abs. 4, Abs. 6 IVV). Hierunter sind laut BaFin sitten- oder pflichtwidrige Verhaltensweisen sowie Fälle, in denen das Verhalten oder die Entscheidungen von Mitarbeitern zu objektiv schwerwiegenden negativen Auswirkungen für das Institut geführt haben, zu verstehen. Als Beispiel für ein sittenwidriges Verhalten wird etwa der Verstoß gegen Bestimmungen eines Code of Conduct genannt.

Unter Verweis auf § 5 Abs. 2 IVV fordert die BaFin, dass eine variable Vergütung bei Vorliegen eines negativen Erfolgsbeitrags zu reduzieren ist und in besonders schwerwiegenden Fällen vollständig entfallen muss. Dies habe auch dann zu gelten, wenn die variable Vergütung nicht an die individuelle Leistung des Mitarbeiters, sondern an rein unternehmensbezogene Ziele anknüpft. Institute müssen hierzu in ihrem Vergütungssystem so konkret und transparent wie möglich festlegen, in welchen Fällen ein negativer Erfolgsbeitrag eines bestimmten Schweregrades vorliegt und zu welcher Konsequenz (Grad der Reduzierung oder vollständiger Entfall der variablen Vergütung) dies führen soll. Auch die Umsetzbarkeit dieser Regelungen muss durch entsprechende vertragliche Gestaltungen gewährleistet sein.

Durch die FAQ werden auch die Voraussetzungen für einen vollständigen Verlust der variablen Vergütung von Risikoträgern gemäß § 18 Abs. 5 Satz 3 IVV präzisiert. Es wird insbesondere klargestellt, dass der Risikoträger sich grundsätzlich grob fahrlässig oder fahrlässig verhalten haben muss. Allerdings soll der Grad des Verschuldens dann irrelevant sein und stets ein Fall von § 18 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 IVV vorliegen, wenn das Verhalten des Risikoträgers zu einem (erwarteten und unerwarteten) Verlust von mindestens 5% des tatsächlich vorgehaltenen Eigenkapitals des Instituts geführt hat.

Vergütung in Instrumenten

Schließlich enthalten die FAQ hilfreiche ergänzende Ausführungen zur Frage, wie nicht-börsennotierte Institute die Anforderungen von § 20 Abs. 5 IVV – Gewährung von mindestens 50% der variablen Vergütung in Instrumenten – entsprechen können. Bei diesen Instituten sind je nach Rechtsform aktienbasierte Instrumente (z.B. virtuelle Aktien) oder andere gleichwertige Instrumente, die den Wert des Instituts nachhaltig widerspiegeln, zu verwenden. Dies können rein schuldrechtliche Verpflichtungen sein. In Betracht kommen Nachrangdarlehen, Anleihen oder Schuldscheine, deren Tilgung an auf bestimmten Unternehmenskennzahlen beruhenden Schwellenwerten anknüpft.

Die Instrumente müssen, sofern kein Marktpreis vorhanden ist, mit einem beizulegenden Zeitwert am Tag ihrer Zuwendung bewertet werden. Dies ist der Tag, an dem der nicht zurückgestellte Teil der variablen Vergütung in bar ausgezahlt wird. Allerdings kann laut den FAQ alternativ ein Durchschnittswert herangezogen werden, der auf Basis eines kurzen Zeitraums von höchstens einem Monat, der sich in zeitlicher Nähe zum Tag der Zuwendung befinden muss, ermittelt wird. Dies dürfte regelmäßig der unmittelbar vorangehende Monat sein. Institute, die schuldrechtliche Konstruktionen als Instrumente verwenden (siehe oben), können die Wertermittlung auch auf Basis von Kennzahlen des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres vornehmen.

Wie geht es weiter?

Stellungnahmen zum Entwurf der FAQ können der BaFin noch bis zum 04.08.2023 übermittelt werden. Die derzeit vorliegende Fassung könnte daher noch einige Änderungen erfahren; an manchen Stellen wäre ein weiteres „Nachschärfen“ durchaus wünschenswert.

Wir werden Sie über die weitere Entwicklung informiert halten. Falls Sie in der Zwischenzeit Fragen rund um die Themen IVV und regulierte Vergütung haben sollten, sprechen Sie uns gerne an.

Arbeitsrecht
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