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Solarpaket I - Neuregelung des Mieterstroms

16.05.2024

Überblick

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird fortlaufend im Hinblick auf die Bestrebung der Bundesrepublik Deutschland, bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu sein, angepasst. In diesem Zusammenhang hat der Bundestag am 26. April 2024 das Gesetzesvorhaben „Solarpaket I“ zur Änderung des EEG mit deutlicher Mehrheit beschlossen. Das Gesetzespaket tritt größtenteils am 16. Mai 2024 in Kraft.

Insgesamt bringt das Solarpaket I zahlreiche begrüßenswerte Neuerungen. Es sieht Maßnahmen zur Erleichterung und damit Steigerung des Ausbaus von photovoltaischer Energieerzeugung sowie zur optimierten Gestaltung des Gesamtsystems der Energieversorgung vor. Dies ist sowohl für Bestandsimmobilien als auch für neue Projektentwicklungen attraktiv, da durch den Einsatz von Photovoltaik die Energieversorgung nachhaltiger und kostengünstiger gestaltet werden kann.

Ein maßgeblicher Bestandteil sind u.a. die Neuregelungen zum Mieterstrom und die damit einhergehenden Neuerungen insbesondere für Betreiber größerer Solaranlagen sowie Eigentümer von zusammenhängenden (Gewerbe-)Immobilien. Überdies tragen der Bürokratieabbau sowie die mögliche Befreiung von Lieferantenpflichten den Anforderungen Rechnung, die sich in einem Mietshaus stellen. Lediglich die Netzbetreiber als Garanten für funktions- und leistungsfähige Netze werden in dem Gesetzesvorhaben nicht in entsprechender Weise adressiert.

Vereinfachung von Mieterstrom

Das Solarpaket I sieht wesentliche Neuerungen vor allem im Bereich der Solarenergie und des Mieterstroms vor. Unter Mieterstrom versteht man Strom, der von einer Solaranlage vor Ort direkt an ein Wohngebäude und ohne Umwege über öffentliche Netze geleitet wird. Dieser Mieterstrom soll mit besseren Förderbedingungen und Fördersätzen sowie vereinfachten Abrechnungsmöglichkeiten attraktiver werden. Die Installation von Photovoltaik auf dem Dach oder in der Fläche soll für Eigentümer und Mieter in Zukunft deutlich einfacher und unbürokratischer werden. Das Gesetz sieht eine Ergänzung in § 21 Abs. 3 EEG vor, wonach Mieterstrom in Zukunft auch auf Gewerbegebäuden und Nebenanlagen wie Garagen gefördert werden kann.[1]

Ein neues Modell zur „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“, nach dem neu eingefügten § 42b EnWG, ermöglicht eine bürokratiearme Lieferung von Strom aus Photovoltaikanlagen innerhalb eines Gebäudes.[2] Die Weitergabe von Strom etwa an Wohn- oder Gewerbemieter oder Wohnungseigentümer wird von bestimmten Lieferantenpflichten ausgenommen und die Betreiber der Anlage werden insbesondere von der Pflicht zur Reststromlieferung befreit. Dadurch kann Solarenergie ohne großen Bürokratieaufwand von Vermietern oder einem Dritten für die Mietparteien innerhalb eines Gebäudes bereitgestellt werden. Unter Anwendung dieses Modells ist angesichts der Befreiung von Lieferantenpflichten keine zusätzliche Förderung vorgesehen. Der eingespeiste Strom wird wie gehabt nach dem EEG vergütet.

Bei dem Betrieb von Stecksolargeräten in einem Haus mit mehreren Miet- oder Eigentumswohnungen oder Gewerbemietern entfallen die detaillierten Vorgaben zu Rechnungslegung, Vertragsinformationen und Verbrauch. Zudem wird das Anmeldungsverfahren für den Betreiber vereinfacht. Das Gesetz sieht vor, dass die Anlagen nicht mehr beim Netzbetreiber angemeldet werden müssen, sondern lediglich eine auf wenige Daten beschränkte Eintragung im Marktstammdatenregister vorgenommen werden muss.[3] Wenigstens übergangsweise dürfen Betreiber von Solaranlagen jegliche Zählertypen verwenden, bis die Messstellenbetreiber moderne Zweirichtungszähler einbauen.[4]

Auch leistungsfähigere Balkonsolaranlagen von bis zu 2 Kilowatt und einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 Voltampere werden in Zukunft von einer vereinfachten Anmeldung profitieren. Anlagen, die nach geltendem Recht der Direktvermarktungspflicht unterliegen, können künftig ihre Überschussmengen ohne Vergütung, aber auch ohne Direktvermarktungskosten, an den Netzbetreiber weitergeben.[5] Davon profitieren insbesondere größere Anlagen mit hohem Eigenverbrauch. Auch werden die Anforderungen hinsichtlich der Anlagenzertifikate vereinfacht. Die Anforderungen an die im Rahmen der Direktvermarktung vorzuhaltende Technik werden abgesenkt.[6]

Zudem sieht das Gesetz mit Blick auf Solaranlagen des zweiten Segments, zu denen u.a. Photovoltaik-Dachanlagen gehören, eine Absenkung der Ausschreibungsgrenze auf Anlagen ab 750 Kilowatt ebenso vor wie eine Anhebung der Förderung um 1,5 Cent je Kilowattstunde.

Zur Beschleunigung von Netzanschlüssen sieht das Gesetz eine Duldungspflicht bei der Verlegung von Anschlussleitungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen vor. Gemäß dem neu eingefügten § 11a EEG wird Grundstückseigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten eines Grundstücks im Eigentum der öffentlichen Hand die Pflicht auferlegt, die Verlegung, Errichtung, Instandhaltung, Instandsetzung sowie den Schutz und Betrieb von Netzanschlussleitungen von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien auf ihrem Grundstück sowie Verkehrswegen zu dulden. Dadurch soll ineffizientes Aushandeln von Gestattungsverträgen unnötig werden. Hinsichtlich der öffentlichen Hand handelt es sich dabei lediglich um eine Klarstellung. Dass die öffentliche Hand ihre Grundstücke zur Verfügung stellen muss, ist in der Rechtsprechung bereits anerkannt (BGH, Urteil vom 11. November 2008, KZR 43/07). Eine gesetzliche Klarstellung vermeidet jedoch Verzögerungen durch Gerichtsverfahren.[7] Entsprechende Regelungen werden auch hinsichtlich des Rechts zur Überfahrt während der Errichtung und des Rückbaus getroffen.[8]

Gern stehen wir Ihnen für Fragen bezüglich der sich aus dem Solarpaket I ergebenden Möglichkeiten zur Verfügung.

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[1] BT-Drucksache 20/8657, S. 12.

[2] BT-Drucksache 20/8657, S. 29; BT-Drucksache 20/11180, Zweite Beschlussempfehlung und Zweiter Bericht des Ausschusses für Klimaschutz und Energie, S. 76.

[3] BT-Drucksache 20/11180, Zweite Beschlussempfehlung und Zweiter Bericht des Ausschusses für Klimaschutz und Energie, S. 13, § 8 Abs. 5 lit. a) EEG 2024.

[4] BT-Drucksache 20/8657, S. 10.

[5] BT-Drucksache 20/8657, S. 12.

[6] BT-Drucksache 20/11180, S. 177.

[7] BT-Drucksache 20/8657, Gesetzentwurf der Bundesregierung, S. 85.

[8] BT-Drucksache 20/11180, Zweite Beschlussempfehlung und Zweiter Bericht des Ausschusses für Klima-schutz und Energie, S. 20, § 11b EEG 2024.