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Ungarn: Einführung in das neue Gesellschaftsgesetz

Wesentliche Änderungen der Verfahrensvorschriften bezüglich der Registrierung juristischer Personen in Ungarn

27.04.2023

Die Verfahrensvorschriften für die Registrierung von Gesellschaften in Ungarn sind seit dem Inkrafttreten des derzeitigen Gesellschaftsgesetzes von 2006 (Gesetz V von 2006 über öffentliche Gesellschaftsinformationen, Gesellschaftsregistrierungen und das Liquidationsverfahren) weitgehend unverändert geblieben. Diese seit langem etablierte Praxis wird sich nun ändern, da der Gesetzgeber ein neues Gesellschaftsgesetz (Gesetz XCII von 2021 über die Registrierung juristischer Personen und das Registrierungsverfahren) einführt.

Das neue Gesellschaftsgesetz sollte ursprünglich am 1. Juli 2023 in Kraft treten. Derzeit wird jedoch im ungarischen Parlament ein Änderungsentwurf erörtert, der das Inkrafttreten des Gesetzes auf Januar 2026 verschieben würde.

In diesem Artikel werden die wichtigsten praktischen Änderungen vorgestellt, die das neue Gesellschaftsgesetz mit sich bringt.

Ziel der neuen Vorschriften ist es, die Richter der Gesellschaftsgerichte durch die Einführung eines automatischen Entscheidungsverfahrens für die Registrierung zu entlasten. Bei dem automatischen Entscheidungsverfahren wird die Rolle des Richters am Gesellschaftsgericht vom Gesetzgeber erheblich eingeschränkt; das neue Gesetz überträgt jedoch den Rechtsanwälten und Unternehmensjuristen eine größere Verantwortung.

Ab Juli (bzw. ab dem verschobenen Inkrafttreten) müssen Rechtsanwälte und Unternehmensjuristen eine zusätzliche Erklärung über den spezifischen Inhalt der mit dem Registrierungsantrag eingereichten Dokumente abgeben, in der sie bestätigen, dass sie eine rechtliche Prüfung der Dokumente vorgenommen haben. Ziel ist es, die rechtliche Prüfung durch einen Richter des Gesellschaftsgerichts zu ersetzen. Dies bedeutet eine größere Verantwortung der Rechtsanwälte und Unternehmensjuristen für die Rechtmäßigkeit des Registrierungsverfahrens.

Ein weiteres Ziel der Reform ist die Vereinheitlichung und Beschleunigung des Registrierungsverfahrens.

Unternehmen können Mängel in ihren Registrierungsanträgen während des Registrierungsverfahrens nicht mehr durch eine individuelle gerichtliche Anordnung (auf Ungarisch: 'hiánypótlási végzés') des amtierenden Richters beheben lassen. Nach der derzeitigen Praxis wurden solche Einzelanordnungen von den Richtern der Gesellschaftsgerichte nach deren Ermessen erlassen, was zu einer unterschiedlichen Rechtspraxis führte, die von Gericht zu Gericht variierte. Durch die Abschaffung der Einzelanordnungen soll die neue Regelung zu einer einheitlicheren Gerichtspraxis führen.

Technische Fehler blockieren weiterhin das Registrierungsverfahren. Stellt das System einen Fehler im Registrierungsantrag fest, wird der Antrag automatisch abgelehnt, und der Antrag muss innerhalb einer kurzen Frist erneut eingereicht werden. Der genaue Umfang der Fehler, die das System erkennen kann, ist noch nicht bekannt, aber wir werden diese Frage voraussichtlich beantworten können, sobald die neuen Antragsformulare veröffentlicht werden.

Ein weiterer Zweck besteht darin, die Rolle des gerichtlichen Kontrollverfahrens stärker zu betonen und anders zu definieren. Statt wie bisher als „letztes Mittel“ zur Wiederherstellung der Rechtmäßigkeit eingesetzt zu werden, wird dieses Verfahren die Aufgabe übernehmen, Verfahrensmängel auf gerichtliches Ersuchen hin zu beheben, wie es in der Vergangenheit bei den Registrierungs- und Registrierungsänderungsverfahren üblich war.

Bei der nachträglichen Prüfung wird der Richter des Gesellschaftsgerichts stichprobenartig dieselbe formale und inhaltliche Prüfung vornehmen, die er derzeit jedes Mal durchführt, wenn das Gericht einen Registrierungsantrag erhält.

Infolge des vom Gesetzgeber eingeführten Automatismus wird die Registrierung voraussichtlich fast sofort erfolgen. Stellt das Gericht jedoch bei der nachträglichen Prüfung einen Fehler fest, können nach der Registrierung verfahrenstechnische Aufgaben anfallen, und die Gesellschaften könnten sich mit gerichtlichen Aufsichtsverfahren oder sogar mit Verfahrensstrafen konfrontiert sehen. Solche Nachregistrierungsverfahren könnten die Kosten der Registrierungsverfahren für die Gesellschaften im Vergleich zur derzeitigen Praxis erhöhen.

Zu den Anpassungen, die aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre seit langem erwartet wurden, gehört, dass die „Anschrift der natürlichen Person“ (z. B. Geschäftsführer und Anteilseigner), die in dem neuen Register aufgeführt wird, nicht mehr zu den öffentlichen Informationen gehört. Sie wird durch den „Geburtsort der natürlichen Person“ ersetzt (das Geburtsdatum der natürlichen Person ist derzeit eine Pflichtangabe, die im Gesellschaftsregister veröffentlicht werden muss).

Das neue Gesellschaftsgesetz unterscheidet nicht mehr zwischen Betriebsstätten (in derselben Stadt wie der eingetragene Sitz, auf Ungarisch: „telephely“) und Zweigniederlassungen (in einer anderen Stadt, aber innerhalb der Landesgrenzen, auf Ungarisch: „fióktelep“), was ebenfalls auf ein viel einfacheres Verfahren abzielt, das mehr der EU-Praxis entspricht.

Die Bedeutung des Amtsblattes wird ebenfalls abnehmen, da das neue Gesellschaftsgesetz die öffentliche Glaubwürdigkeit des Registers an die Registrierung der Daten und nicht an deren Veröffentlichung im Amtsblatt knüpft.

Das Regelungsumfeld für das neue Gesellschaftsgesetz ist noch lange nicht vollständig. Es wird erwartet, dass vor dem Inkrafttreten im Juli (oder ab dem verschobenen Datum des Inkrafttretens) zusätzliche Rechtsvorschriften verabschiedet werden (z. B. zu der Liste der im Registrierungsverfahren zwingend einzureichenden Dokumente, Standarddokumente oder die detaillierten Vorschriften für Liquidationsverfahren).

Wir verfolgen die Änderungen und neuen Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Gesellschaftsgesetz genau. Wenn Sie als Mandant oder Unternehmensjurist Fragen zur praktischen Umsetzung des neuen Gesellschaftsrechts haben, zögern Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren.