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UK Bribery Act

10.12.2015

Der Präsident des High Court of Justice, Queen's Bench Division, Lord Justice Leveson hat am 30.11.2015 das erste im Vereinigten Königreich abgeschlossene Deferred Prosecution Agreement (DPA) bestätigt. Gleichzeitig wurde hiermit auch eine der ersten Entscheidungen über einen Fall der Anwendung einer Unternehmensstrafbarkeit nach Section 7 des UK Bribery Act getroffen.

DPAs sind Vereinbarungen zwischen von Strafverfolgung bedrohten Unternehmen und den Strafverfolgungsbehörden, die anders als ein Plea Agreement nicht zu einer Verurteilung des betroffenen Unternehmens führen, sondern die weiteren Ermittlungen ebenso wie die Anklage zunächst zurückstellen und bei Erfüllung bestimmter in dem DPA vorgesehener Auflagen endgültig entfallen lassen.

Bei Section 7 des UK Bribery Act handelt es sich um einen Fall sogenannter „strict liability”, bei der die Verwirklichung der Bestechungshandlung durch eine verbundene Person ("associated person") für die Haftung des Unternehmens genügt und ein Nachweis weiteren Verschuldens nicht erforderlich ist. Das Unternehmen kann nur dann nicht bestraft werden, wenn ihm der Gegenbeweis dahingehend gelingt, dass es hinreichende Vorkehrungen zur Unterbindung von Korruption geschaffen hat. Insbesondere ist – anders als bei anderen Fällen einer Unternehmensstrafbarkeit nach britischem Recht – nicht erforderlich, dass ein Verschulden bei einer das Unternehmen verantwortlich leitenden Person festgestellt wird ("directing mind"). Insofern eignen sich gerade Straftaten nach Section 7 des Bribery Act aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden besonders für den Abschluss von DPAs. Ist doch im Fall dieser strict liability die für den Abschluss von DPAs notwendige Stufe der Wahrscheinlichkeit des Beweises eines Verstoßes schnell erreicht.

Die Möglichkeit zum Abschluss von DPAs wurde schon im April 2013 als Teil des Crime and Courts Act eingeführt. Erst mit Inkrafttreten des durch den Direktor des Serious Fraud Office (SFO) und den Direktor des Public Prosecution Service (CPS) verabschiedeten Code of Practice im Februar 2014 sowie der Sentencing Guidelines zur Strafzumessung für Betrugs-, Bestechungs- und Geldwäschedelikte bei Unternehmensstrafbarkeiten durch den UK Sentencing Council im Oktober 2014 wurden aber die näheren Rahmenbedingungen hierfür festgelegt.

Um ein DPA abzuschließen, müssen die Ermittlungsbehörden zunächst ermitteln, ob das Verfahren sich hierfür eignet. Als Eingangspforte genügt es wenn ein Verdacht, gestützt auf zulässige Beweise, vorliegt, dass das beschuldigte Unternehmen die Straftat begangen hat und dass weitere Ermittlungen innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens weitere Beweise zutage fördern würden, so dass in der Gesamtschau eine realistische Verurteilungswahrscheinlichkeit eintreten wird. DPAs sind also bereits in einem sehr frühen Ermittlungsstadium möglich und können dazu führen, dass Sachverhaltsermittlungen erheblich abgekürzt werden. Das ist verlockend, birgt daher aber eine erhebliche Gefahr unzureichender Aufklärung in sich. Der Code of Practice stellt klar, dass ein Angebot zur Aufnahme von Verhandlungen über ein DPA eine reine Ermessensentscheidung der Strafverfolgungsbehörden bleibt. SFO und CPS blieben in erster Linie Strafverfolger; nur in Ausnahmefällen seien DPAs angezeigt. Bei dieser Entscheidung haben die Strafverfolger das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu berücksichtigen, welches umso ausgeprägter ist, je schwerwiegender die Straftat und je größer die angerichteten Schäden sind.

Die Verfolgungsbehörden haben stets betont, dass sie sehr kritisch prüfen werden, wann die Voraussetzungen für ein DPA im Einzelfall gegeben sind. Umso mehr überrascht, dass nun gleich das erste zunächst abgeschlossene Verfahren auf Grundlage der strict liability im Sinne von Section 7 des Bribery Act in einem DPA endet. Möglicherweise wird es hier nicht bei dem durch den Code of Practice festgelegten Regel-Ausnahme-Verhältnis bleiben.

Anlass des nunmehr ersten DPAs ist die Zahlung von USD 6,0 Mio. einer Tochter der damals noch so firmierenden Standard Group PLC, Stanbic Bank Tanzania Ltd mit Sitz in Tansania, an einen „lokalen Agenten“, eine weitere Gesellschaft mit Sitz in Tansania. Die Zahlung soll mutmaßlich ganz oder teilweise Schmiergelder an einen Amtsträger in Tansania zum Gegenstand gehabt haben. Hiermit soll dem gemeinsamen Angebot der im Vereinigten Königreich registrierten Standard Bank PLC (heute ICBC Standard Bank Plc) und der Stanbic Bank Tanzania Ltd zu einem Mandat der Regierung Tansania zur Durchführung einer Privatplatzierung über 600 Mio. USD zum Erfolg verholfen worden sein. Aus dem Mandat sind in Summe USD 8,4 Mio. an Bankgebühren erwirtschaftet worden; USD 6,0 Mio. sind an den lokalen Agenten geflossen.

Der britischen Standard Bank PLC wurde im Rahmen des DPA vorgeworfen, die mutmaßlich korruptive Zahlung nicht verhindert zu haben. Auch konnte sie offenbar nicht nachweisen, die hierfür grundsätzlich erforderlichen Prozesse („adequate procedures“) installiert zu haben.

Die Standard Bank PLC ist durch eine interne Mitteilung auf den Verdachtsfall aufmerksam geworden und hat sich noch vor Durchführung einer internal investigation an das Serious Fraud Office gewandt. Im Rahmen des DPA hat sich die Standard Bank PLC dann zur Zahlung von insgesamt USD 25,2 Mio. sowie GBP 330.000 für die Kosten der britischen Behörden verpflichtet.

Darüber hat die Bank ihr Compliance System durch einen unabhängigen Prüfer analysieren lassen und sich zur Umsetzung der hieraus hervorgegangenen Empfehlungen verpflichtet.

Der Betrag von USD 25,2 Mio. beinhaltet eine Kompensationszahlung von USD 6,0 Mio. plus Zinsen an die tansanische Regierung, wobei dieser Betrag die Zahlung an den "lokalen Agenten" abbildet, zusätzlich eine Gewinnabschöpfung in Höhe von USD 8,4 Mio. und eine Strafzahlung in Höhe von USD 16,8 Mio. Insbesondere bei der Gewinnabschöpfung ist interessant, dass hier ein strenges Bruttoprinzip zur Anwendung kam; Aufwendungen und Kosten konnten nicht zum Abzug gebracht werden. Zusätzlich muss Standard Bank PLC für die Kosten der unabhängigen Untersuchung des Compliance System tragen. Insbesondere die Höhe der Strafzahlung ist bemerkenswert, denn die Standard Bank PLC hatte bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt ihre Kooperationsbereitschaft angezeigt, den Sachverhalt noch vor Durchführung eigener Ermittlungen zur Anzeige gebracht und auch im Zuge des Verfahrens sehr umfassend kooperiert.

Dennoch soll das nun abgeschlossene DPA ein wohlwollendes Zugeständnis der Strafverfolgungsbehörden sein. Die Verantwortlichen des SFO werden nämlich nicht müde zu betonen, dass weiter hohe Hürden für den Abschluss von DPAs bestünden, die im Wesentlichen wirkliche, aktive und frühzeitige Kooperation erforderten.

Die Entscheidung sowie das abgeschlossene DPA zeigen zweierlei: Zum einen stellt das SFO unter Beweis, dass es den territorial weiten Anwendungsbereich des UK Bribery Act auszunutzen gedenkt, zum anderen schützt auch eine frühzeitige Selbstanzeige und umfassende Kooperation nicht vor spürbarer Sanktionierung, wenn auch in Form eines DPA. Wenn man als betroffenes Unternehmen diesen Weg wählt, muss man sich diesen Konsequenzen bewusst und tatsächlich willens und in der Lage sein, eine entsprechende Kooperation auch anzubieten.

Die Presseerklärung des SFO finden Sie hier.

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