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Ungarn: Digitalisierung im Gesellschaftsrecht

04.11.2021

Das ungarische Parlament hat kürzlich einen Gesetzentwurf, den Gesetzentwurf Nr. T/17280 (der „Gesetzentwurf“) auf seine Tagesordnung gesetzt, der darauf abzielt, zwei Änderungen der „Konsolidierten Gesellschaftsrechtsrichtlinie“ der Europäischen Union (Richtlinie (EU) 2017/1132) in nationales Recht umzusetzen. Eine davon ist die sogenannte „Digitalisierungsrichtlinie“ (Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf die Nutzung digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht).

Ein wesentliches Ziel der Digitalisierungsrichtlinie ist es, die Online-Gründung von Gesellschaften - zumindest von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (z.B. GmbH in Deutschland und in Österreich, BV in den Niederlanden, kft. in Ungarn, etc.) - in der EU zu ermöglichen. Die mit dem Gesetzentwurf eingeführten neuen Bestimmungen werden voraussichtlich am 1. August 2022 in Kraft treten. Aufgrund der Covid-19-Pandemie hatte Ungarn jedoch bereits vor der Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie die Online-Gründung von Unternehmen erleichtert.

Online-Gründung von Gesellschaften 

Der Gesetzentwurf führt die Definition einer „online gegründeten Gesellschaft“ (online alapított cég) ein, die den Online-Gründungsvorschriften der Digitalisierungsrichtlinie entspricht. Die Online-Gründungsvorschriften gelten für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (korlátolt felelősségű társaság; kft.), die von einem Staatsbürger eines EU-Mitgliedstaats oder einer in einem EU-Mitgliedstaat registrierten juristischen Person gegründet werden, sowie für die ungarischen Niederlassungen von in der EU registrierten Gesellschaften.

Online-Gründung bedeutet im Wesentlichen, dass sowohl die Vorregistrierungs- als auch die Registrierungsphase der Gesellschaftsgründung elektronisch durchgeführt werden, ohne dass eine persönliche Anwesenheit erforderlich ist. Die Online-Gründung würde sich von der gegenwärtigen Praxis der Gründung mit einer Online-Identifizierung unterscheiden, da der Gesetzentwurf elektronische Unterschriften auf den Dokumenten vorschreibt und außerdem vorsieht, dass das Gesellschaftskapital der Gesellschaft ausschließlich aus Bareinlagen bestehen kann.

Für das Registrierungsverfahren einer online gegründeten Gesellschaft werden weitere Vorschriften gelten, durch die der Prozess der Gründung solcher Gesellschaften wesentlich beschleunigt wird, da die Bearbeitungsfrist zehn Werktage beträgt. Entsprechen die dem Antrag beigefügten Unterlagen nicht den Anforderungen an die Unterlagen einer online gegründeten Gesellschaft, weist das Gericht den Antrag nicht zurück, sondern prüft ihn nach den allgemeinen Vorschriften.

Vereinfachung der Datenübertragung durch das BRIS

Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Digitalisierungsrichtlinie ist die Förderung des Informationsflusses zwischen den Handelsregistern der Mitgliedstaaten über das Business Registers Interconnection System (BRIS).

Künftig werden die Registergerichte die Daten der in der Europäischen Union eingetragenen Gesellschaften auf elektronischem Wege erhalten. In der Digitalisierungsrichtlinie ist ausdrücklich festgelegt, dass der Informationsaustausch für die Gesellschaftsregister der Mitgliedstaaten kostenlos ist. In der Praxis bedeutet dies, dass die Gründungsurkunde einer EU-Gesellschaft und ihre beglaubigte ungarische Übersetzung den Eintragungsanträgen nicht mehr beigefügt werden müssen. 

Der Datentransfer zwischen den Registergerichten der Mitgliedstaaten wird auch auf ungarische Zweigniederlassungen (fióktelep) von EU-Unternehmen ausgedehnt. Nicht nur die Eintragung und Löschung der Zweigniederlassungen und Änderungen der Registrierungsdaten der ausländischen Gesellschaft, sondern auch die Jahresabschlüsse der EU-Gesellschaft werden gemäß Artikel 1 Nr. 16 der Digitalisierungsrichtlinie (Artikel 30a der konsolidierten Gesellschaftsrechtsrichtlinie) automatisch zwischen den Registergerichten übermittelt.

 

 


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