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BGH äußert sich zu Anforderungen an Voll­macht zum Abschluss einer Schieds­vereinbarung im Rahmen eines Geschäfts­anteils­kauf­vertrages

19.03.2018

Mit Beschluss vom 11.05.2017 (I ZB 63/16, BeckRS 2017, 126042) hat sich der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) erstmals zu den Anforderungen an eine Vollmacht für die Vereinbarung einer Schiedsklausel im Rahmen eines Geschäftsanteilskaufvertrags geäußert. Der BGH entschied, dass eine Vollmacht zum Abschluss eines Geschäftsanteilskaufvertrags auch dann die Befugnis zur Vereinbarung der im Vertrag enthaltenen Schiedsklausel umfassen kann, wenn diese nicht ausdrücklich im Wortlaut der Vollmacht Erwähnung findet. 

1. Hintergrund der BGH Entscheidung

Die Parteien schlossen einen Geschäftsanteilskaufvertrag (Share Purchase Agreement, SPA), der eine an der Musterklausel der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) orientierte Schiedsklausel enthielt. Bei der notariellen Beurkundung des SPA wurden die Parteien durch Rechtsanwälte aufgrund rechtsgeschäftlicher Vollmacht vertreten. Die Vollmachten ermächtigten „zur umfassenden alleinigen Vertretung“ beim Anteilserwerb und sollten im Zweifel „weit auszulegen“ sein, eine explizite Befugnis zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung enthielt der Wortlaut der Vollmachten nicht. Am Tag der Beurkundung des SPA teilte der anwaltliche Vertreter der Verkäufer und späteren Schiedsbeklagten den Bevollmächtigten mit, dass die Vollmacht insbesondere auch redaktionelle oder notarielle Änderungen oder Ergänzungen des SPA umfasse, soweit diese den Inhalt des ausgehandelten und eine Schiedsklausel enthaltenden SPA nicht verändern würden.

Im Schiedsverfahren rügten die Schiedsbeklagten die Zuständigkeit des Einzelschiedsrichters u.a. mit der Begründung, die Schiedsklausel sei mangels Vertretungsmacht unwirksam, da die Vollmacht nicht explizit zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung ermächtige. Der Einzelschiedsrichter bejahte durch Zwischenentscheid seine Zuständigkeit. Hiergegen gingen die Schiedsbeklagten zunächst vor dem Kammergericht Berlin (KG) (KG, Beschluss vom 13.06.2016 - 20 SchH 1/16, BeckRS 2016, 126421) und anschließend vor dem BGH erfolglos vor.

2. Entscheidungsgründe des BGH

Der BGH verwarf die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des KG als unzulässig und stellte fest, dass die Entscheidung des KG weder gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstoße, noch die Verfahrensgrundrechte der Schiedsbeklagten verletze. Dabei setzte sich der BGH maßgeblich mit der Frage auseinander, ob eine Vollmacht ausdrücklich zum Abschluss der in einer rechtsgeschäftlichen Urkunde enthaltenen Schiedsvereinbarung ermächtigen muss. In der Annahme des KG, dass die Vollmacht (auch) zum Abschluss der im SPA enthaltenen Schiedsvereinbarung ermächtige, sah der BGH keine Verletzung der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer rechtsgeschäftlichen Urkunde. Das KG habe rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Befugnis zum Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht ausdrücklich in der Vollmacht Erwähnung finden müsse. Das KG hatte angenommen, dass unter Berücksichtigung des weiten Wortlauts und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Vollmacht auch zur Vereinbarung der im Hauptvertrag enthaltenen Schiedsklausel ermächtigte. Dabei hatte das KG seine Auslegung auch auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände wie die zwischen den Parteien vor Abschluss des SPA geführte Korrespondenz gestützt. Der BGH entschied, dass die fehlende ausdrückliche Aufführung der Berechtigung zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung in der Vollmacht nicht als Indiz für das Fehlen einer solchen Ermächtigung gewertet werden dürfe. Auch § 1040 Abs. 1 S. 2 ZPO, nach dem eine Schiedsklausel als eine gegenüber dem restlichen Vertrag unabhängige Vereinbarung zu behandeln sei, begründe keine weitergehenden Anforderungen an eine Vollmacht und verlange nicht den gesonderten Abschluss einer Schiedsvereinbarung. Die Wirksamkeit einer Vollmacht richte sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Reichweite von Vollmachten, insbesondere nach dem Willen des Vollmachtgebers.

3. Fazit und Praxishinweis

Der BGH hat klargestellt, dass die fehlende ausdrückliche Erwähnung der Ermächtigung zur Vereinbarung einer Schiedsklausel in der zum Abschluss des Hauptvertrags ermächtigenden Vollmacht kein Indiz für das Fehlen einer solchen Ermächtigung ist. Der Umfang der Vollmacht ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln, wobei § 1040 Abs. 1 ZPO keine zusätzlichen Anforderungen an die Vollmacht begründet. Der Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit einer rechtsgeschäftlichen Urkunde verbietet es nicht zur Auslegung im Einzelfall auch Umstände heranzuziehen, die außerhalb der Urkunde liegen.

Für die vertragsgestaltende Praxis empfiehlt sich eine ausdrückliche Nennung der Befugnis zum Abschluss von Schiedsvereinbarungen in der Vollmacht, sofern der Hauptvertrag eine Schiedsklausel enthalten soll oder hiermit zu rechnen ist. So lassen sich Streitigkeiten über den Umfang der Vollmacht und die diesbezügliche Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung vermeiden.

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