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Die fünf häufigsten Fehler bei kleinen AGs

08.04.2021
Die Rechtsform der AG erfreut sich auch abseits der Börse großer Beliebtheit. Es existieren weit über 13.000 nicht-börsennotierte AGs. Die Wahl der AG als Rechtsform hat oft einen positiven Einfluss auf die Reputation. Außerdem stärkt sie die Eigenverantwortlichkeit des Managements und kann damit attraktiver für Führungskräfte sein. Sie sichert mit der unabhängigen Stellung des Vorstands zugleich die Handlungsfähigkeit auch bei Auseinandersetzungen im Gesellschafterkreis.

Verschiedene Erleichterungen sollen kleine AGs – also nicht-börsennotierte AGs mit kleinem Gesellschafterkreis – zu einer Alternative für GmbHs machen. Allerdings bedeuten diese Erleichterungen nicht, dass die kleine AG ebenso einfach zu verwalten wäre wie eine GmbH. Im Gegenteil finden eine Reihe von aktienrechtlichen Vorschriften Anwendung, die aus dem Recht der GmbH nicht bekannt sind. In der Praxis sind bei kleinen AGs deshalb immer wieder Fehler zu beobachten, die teils gravierende Folgen haben können. Oft können diese Fehler über Jahre hinweg unentdeckt bleiben. Sie treten meist dann zu Tage, wenn die kleine AG veräußert werden soll und durch einen Kaufinteressenten einer umfassenden Prüfung (sog. Due Diligence) unterzogen wird.

Zu den fünf häufigsten Fehlern bei kleinen AGs in der Praxis zählen:

Protokollierungsmängel

Im Recht der GmbH gibt es grundsätzlich kein Protokollierungserfordernis für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung. Entsprechend gibt es auch keine gesetzlichen Anforderungen an Form und Inhalt eines Protokolls. Ganz anders im Aktienrecht: Dort ist grundsätzlich jeder Beschluss der Hauptversammlung in einer Niederschrift zu erfassen.

Zwar darf für viele Beschlüsse in der kleinen AG die Niederschrift auch durch den Versammlungsleiter anstelle des Notars gefertigt werden. Doch sind hierbei weiterhin die inhaltlichen Anforderungen an die Niederschrift zu beachten. Sofern die Hauptversammlung einer kleinen AG wie die Gesellschafterversammlung der GmbH durchgeführt wird und z.B. Angaben zu Art und Ergebnis der Abstimmung oder die förmliche Feststellung des Beschlussergebnisses fehlen, ist der Beschluss nichtig. Scheitert aus diesem Grund die wirksame Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, dann können auch sämtliche Beschlüsse des fehlerhaft bestellten Aufsichtsrats nichtig sein.

Fehlerhafte Gewinnverwendung

Der Gewinnverwendungsbeschluss einer AG unterscheidet sich erheblich von dem einer GmbH, denn der Vorstand ist verpflichtet und berechtigt, Teile des Gewinns für die Dotierung von Rücklagen zu verwenden. Deshalb entscheiden die Gesellschafter einer AG über die Verteilung des Bilanzgewinns, die einer GmbH dagegen (typischerweise) über die Verteilung des Jahresüberschusses zu- oder abzüglich eines Vortrags. Vielfach werden in der kleinen AG aber Gewinnverwendungsbeschlüsse gefasst, die der GmbH entlehnt sind. Folgen von Verstößen können die persönliche Haftung der Organmitglieder der kleinen AG oder die Nichtigkeit von Beschlüssen sein.

Fehlende Meldungen über den Anteilsbesitz

Fehlerhafte Meldungen können im Aktienrecht schwerwiegende Folgen bis hin zum Verlust der Stimm- und Dividendenrechte aus den Aktien haben. Dies ist einer der häufigsten Fehler (leider nicht nur) bei kleinen Aktiengesellschaften.

Bei börsennotierten AGs werden ab einem Stimmrechtsanteil von 3% Meldepflichten ausgelöst. Bei der kleinen AG sind Mitteilungen über den Anteilsbesitz ab 25% erforderlich. Ein die Mitteilungspflicht auslösender Vorgang kann dabei nicht nur eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse sein – auch und gerade der Formwechsel etwa von der GmbH in die kleine AG löst die Mitteilungspflicht erstmalig aus. Gerade in kleinen AGs kann ein Verlust des Stimmrechts gravierende Folgen auf das Kräftegleichgewicht haben. Wenn Hauptversammlungsbeschlüsse unter Berücksichtigung der Stimmen, die eigentlich einem Rechtsverlust unterliegen, gefasst worden sind, können sie anfechtbar sein.

Hält die kleine AG selbst Beteiligungen an Unternehmen, so gelten für sie Mitteilungspflichten gegenüber den Beteiligungsgesellschaften, die vom Vorstand einzuhalten sind. Ihre Verletzung zieht einen Rechtsverlust nach sich und der Vorstand haftet.

Fehlendes Aktienregister

Da Inhaberaktien abseits der Börse nur bei Zentralverwahrung zulässig sind, sind Namensaktien bei kleinen AGs die Regel. Die kleine AG ist daher auch verpflichtet, ein Aktienregister zu führen und stets aktuell zu halten. Allerdings leisten sich kleine AGs selten den Luxus eines auf diese Verwaltungsaufgabe spezialisierten Dienstleisters.

Gegenüber der kleinen AG gilt nur als Aktionär, wer als solcher im Aktienregister eingetragen ist. Die Vernachlässigung des Aktienregisters kann daher erhebliche Folgen haben, etwa wenn zur Hauptversammlung die Eigentümer von Aktien eingeladen werden und an Beschlussfassungen mitwirken, obwohl sie im Aktienregister nicht eingetragen sind. Trotz Übereinstimmung mit der wirklichen Eigentumslage sind solche Beschlüsse der Hauptversammlung anfechtbar.

Abhängigkeitsbericht

Der Vorstand einer abhängigen AG muss jährlich einen Bericht über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen aufstellen, der vom Aufsichtsrat geprüft werden muss. Das bedeutet, dass alle Rechtsgeschäfte und Maßnahmen mit Bezug zu einem herrschenden oder verbundenen Unternehmen erfasst und bewertet werden müssen. Auch Privatpersonen können im konzernrechtlichen Sinne Unternehmen sein, sodass die kleine AG nicht vor der Pflicht zur Berichterstattung geschützt ist, wenn lediglich natürliche Personen an ihr beteiligt sind.

Auch größenabhängige Erleichterungen helfen der kleinen AG nicht. Die Schlusserklärung des Abhängigkeitsberichts ist zwar grundsätzlich im Lagebericht enthalten. Muss ein solcher nicht aufgestellt werden, ist die Erklärung aber nur an anderer geeigneter Stelle aufzunehmen (Anhang oder unter der Bilanz).

Geschäfte mit Ankeraktionären, die oft zugleich auch Organmitglieder sind, sind bei kleinen AGs keine Seltenheit. Hier bestehen erhebliche Haftungsrisiken aller Beteiligten, insbesondere wenn das Geschäft nicht einem Drittvergleich standhält und die AG in die Insolvenz fällt.

Fazit

Die kleine AG erfordert verglichen mit der GmbH die Einhaltung deutlich strengerer Formalien und verzeiht weniger Fehler. Wer sein Unternehmen in der Form einer kleinen AG betreiben will, sollte sich frühzeitig beraten lassen, welche Fallstricke es zu vermeiden gilt. Wir bei Noerr bieten Ihnen gerne eine solche Beratung und stellen Ihnen auf Ihre Gesellschaft angepasste Musterdokumentation für die häufigsten Fragen und Situationen zur Verfügung. Mit uns wird Ihre kleine AG zum Erfolg.

Kapitalmarktrecht

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