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Konsortialkredite in Polen

01.08.2016

Allgemeine Bemerkungen

Bei den Konsortialkrediten, in denen polnische Schuldner involviert sind, werden folgende rechtliche Konzepte zur Besicherung der Forderungen der Konsorten nach den Finanzierungsdokumenten üblicherweise verwendet.

  • Ein dem polnischen Recht unterliegendes Konzept des Hypothekenverwalters und/oder des Pfandverwalters (administrator hipoteki/administrator zastawu). Danach besichern die nach polnischem Recht bestellten Hypotheken und/oder Pfandrechte die Forderungen aller Konsorten und nicht nur eine abstrakte Parallel Debt Forderung des Sicherheiten-Agenten. Zugleich ist aber nur der Sicherheiten-Agent in seiner Eigenschaft als Hypothekenverwalter und/oder Pfandverwalter, in den relevanten Sicherheiten-Registern als Hypotheken- und/oder Pfandrechtsinhaber eingetragen und zur Vollstreckung der jeweiligen Sicherheit allein berechtigt (Sicherheiten-Verwalter-Konzept).
  • Ein dem polnischem Recht unbekanntes und deshalb einem ausländischen Recht unterliegendes Parallel Debt Konzept. Gemäß diesem Konzept steht dem Sicherheiten-Agenten eine Parallel Debt Forderung gegen alle Schuldner zu, welche sämtliche Forderungen der Konsorten widerspiegelt. Im solchen Fall werden alle Sicherheiten, einschließlich der polnischen Hypotheken und Pfandrechte, zugunsten des Sicherheiten-Agenten allein zur Besicherung der ihm zustehenden abstrakten Parallel Debt Forderung bestellt (Prallel-Debt-Konzept).

Bei den oben geschilderten Konzepten stellt sich die Frage, wie die Rechte der Konsorten gewahrt werden können, wenn der Sicherheiten-Agent die Zusammenarbeit mit den Konsorten verweigert, in dem er die Weiterleitung der erlangten Erlöse oder die Verwertung der Sicherheiten verweigert. Da dies vor allem bei der Insolvenz des Sicherheiten-Agenten oder im Rahmen eines vergleichbaren Verfahrens der Fall sein kann, wird der Schwerpunkt dieses Artikels auf das Insolvenzszenario gelegt. Für die Zwecke dieses Artikels wird die Anwendbarkeit des polnischen Insolvenzrechts in derzeit geltenden Fassung angenommen.

Alternative 1: Aussonderung der Verwertungserlöse aus der Insolvenzmasse des Sicherheiten-Agenten

Im Hinblick auf das Sicherheiten-Verwalter-Konzept sieht das polnische Insolvenzrecht eine ausdrückliche Regelung vor, wonach die Erlöse aus der Verwertung der dem Sicherheiten-Verwalter zustehenden Hypothek und/oder des Pfandrechts nicht in die Insolvenzmasse des Sicherheiten-Agenten fallen, soweit sie den übrigen gesicherten Gläubigern (z.B. den Konsorten) zustehen. Sollte daher der Sicherheiten-Agent oder der jeweils bestellte Insolvenzverwalter die Hypothek und/oder das Pfandrecht verwerten, steht jedem der gesicherten Konsorten das Recht zu, die Aussonderung des ihm zustehenden Anteils an Erlösen aus der Insolvenzmasse und dessen Auszahlung unmittelbar an solchen Konsorten zu verlangen.

Die oben dargestellte Regelung findet keine Anwendung auf das Parallel-Debt-Konzept. Aus diesem Grund sowie angesichts der Tatsache, dass das Treuhand-Konzept dem polnischen Recht unbekannt ist, besteht ein nicht unerhebliches Risiko, dass der Insolvenzverwalter die Aussonderung der Erlöse aus der Verwertung der den Parallel Debt Anspruch besichernden Sicherheiten aus der Insolvenzmasse verweigert. Im solchen Fall müssten die Verwertungserlöse der anteiligen Befriedigung aller Gläubiger dienen.

Alternative 2: Austausch des Sicherheiten-Agenten

Ein weiteres Risiko besteht in der Verweigerung der Sicherheiten-Verwertung durch den Insolvenzverwalter des Sicherheiten-Agenten. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Insolvenzverwalter keinen Kündigungsgrund in dem Verhalten des Kreditnehmers sieht oder schlicht die Sicherheiten-Verwertung aufschiebt während er den Rücktritt vom relevanten Sicherheiten-Treuhand-Vertrag in Erwägung zieht.

Ein geeignetes Mittel zum Schutz der Konsorten ist die Gewährung des Rechts zum Austausch des Sicherheiten-Agenten im Sicherheiten-Treuhand-Vertrag. Dies ist bei den meisten Finanzdokumenten nach dem LMA Standard der Fall. Danach ist der Sicherheiten-Agent verpflichtet auf Anweisung der Mehrheit der Konsorten zurückzutreten.

Idealerweise sollten die jeweiligen Regelungen des Sicherheiten-Treuhand-Vertrages sicherstellen, dass der Austausch des Sicherheiten-Agenten ohne Mitwirkung des zuletzt Genannten möglich ist. Leider ist dies bei dem Parallel-Debt-Konzept nicht möglich. Dies liegt daran, dass die Übertragung der Parallel Debt Forderung stets den Abschluss eines Abtretungsvertrages zwischen dem bestehenden und neuen Sicherheiten-Agenten erfordert. Aus diesem Grund bietet das Sicherheiten-Verwalter-Konzept einen besseren Schutz der Konsorten an und zwar deswegen, weil der Austausch des Hypothekenverwalters und/oder Pfandverwalters durch eine bloße Vereinbarung zwischen den Konsorten ohne Mitwirkung des Sicherheiten-Agenten herbeigeführt werden kann (vorbehaltlich jedoch der entsprechenden Bestimmungen des Sicherheiten-Treuhand-Vertrages).

Alternative 3: Teilung der Sicherheiten

Eine weitere Frage ist, ob die Konsorten berechtigt sind, den Sicherheiten-Treuhand-Vertrag zu kündigen und die Teilung der vom Sicherheiten-Agenten gehaltenen Sicherheiten zu verlangen.

Die Vorschriften des polnischen Hypothekengesetzes sehen zwei Fälle vor, in denen die gesicherten Gläubiger die Teilung einer Hypothek (Immobiliensicherheit) verlangen können, welche vom Sicherheiten-Agenten in seiner Eigenschaft als Hypothekenverwalter im Sinne des Sicherheiten-Verwalter-Konzeptes gehalten wird. Der erste Fall liegt vor, wenn die Vereinbarung über die Bestellung des Hypothekenverwalters ausgelaufen ist und kein neuer Hypothekenverwalter benannt wurde. Der zweite Fall ist gegeben, wenn eine Unstimmigkeit bezüglich des Austausches des Hypothekenverwalters unter den gesicherten Gläubigern besteht. In diesen beiden Fällen finden die allgemeinen Regelungen zur Aufhebung des Miteigentums entsprechende Anwendung. Da jedoch das polnische Hypothekengesetz keine Bestimmungen zur Kündigung der Vereinbarung über den Hypothekenverwalter durch die gesicherten Gläubiger enthält, wird äußerst empfohlen, detaillierte Regelungen bezüglich dieses Szenarios im relevanten Sicherheiten-Treuhand-Vertrag aufzunehmen.

Die oben geschilderte Möglichkeit der Teilung der Sicherheit auf Verlangen der Konsorten ist in den folgenden Fällen nicht anwendbar:

  • beim Parallel-Debt-Konzept – in der Regel kann eine Sicherheit, welche die Parallel Debt Forderung des Sicherheiten-Agenten besichert, zugunsten der Konsorten nicht geteilt werden; eine Ausnahme gilt, wenn die Konsorten vom Sicherheiten-Agenten einen Anteil an der Parallel Debt Forderung erwerben;
  • bei allen anderen Sicherheiten als Hypothek.

In den zuvor genannten Fällen können die Rechte der Konsorten nur durch den Austausch des Sicherheiten-Agenten gewahrt werden.

Schlussfolgerung

Das dem polnischen Recht unterliegende Sicherheiten-Verwalter-Konzept bietet einen besseren Schutz der Konsorten gegen das Risiko mangelnder Zusammenarbeit seitens des Sicherheiten-Agenten an als das Parallel-Debt-Konzept. Dies liegt daran, dass im Rahmen des zuletzt genannten Konzepts die Konsorten allenfalls das Recht behalten, den Rücktritt des Sicherheiten-Agenten sowie die Übertragung der Parallel Debt Forderung auf eine andere von den Konsorten benannte Einheit zu verlangen. Bei dem Sicherheiten-Verwalter-Konzept sind die Konsorten hingegen berechtigt, den Sicherheiten-Agenten abzuberufen oder sogar - im Falle einer Hypothek – die Sicherheit unter den Konsorten aufzuteilen und zwar ohne Beteiligung des Sicherheiten-Agenten (vorbehaltlich jedoch der entsprechenden Regelungen des Sicherheiten-Treuhand-Vertrages). Darüber hinaus sind die Erlöse, welche infolge der Verwertung der vom Sicherheiten-Agenten in seiner Eigenschaft als Hypothekenverwalter und/oder Pfandverwalter gehaltenen Sicherheiten erlangt werden, aufgrund des polnischen Insolvenzrechts aus der Insolvenzmasse des zuletzt Genannten ausgesondert.

 

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