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Neue Facebook AGB - quo vadis social web?

30.01.2015
Facebook ändert mit Wirkung zum heutigen Tag seine allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) für deutsche Nutzer. Damit stellt das weltweit größte soziale Netzwerk die vertraglichen Grundlagen der Beziehung zwischen sich und seinen Nutzern auf neue Füße. Viel wurde und wird hierzu geschrieben - die mediale Aufmerksamkeit ist groß und die Diskussion über die Änderungen und damit verbundene Implikationen allgegenwärtig. Zu Recht, denn die Änderungen betreffen allein in Deutschland beinahe 30 Millionen Nutzer.
Dabei haben die Diskussionen auch eine nicht zu verkennende juristische Dimension. Diese reicht von einigen eher am Rande diskutierten Themen, wie zum Beispiel dem im Hinblick auf deutsche Verbraucher durchaus fragwürdigen Prozedere zur Änderung der Nutzungsbedingungen oder einigen Irrungen und Wirrungen zu (rechtlich irrelevanten) „Widerspruchspostings“, bis hin zu ganz grundlegenden Fragen des Datenschutzes und dem Geschäftsmodell von Facebook. Neben alldem zeigen die neuen Facebook AGB und die Diskussionen hierüber aber vor allem eines überdeutlich:

Für Anbieter moderner Telemediendienste sind rechtssichere und für ihr Geschäftsmodell maßgeschneiderte AGB mittlerweile unabdingbare Voraussetzung des Erfolgs. Dabei darf auch die Ebene der Kommunikation mit dem Nutzer nicht unterschätzt und muss in strategische Überlegungen mit einbezogen werden.

Web 2.0 vs. Gesetzeslage - der Gepard und die Schnecke

Diese Schlussfolgerungen ergeben sich zwangsläufig aus dem Spannungsverhältnis zwischen der innovativen und dynamischen Natur moderner Telemediendienste im Web 2.0 und dem schwerfälligen Gesetzgebungsprozess. Denn viele moderne Telemediendienste, man denke nur an soziale Netzwerke, sind durch die althergebrachten Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht ausreichend und oft wenig interessengerecht geregelt. Wo aber die AGB der Anbieter nicht von dem Gesetz abweichen, gelten in Deutschland genau diese - oft lange vor Entstehung auch nur des Internets - geschriebenen Normen.

Freilich mag man nun auf die Idee kommen die Nutzung eines Dienstes dann schlicht unter ein anderes Rechtsregime als das Deutsche zu stellen. Jedoch kann auch dies nur eine bruchstückhafte Lösung sein - denn jedenfalls zwingendes Verbraucherrecht gilt ungeachtet einer solchen Rechtswahl (siehe Art. 6 Abs. 2 S. 2 der ROM I Verordnung). Neben diesem rechtlichen Punkt wird oft aber vor allem ein strategischer Gesichtspunkt gegen die Wahl einer fremden Rechtsordnung sprechen: Für die Nutzer kann dies ein entscheidendes Hindernis für die Nutzung eines jungen Telemediendienstes sein. Mag dies auch für Facebook aufgrund seiner faktischen Monopolstellung kein Problem sein, so ist doch die Situation eines jungen, noch nicht etablierten Telemediendienstes hiermit nicht vergleichbar.

Die bessere Lösung dürfte es dabei in vielen Fällen sein eigene AGB nach deutschem Recht zu erstellen, die genau auf das Geschäftsmodell des jeweiligen Dienstes zugeschnitten sind und die - durchaus vorhandenen - rechtlichen Spielräume perfekt ausnutzen.

Datenschutzrechtliche Dimension

Darüber hinaus können die AGB eines Telemediendienstes entscheidende datenschutzrechtliche Implikationen haben. So kann zum Beispiel die Frage, welche Features - man denke insoweit nur an personalisierte Werbung - als explizite vertragliche Leistung des Anbieters gegenüber dem Nutzer qualifiziert werden, einen entscheidenden Einfluss auf die Zulässigkeit der Nutzung personenbezogener Daten des Nutzers für diese Features haben. Eine Kategorisierung als Leistung kann potentiell den Weg zu gesetzlichen Rechtfertigungstatbeständen ebnen und verhindern auf die - praktisch oft schwierige und jederzeit widerrufliche - Einwilligung des Nutzers angewiesen zu sein. Eine vor dem Hintergrund der sehr restriktiven Datenschutzbestimmungen des TMG für den Anbieter oft hochattraktive Möglichkeit.

Strategische Dimension

Letztlich zeigen die Reaktionen auf die neuen Facebook AGB auch einen weiteren Punkt sehr deutlich: Waren rechtswidrige oder unpassende AGB früher eher eine Frage des Wettbewerbsrechts und der Abmahnungen durch Verbraucherschutzverbände, so erhält das Thema im Zeitalter von „Shitstorms“ und ubiquitärem Internetzugriff eine ganz neue, strategische Dimension. Falls man die AGB falsch kommuniziert oder sich die Nutzer übergangen fühlen oder einseitig benachteiligt drohen erhebliche und unter Umständen irreparable Imageschäden.

Fazit

Bei der Gestaltung der AGB für junge, moderne Telemediendienste müssen technische, juristische und wirtschaftliche Fachleute eng verzahnt zusammenarbeiten, um die verschiedenen relevanten Gesichtspunkte abzudecken. Nur so können maßgeschneiderte AGB entstehen, die perfekt zum jeweiligen Dienst passen und das Verhältnis zwischen Dienstanbieter und Nutzer auf ein solides Fundament stellen. Auf Seiten der beteiligten Juristen sind dabei ein hohes technisches und wirtschaftliches Verständnis sowie eine genaue Kenntnis der Rechtsprechung im IT-Recht unerlässliche Voraussetzungen.

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