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OLG Düsseldorf lehnt Auskunfts­anspruch zur Berechnung des Ausgleichs­anspruchs nach § 89b HGB ab

21.02.2017

Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 27.01.2017, Az. I-16 U 171/15) hat als erstes Obergericht zu der kontrovers diskutierten Frage des Auskunftsanspruchs des Handelsvertreters bzw. Vertragshändlers zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB Stellung genommen. Das Urteil ist zu begrüßen.

Zum Hintergrund

Über lange Zeit entsprach es der Rechtslage in Deutschland, dass der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bzw. Vertragshändler auf der Grundlage seiner Provisionsverluste infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses berechnet wurde. Hierin sah der EuGH einen Verstoß gegen Art. 17 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 86/653/EWG. In seinem Urteil vom 26.03.2009 – C-348/07 stellte der EuGH fest, dass es nicht richtlinienkonform sei, den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters von vornherein durch seine Provisionsverluste infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu begrenzen, auch wenn die dem Unternehmer verbleibenden Vorteile höher zu bewerten sein sollten. Das Urteil führte zu einer Änderung des Wortlauts des § 89b HGB, welche allerdings die aus dem Urteil sich ergebenden Unsicherheiten hinsichtlich der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht beseitigten. Nach herrschender Meinung sollten in der Berechnung nach § 89b Absatz 1 Nr. 1 HGB in erster Linie die Unternehmervorteile berücksichtigt werden. Relevant sollten die Provisionsverluste im Rahmen der Billigkeitsabwägung des § 89b Absatz 1 Nr. 2 HGB sein. Dabei verblieben allerdings Unsicherheiten, wie nun die Unternehmervorteile zu berechnen bzw. zu beziffern waren. Die Rechtsprechung hilft sich mit der Erwägung, dass die Unternehmervorteile den Provisionsverlusten entsprechen, wenn der Handelsvertreter bzw. Vertragshändler nicht darlegt, dass die Unternehmervorteile höher sind als die Provisionsverluste. Zum Teil wurde daraus ein Auskunftsanspruch des Handelsvertreters bzw. Vertragshändlers auf Bezifferung der Unternehmervorteile nach § 242 BGB abgeleitet.

Problemdarstellung

Diese Unsicherheiten verführten manche Handelsvertreter und Vertragshändler dazu, bei Vertragsbeendigung Auskunft zu den erzielten Deckungsbeiträgen des Herstellers zu verlangen und bei Verweigerung dieser Auskunft den Höchstbetrag des Ausgleichsanspruchs nach § 89b Absatz 2 HGB zu fordern. Der Hersteller befand sich dann in der misslichen Lage, entweder Auskunft zu sensiblen Interna (die in der geforderten Form auch nicht immer bekannt sind) zu erteilen oder den ggf. nicht gerechtfertigten Höchstbetrag des Ausgleichsanspruchs zu zahlen. Ein solches Auskunftsrecht eines Handelsvertreters bzw. Vertragshändlers hätte ein nicht zu unterschätzendes Druckmittel gegenüber dem Hersteller dargestellt.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf hat nun einen solchen allgemeinen Auskunftsanspruch eines Vertragshändlers abgelehnt und damit dem oben dargestellten Vorgehen einen Riegel vorgeschoben. Das OLG geht zwar davon aus, dass dem Vertragshändler ein Auskunftsanspruch zustehen könne, allerdings nur dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Unternehmervorteile höher als die Provisionsverluste sein könnten.

Das OLG führt dementsprechend aus, dass der EuGH in seinem Urteil vom 26.03.2009 es abgelehnt habe, den Ausgleichsanspruch von vorneherein auf Provisionsverluste zu beschränken, selbst wenn ein höherer Unternehmervorteil feststünde. Der EuGH habe aber nicht bestimmt, dass der Unternehmervorteil nicht grundsätzlich anhand der Provisionsverluste ermittelt werden könne. Es verbleibe daher bei der grundsätzlichen Berechnung auf der Basis der Provisionsverluste, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände dafür sprechen, dass die Unternehmervorteile die Provisionsverluste übersteigen würden. Nur wenn der Handelsvertreter bzw. Vertragshändler darlege, dass eine abweichende Beurteilung zumindest plausibel ist, kann nach Treu und Glauben hierzu ein Auskunftsanspruch bestehen, nicht aber wegen einer bloß theoretischen Möglichkeit oder gar ins Blaue hinein als Druckmittel.

Fazit

Diese Entscheidung ist aus Sicht der Praxis zu begrüßen. Einerseits werden die Interessen des Handelsvertreters bzw. Vertragshändlers gewahrt, während der Hersteller sich nicht einem ungerechtfertigten Druckmittel in der Form pauschaler Auskunftsverlangen ausgesetzt sieht.

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