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Bittersüßes Urteil für Nestlé im „Kit Kat“-Fall

17.09.2015

Am 16. September 2015 hat der EuGH in dem Markenrechtsstreit hinsichtlich des „Kit Kat“-Riegels zwischen den Unternehmen Société des Produits Nestlé SA (Nestlé) und Cadbury UK Ltd. (Cadbury) sein Urteil gefällt (Rechtssache C-215/14).

In dem Widerspruchsverfahren zu Nestlés Anmeldung eines dreidimensionalen Zeichens in Form eines vierfach gerippten, mit Schokolade überzogenen Waffelriegels als Marke im Vereinten Königreich hatte der High Court of Justice (England & Wales) drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 (e) Ziff. (i) und (ii) der Richtlinie 2008/95/EG (Markenrechtsrichtlinie; MRRL) und den Nachweis einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft gemäß Art. 3 Abs. 3 MRRL betreffen.

Hinsichtlich der Frage, ob die Eintragungshindernisse in Art. 3 Abs. 1 (e) MRRL nebeneinander angewandt werden können, hat der EuGH festgehalten, dass das Art. 3 MRRL zugrundeliegende Allgemeininteresse darin bestehe, zu verhindern, dass dem Markenrechtsinhaber ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften von Waren eingeräumt wird, die der Benutzer auch bei denen der Mitbewerber suchen kann. Vor diesem Hintergrund seien die drei Eintragungshindernisse unabhängig von den anderen anzuwenden. In Übereinstimmung mit dem Generalanwalt sei die kumulative Anwendung also möglich, sofern eines der Hindernisse auf die fragliche Form voll anwendbar sei.

In Bezug auf die Frage, ob Art. 3 Abs. 1 (e) Ziff. (ii) MRRL („Form, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist“) allein die Funktionsweise der Ware erfasst, oder ob sie auch auf ihre Herstellungsweise anwendbar ist, hat der EuGH, anders als der Generalanwalt, festgestellt, dass die Bestimmung nur die Funktionsweise der Ware erfasse.

Schließlich hat der EuGH bezüglich des Nachweises, dass die Marke infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 3 MRRL erlangt hat, hervorgehoben, dass eine Marke durch ihre Unterscheidungskraft die von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnen muss. Der EuGH hat insofern entschieden, und dem Generalanwalt zugestimmt, dass der Anmelder, um Unterscheidungskraft infolge von Benutzung zu erreichen, nachweisen muss, dass die relevanten Verkehrskreise den Ursprung der Waren oder Dienstleistungen aus der angemeldeten Marke alleine, und nicht etwa aus einer anderen auch vorhandenen Marke (wie z.B. in diesem Fall die Marke „Kit Kat“ oder eine unterscheidungskräftige Verpackung), wahrnehmen.

Der EuGH hatte bereits, in seinem Urteil Hauck vom 18. September 2014, bestätigt, dass es unerheblich ist, ob mehrere der Eintragungshindernisse in Art. 3 Abs. 1 (e) MRRL auf das gleiche Zeichen anwendbar sind, solange ein einziges Hindernis auf das Zeichen voll anwendbar ist, so dass das Urteil diesbezüglich nicht überrascht. Die Entscheidung hinsichtlich des Nachweises einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft ist auch logisch: die angemeldete Marke sollte, um Eintragung zu erlangen, in und für sich unterscheidungskräftig für die relevanten Waren oder Dienstleistungen sein. Allerdings ging die Frage des vorlegenden Gerichts weiter. Das vorlegende Gericht hatte gefragt, ob der Markeninhaber nachweisen muss, dass sich die relevanten Verkehrskreise auf die Marke als Hinweis auf den Ursprung verlassen, was offensichtlich ein wesentlich strengerer Test ist als bloß der Ursprungshinweis. Dieses Vertrauenskonzept ist in einer Vielzahl von Fällen im Vereinigten Königreich aufgetreten und der vorlegende Richter selbst hat darauf hingewiesen, dass er diesen Test bevorzuge. Der EuGH hat jedoch scheinbar entschieden, diesem Konzept nicht zuzustimmen, und somit die Tür für nicht-traditionelle Marken weiterhin offengehalten.

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Gewerblicher Rechtsschutz

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