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Allen Unkenrufen zum Trotz: Keine arbeits­rechtliche Revolution im Profi­sport

30.03.2015

Die aktuelle Tagespresse berichtet aufgeregt über einen Profisportler, der es wagte, sein Recht vor dem Arbeitsgericht Mainz zu suchen und prophezeit das Ende des Profisports. Doch wie die Bosman-Entscheidung des EuGH nicht das Ende des Profifußballs war, wird auch die Causa „Müller“ nicht das Ende des Profisports in Deutschland herbeiführen. Was ist geschehen?

Im professionellen Leistungssport war es bisher gang und gäbe, befristete Arbeitsverträge (gerne auch im 2-, 3- oder 5-Jahresrhythmus aneinander gereiht) abzuschließen. Dies wurde mit der Eigenart der Arbeitsleistung (§14 Abs. 1 Nr. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) begründet: Wegen der mit zunehmendem Alter zu erwartenden körperlichen Defizite der Sportler und des Abwechslungsbedürfnisses des Publikums läge im Profisport ein sogenannter „Verschleißtatbestand“ vor (zuletzt LAG Nürnberg, Urteil v. 28.03.2006 – Az. 7 Sa 405/05).

Entscheidung des Arbeitsgerichts Mainz

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 19.03.2015 (Az. 3 Ca 1197/14) nun erneut bestätigt, dass auch Arbeitsverhältnisse von Spitzensportlern nur in den Grenzen des TzBfG rechtmäßig befristet werden können. Die Eigenart der Arbeitsleistung und die ungewisse Leistungsentwicklung eines Profifußballers rechtfertigen – so die Mainzer Richter – an sich keine Befristung des Arbeitsvertrags. Der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung, die bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, lag folgender Fall zugrunde:

Der Kläger war zunächst aufgrund eines auf drei Jahre befristeten Vertrages als Lizenzfußballer beim beklagten Bundesligaverein beschäftigt. Unmittelbar darauffolgend schlossen die Parteien erneut einen befristeten Vertrag für weitere zwei Jahre. Der beklagte Verein hatte wegen der – nach seiner Einschätzung – ungewissen Leistungserwartung des zu diesem Zeitpunkt bereits 34 jährigen Spielers keinen unbefristeten Vertrag angeboten. Außerdem – so der Verein weiter – seien befristete Verträge branchenüblich. Nachdem der Kläger im letzten Vertragsjahr kein Stammtorwart mehr war, bot man ihm keinen neuen Vertrag mehr an. Der Torwart erhob daraufhin eine sog. „Entfristungsklage“, mit der er feststellen lassen wollte, dass sein Arbeitsverhältnis infolge Unwirksamkeit der vorhergehenden Befristung als unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Das Arbeitsgericht Mainz gab ihm recht. Nach Auffassung des Gerichts gelten die allgemeinen Regeln für Arbeitsverhältnisse auch für Arbeitsverträge im Profisport. Die zuletzt vorgenommene Befristung sei daher unwirksam, das Arbeitsverhältnis bestehe vor folgendem Hintergrund unbefristet:

Eine sachgrundlose Befristung sei nicht mehr möglich gewesen, weil die Höchstdauer von zwei Jahren für eine Befristung ohne Sachgrund bereits überschritten war. Ein Sachgrund, wie ihn § 14 Abs. 1 TzBfG für eine weitere wirksame Befristung verlangt, habe der beklagte Fußballverein für den zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag nicht zur Überzeugung des Gerichts vorgetragen. (Dies galt wohl auch für andere, etwa in der Person liegende Sachgründe, wie etwa der eigene Befristungswunsch des Profispielers.)

Auswirkungen für die Praxis

Bereits in den vergangenen Jahren haben deutsche Arbeitsgerichte wiederholt darauf hingewiesen, dass der Profisport kein rechtsfreier Raum sei, der Sonderregeln beanspruchen könne. Profisportler sind nach gefestigter Rechtsprechung Arbeitnehmer ihres Vereins. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Mainz führt diese Rechtsprechung fort. Der Gesetzgeber gestattet befristete Arbeitsverträge nur bei Vorliegen sachlicher Gründe und ohne Sachgrund für längstens zwei Jahre.

Liest man die Pressemitteilung des Arbeitsgerichtes Mainz nur oberflächlich, könnte man tatsächlich befürchten, die Mainzer Richter wollten den Profisport auf den Kopf stellen: Falls die bisher branchenüblichen Befristungen wegen Verschleißes bzw. wegen der Eigenart der Leistungen unwirksam sind, bliebe auch im Profisport – von wenigen Ausnahmen abgesehen – im Ergebnis nur der klassische Weg der ordentlichen Kündigung unbefristeter Arbeitsverhältnisse. Das dürfte aber ein steiniger Weg werden. Denn verhaltensbedingte Kündigungen eines Profi-Sport-Arbeitsvertrags aufgrund willentlicher sportlicher Fehlleistungen dürften häufig am Nachweis eines bewussten Fehlverhaltens scheitern. Personenbedingte Kündigungen sind demgegenüber nur sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer die persönliche Eignung oder Fähigkeit nicht mehr besitzt, um die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Droht nun nach jedem verlorenen Laufduell, nach jeder vergebenen Torchance, jedem – vermeintlichen – Torwartpatzer eine Abmahnung bzw. die Kündigung? Dies können die Mainzer Richter nicht gewollt haben. Die Pressemitteilung legt bei genauem Lesen eher nahe, dass diese Entscheidung ein Weckruf an den Profisport sein will, nicht nur beim Sport selbst professionell zu sein, sondern auch bei der Vertragsgestaltung, -durchführung und -beendigung. Was spricht dagegen, bei den Vertragsgesprächen neben dem Gehalt, der Ablöse und einer Ausstiegsklausel auch sorgfältig über die Laufzeit und die Gründe einer regelmäßig beidseitig gewünschten Befristung zu beraten und diese Gründe dann auch im Vertrag festzuhalten?

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