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Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

21.01.2021

Lockdown, Quarantäne, Einschränkungen im beruflichen Alltag – die Corona-Krise macht das Arbeiten von zu Hause allgegenwärtig. Dies gilt umso mehr, nachdem die Bundesregierung in ihrer Kabinettssitzung am 20. Januar 2021 die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) verabschiedet hat. Die Corona-ArbSchV soll voraussichtlich am 27. Januar 2021 in Kraft treten und vorerst befristet bis zum 15. März 2021 gelten. Eine Zustimmung des Bundesrats ist nicht erforderlich, die Corona-ArbSchV stützt sich auf die Anordnungskompetenz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gemäß § 18 Abs. 3 ArbSchG.

Erweiterung der bestehenden Arbeitsschutzmaßnahmen

Angesichts eines weiterhin hohen Infektionsniveaus und des Risikos der Verbreitung von Mutationen mit noch höherem Ansteckungspotential sind nach Ansicht der Bundesregierung zusätzliche und zeitlich befristete Maßnahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes als Beiträge zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten erforderlich. Die Corona-ArbSchV ergänzt insoweit den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard, die dazugehörige SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel und die branchenspezifischen Handlungshilfen der Unfallversicherungsträger. Sie sieht folgende Vorgaben für Arbeitgeber vor (§§ 2, 3 Corona-ArbSchV):

  • Arbeitgeber werden bei „Büroarbeiten und vergleichbare Tätigkeiten“ verpflichtet, eine Beschäftigung im Home-Office anzubieten, soweit keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.
  • Für Beschäftigte, die nicht im Home-Office arbeiten können, haben die Arbeitgeber durch geeignete Maßnahmen den gleichwertigen Schutz sicherzustellen.
  • Betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen sind auf ein Minimum zu reduzieren und hierbei der Schutz der Beschäftigten durch geeignete Schutzmaßnahmen zu gewährleisten (Lüftungsmaßnahmen, Abtrennungen etc.).
  • In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten sollen möglichst kleine Arbeitsgruppen gebildet und - wenn möglich - zeitversetzt gearbeitet werden.
  • Für das Arbeiten im Betrieb müssen Arbeitgeber medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken zur Verfügung stellen, wenn Anforderungen an Räume oder Abstand aus bestimmten Gründen nicht eingehalten werden können.

Mindestabstände, Maskenpflicht und regelmäßiges Lüften gehören also weiterhin zu den wesentlichen Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz, werden aber nunmehr durch verbindlichere Vorgaben für eine Tätigkeit im Home-Office ergänzt. Arbeitgeber sind angehalten, ihren Beschäftigten eine Tätigkeit im Home-Office anzubieten, sofern zwingende betriebsbedingte Gründe nicht entgegenstehen. Welche das sind, muss der Arbeitgeber den zuständigen Arbeitsschutzbehörden auf Anfrage erklären. Die neuen Regelungen zum Home-Office beziehen sich ausdrücklich nur auf „Büroarbeiten und vergleichbare Tätigkeiten“. Arbeitsorte wie das Fließband oder die Supermarkt-Kasse bleiben somit ausgenommen. Zugleich besteht für die Arbeitnehmer keine Verpflichtung, das Angebot des Arbeitgebers anzunehmen und umzusetzen. Ebenso wenig ist ein subjektives Klagerecht von Beschäftigten auf Gewährung einer Tätigkeit im Home Office vorgesehen, wie sonst im Arbeitsschutzrecht üblich.

Entgegenstehende betriebsbedingte Gründe

Welche entgegenstehenden betriebsbedingten Gründe vom Arbeitgeber angeführt werden können, gibt die Corona-ArbSchV leider nicht vor. Denkbar wäre z. B. das Fehlen einer hinreichenden digitalen Grundausstattung (keine ausreichende Anzahl an Laptops oder fehlende Internetverbindung am Heimarbeitsplatz). Arbeitgeber sind jedoch gut beraten, bei Zweifeln über das Vorliegen derartiger Gründe angesichts ihrer etwaigen Darlegungspflicht frühzeitig den Austausch mit den zuständigen Arbeitsschutzbehörden zu suchen.

Entgegen dem ersten, sehr viel strengeren Entwurf, der bspw. Regelungen zu Ordnungswidrigkeiten und Bußgeldern sowie erweiterte Befugnisse für die Arbeitsschutzbehörden vorsah, lassen sich der Corona-ArbSchV keine spezifischen Rechtsfolgen entnehmen. Dies überrascht nicht: Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Arbeitnehmer zunächst mit ihrem Arbeitgeber sprechen oder sich im Zweifelsfall an den Betriebsrat wenden. Erst im „äußersten Konfliktfall“ sollen die zuständigen Arbeitsschutzbehörden kontaktiert werden.

Fazit: Home-Office-Pflicht Light

Mit der Corona-ArbSchV schafft die Bundesregierung eine „Home-Office-Pflicht Light“. Obgleich Beschäftigte nicht ins Home-Office gezwungen werden können und Arbeitgeber nicht in jedem Fall verpflichtet sind, eine Tätigkeit im Home-Office zu ermöglichen, ist jedoch allein schon angesichts der allgegenwärtigen Präsenz dieses Themas mit einem weiteren Zuwachs an Home-Office-Arbeit zu rechnen. Die Corona-ArbSchV hat damit eine weitere Dimension: Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen eine Vereinbarung bezüglich der Tätigkeit im Home-Office treffen, bspw. durch Ergänzung des Arbeitsvertrags. Hierbei stellen sich für den Arbeitgeber eine Vielzahl an arbeits- und datenschutzrechtlichen Fragen sowie mitbestimmungsrechtliche Themen, die es für eine rechtssichere Ausgestaltung von Home-Office zu bewältigen gilt.

Arbeitsrecht
Corona Task Force

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