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Effektiverer Schutz von Geschäfts­geheimnissen – Regierungs­entwurf zur Umsetzung europa­rechtlicher Vorgaben

25.07.2018

Die Bundesregierung hat am 18. Juli 2018 einen Gesetzesentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung beschlossen. Das Gesetz dient der Umsetzung der europäischen Richtlinie (EU) 2016/943 vom 8. Juni 2016, die zur Etablierung eines europaweit einheitlichen Mindestschutzes von Geschäftsgeheimnissen verabschiedet wurde.

Inhalt des Gesetzesentwurfs

Zentraler Inhalt des Gesetzesentwurfes ist die Herstellung eines konsequenten Schutzes vor rechtswidriger Erlangung, rechtswidriger Nutzung und rechtswidriger Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen. Der Entwurf sieht dabei insbesondere Folgendes vor:

  • Personen, deren Geschäftsgeheimnisse unerlaubt erlangt, genutzt oder offenbart werden, können zivilrechtliche Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und Auskunft geltend machen. Daneben können Betroffene grundsätzlich die Herausgabe, den Rückruf, die Vernichtung und die Entfernung sowie Rücknahme vom Markt von Dokumenten, Gegenständen, elektronischen Dateien oder rechtsverletzenden Produkten verlangen.
  • Weiterhin sieht der Gesetzesentwurf eine Haftung des Rechtsverletzers auf Schadensersatz vor. Bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzes kann auch der Gewinn berücksichtigt werden, den der Rechtsverletzer durch die Rechtsverletzung erlangt hat. Daneben kann die Schadenshöhe auch auf der Grundlage des Betrags bestimmt werden, den der Rechtsverletzer als angemessene Vergütung an den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses hätte entrichten müssen. Auch der Ersatz immateriellen Schäden wird im Gesetzesentwurf vorgesehen.
  • Schließlich können Geschäftsgeheimnisse zukünftig bei Einreichung einer Klage auf Antrag einer Partei als geheimhaltungsbedürftig eingestuft werden. Dadurch soll der Personenkreis mit Zugang zu den entsprechenden Dokumenten begrenzt und eine Offenbarung in gerichtlichen Verfahren verhindert werden. Hiermit wird der wesentliche Nachteil des bisher geltenden Rechts beseitigt, denn die gerichtliche Durchsetzung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen erforderte bislang die Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses, was häufig den entstandenen Schaden nur vertieft hat..
  • Der Gesetzesentwurf benennt allerdings auch zahlreiche Konstellationen, in denen die neuen Schutzrechte nicht greifen. Ein Geschäftsgeheimnis darf gem. § 3 Abs. 2 des Entwurfs beispielsweise genutzt oder offengelegt werden, wenn dies durch Gesetz, auf Grund eines Gesetzes oder durch Rechtsgeschäft gestattet ist. Außerdem sieht § 5 des Entwurfs Rechtfertigungsgründe vor, die die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zum Schutz berechtigter Interessen ausnahmsweise gestatten und die im Einzelfall beispielswiese Journalisten oder Whistleblowern zugutekommen können.
  • In Abgrenzung zu anderweitigen Rechtsvorschriften zum Geheimnisschutz stellt der Entwurf außerdem klar, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften, die den Schutz von Geschäftsgeheimnissen betreffen, vorranging zu beachten sind. Dies gilt beispielsweise auch für solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die den Geheimnisschutz zu Gunsten öffentlicher Interessen teilweise zurückstellen, wie etwa das Verbraucherinformationsgesetz (VIG).
  • Im vierten Abschnitt des Gesetzesentwurfes finden sich Straftatbestände, die sich an den bisherigen Tatbestände in den §§ 17 bis 19 UWG orientieren und die den Inhabern von Geschäftsgeheimnissen im Einzelfall einen flankierenden Schutz bieten können.

Bewertung und Ausblick

Der zentrale Diskussionspunkt der letzten Monate bezog sich auf die Frage, inwiefern die geplante Umsetzung der Richtlinie einen ausreichenden Schutz für Whistleblower und investigativen Journalismus bieten kann. Ob die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Rechtfertigungsgründe etwaige Konflikte zwischen Whistleblowern bzw. Journalisten einerseits und dem jeweiligen Geheimnisträger andererseits hinreichend auflösen können, wird sich in Zukunft zeigen.

Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass der Nachweis eines aktiven Schutzes der Geschäftsgeheimnisse erforderlich ist, um die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Ansprüche geltend machen zu können. Wer keine aktiven Bemühungen unternimmt, um seine Rezepturen, technischen Verfahrensweisen, kaufmännischen Kalkulationsgrundlagen oder sonstiger Geschäftsgeheimnisse angemessen zu schützen, wird absehbar Schwierigkeiten bekommen. Die Implementierung und Dokumentation entsprechender Maßnahmen wird deshalb in der Praxis künftig an Bedeutung gewinnen.

Insbesondere vertragliche Geheimhaltungsverpflichtungen sind nach dem Gesetzesentwurf geeignet, „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ zu implementieren. Der vertragliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen wird daher künftig nicht etwa entbehrlich. Vielmehr können vertraglich installierte Geheimhaltungsverpflichtungen nach Maßgabe des Gesetzes nicht nur den Geheimnisschutz deutlich erweitern, sondern gerade auch den Anwendungsbereich des neuen Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen eröffnen.

Die Frist zur Umsetzung der europäischen Richtlinie ist bereits im Juni abgelaufen. Das Inkrafttreten des Gesetzes wird daher noch in diesem Jahr erwartet.

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