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Grundsteuerreform: Bundesregierung startet offiziell das Gesetzgebungsverfahren

11.07.2019

Grundsteuerreform: Bundesregierung startet offiziell das Gesetzgebungsverfahren


In der letzten Juni-Woche wurde der Regierungsentwurf zur Grundsteuerreform veröffentlicht, dem die Einigung im Koalitionsausschuss am 16.6.2019 über die wichtigsten Eckpunkte der Reform vorausgegangen war. die Bis zum Schluss wurde darüber diskutiert, ob die neuen Grundstückswerte für die Grundsteuer nach einem wertabhängigen oder einem wertunabhänigen Berechnungsmodell ermittelt werden sollen.

Der nun gefundene Kompromiss lässt im Ergebnis beide Berechnungsmodelle zu („Sowohl-als-auch-Lösung“). Grundsätzlich enthält der Gesetzentwurf für die Grundstückswertermittlung weiterhin ein wertabhängiges Modell, das in ganz Deutschland anzuwenden ist. Jedoch sollen gleichzeitig die Bundesländer die Möglichkeit der Einführung von eigenen - auch wertunabhängigen - Bewertungsmodellen für die Festsetzung der Grundsteuer in ihrem Bundesland erhalten (sog. „Öffnungsklausel“).

Aus diesem Grund besteht die Grundsteuerreform nicht nur aus einem Gesetzentwurf, sondern aus einem Paket von Gesetzentwürfen. Neben dem eigentlichen Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform, in dem im Kern die Bewertungsregelungen geändert werden, und dem für die Einführung der Öffnungsklausel notwendigen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes gibt es noch einen dritten Gesetzentwurf, durch den baureife Grundstücke für die Bebauung mobilisiert werden sollen. Hierdurch soll den Kommunen die Möglichkeit der Erhebung einer Grundsteuer C eingeräumt werden. Abgerundet wird das Gesetzespaket außerdem noch durch den Entwurf einer Verordnung zur Durchführung des § 254 BewG, in der die - für das Ertragswertverfahren erforderliche - gemeindebezogene Einordnung in die jeweilige Mietniveaustufe erfolgt.

Hintergrund und Ziele des Gesetzgebungsverfahrens


Die Grundsteuerreform wird notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 10.4.2018 (z. B. 1 BvL 11/14) entschieden hat, dass die als Bemessungsgrundlage der Grundsteuer dienende Einheitsbewertung von Grundvermögen in den alten Bundesländern seit 2002 verfassungswidrig ist. In dem Urteil hat das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31.12.2019 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Gleichzeitig lässt das BVerfG eine Weiteranwendung der verfassungswidrigen Einheitswerte spätestens bis zum 31.12.2024 zu, wenn der Gesetzgeber die Grundstücksbewertung reformiert. Um eine lückenlose Erhebung der Grundsteuer auf Basis der Einheitswerte als wichtige Einnahmequelle der Kommunen im 5-jährigen Übergangszeitraum bis 2024 zu gewährleisten, ist eine Verkündung der Grundsteuerreform im Jahr 2019 unumgänglich. Damit drängt die Zeit für den Gesetzgeber, das Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abzuschließen.

An der grundsätzlichen Struktur der Erhebung der Grundsteuer soll festgehalten werden. Derzeit wird die Grundsteuer in zwei Varianten erhoben. Auch künftig knüpft die Grundsteuer an den Steuergegenständen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) und Grundstücke (Grundsteuer B) an. Auch am System der Hauptfeststellung, Wertfortschreibung und Nachfeststellungen wird festgehalten. Die grundsätzlichen Bewertungsverfahren bleiben weiter das Ertrags- und das Sachwertverfahren, deren Ermittlung allerdings grundlegend überarbeitet werden. Zudem wird der Begriff „Einheitswert“ durch „Grundsteuerwert“ ersetzt.

Ziel einer aufkommensneutralen Reform


Damit bleibt es auch wie bisher dabei, dass sich die Grundsteuer aus der Multiplikation der Grundstückswerte mit einer Steuermesszahl und einem Hebesatz der Kommune ermittelt. Vorrangiges Ziel der Grundsteuerreform ist damit die Reform der Grundstücksbewertung, wobei die Reform zudem nicht zu einer strukturellen Erhöhung des Grundsteueraufkommens von derzeit ca. 14,8 Mrd. Euro führen soll. Daher müssen die Steuermesszahlen an die durch die Reform erhöhten Grundstückswerte angepasst werden.

Allerdings bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass das Ziel der Einhaltung einer aufkommensneutralen Grundsteuerreform nicht unbedingt bedeutet, dass niemand schlechter gestellt wird. Auch wenn es gelingt, das Grundsteueraufkommen in der Summe konstant zu halten, wird es durch die Reform Gewinner und Verlierer geben. Zudem liegt die Einhaltung des Ziels der Nichterhöhung des Grundsteueraufkommens nicht allein im Einflussbereich des Gesetzgebers, da die Kommunen mit der Festlegung des Hebesatzes einen erheblichen Einfluss auf die Höhe der Grundsteuer haben. Aus diesem Grund wird in der Gesetzesbegründung lediglich an die Kommunen appelliert, die aus der Neubewertung des Grundbesitzes resultierenden Belastungsverschiebungen durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen.

Verwaltungsaufwand

Ferner ist zu beachten, dass mit dieser Reform ein erheblicher Verwaltungsaufwand sowohl für die Steuerpflichtigen als auch auf die Finanzbehörden und Kommunen zukommt, da es hier um die Neubewertung von geschätzten 36 Mio. Grundstücken geht. Unterstellt man beispielsweise durchschnittliche Kosten von 500 Euro pro zu bewertenden Grundstück für alle Beteiligten, kostet die Reform ca. 18 Mrd. Euro. Daher ist nicht auszuschließen, dass zumindest teilweise die Kosten der Neuerhebung durch ein höheres Grundsteueraufkommen auf die Steuerzahler umgelegt werden.

Weiterer Gang des Gesetzgebungsverfahrens

Da die Zeit bis zur Verkündung der einzelnen Gesetzentwürfe zum Jahresende drängt, wurden am 25.6.2019 die Gesetzentwürfe als sog. Fraktionsentwürfe von CDU/CSU und SPD in den Bundestag eingebracht und am 27.6.2019 in die Ausschüsse des Bundestags zur weiteren Beratung verwiesen. Bereits am 11.9.2019 sind zwei öffentliche Sachverständigenanhörungen im Finanzausschuss des Bundestags terminiert. In der ersten Anhörung geht es um die Grundgesetzänderung u.a. zur Öffnungsklausel (BT-Drs. 19/11084), während sich die zweite Anhörung mit der eigentlichen Grundsteuerreform (BT-Drs. 19/11085) und der Einführung der Grundsteuer C (BT-Drs. 19/11086) beschäftigt. Parallel zur Bearbeitung im Bundestag wurden die Entwürfe an den Bundesrat zur Stellungnahme übersandt, die am 20.9.2019 erwartet wird. Auf die Vorschläge des Bundesrats in der Stellungnahme muss anschließend noch die Bundesregierung in ihrer Erwiderung Stellung nehmen. Im Herbst 2019 werden dann die Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses des Bundestags erwartet, die wiederum die Basis für die finalen Abstimmungen der Gesetzentwürfe in Bundestag und Bundesrat bilden.

Allgemeine Änderungen durch das GrStRefG und Anwendungsregelungen


Die Grundsteuer soll erstmals im Kalenderjahr 2025 nach den neuen Grundstückswerten erhoben werden. Am grundsätzlichen Erhebungsverfahren der Grundsteuer ändert sich durch die Grundsteuer-Reform nichts. Es bleibt wie bisher beim dreistufigen Konzept.

                                                  


Im ersten Schritt erfolgt die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts, d.h. des neuen Grundsteuerwerts anstatt bisher des Einheitswerts (Feststellungsverfahren). Dies erfolgt durch eine Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022, § 266 Abs. 1 BewG-E. In einem zweiten Schritt erfolgt unter Zugrundelegung des festgestellten Grundsteuerwerts die Veranlagung des Steuermessbetrags (Hauptveranlagung 2025) auf den 1.1.2025, § 36 Abs. 1 GrStG-E. Anschließend wird im dritten Schritt durch die Kommune die Grundsteuer festgesetzt, indem auf den Steuermessbetrag der gemeindespezifische Hebesatz zur Anwendung kommt (Festsetzung).

Änderung der Steuermesszahlen bei der Grundsteuer


Um das Ziel eines gleichbleibenden Steueraufkommens zu erreichen, werden wegen der Erhöhung der Grundsteuerwerte gleichzeitig die Steuermesszahlen gemindert. Bisher und bis 2024 lauten die Steuermesszahlen für Grundstücke nach § 15 GrStG grundsätzlich 0,35%, während für Ein- und Zweifamilienhäuser verringerte Steuermesszahlen gelten. Ab dem 1.1.2025 ist für alle Grundstücksarten eine einheitliche Steuermesszahl in Höhe von 0,034% geplant, § 15 GrStG-E.

Die Steuermesszahl für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft wird von derzeit 0,6% (bis 2024) auf künftig 0,055% gemindert, § 14 GrStG-E.

Die Steuermesszahl kann sich künftig um 25% ermäßigen, wenn ein Förderbescheid nach dem Wohnraumförderungsgesetz vorliegt und die Förderkriterien eingehalten werden, § 15 Abs. 2 GrStG-E. Die Ermäßigung soll auch für Grundstücke gelten, die nach den Wohnraumförderungsgesetzen der Länder gefördert werden, § 15 Abs. 3 GrStG-E. Zu einer Minderung der Steuermesszahl um 25% kommt es auf Antrag außerdem, wenn das jeweilige Grundstück einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft, einer Wohnungsbaugesellschaft von Gebietskörperschaften oder einer Wohnungsbaugenossenschaft und oder eines Wohnungsbauvereins zugerechnet wird, § 15 Abs. 4 GrStG-E.

Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A)


Bei der Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) bleibt es gemäß §§ 236 bis 242 BewG-E bei einem Ertragswertverfahren, das jedoch vereinfacht und typisiert wird, insbesondere durch eine standardisierte Bewertung der Flächen und Hofstellen, um auf eine einzelbetriebliche Differenzierung und Abgrenzung des Grunds und Bodens zu verzichten.

Bewertung bei Grundstücken (Grundsteuer B)


Bei der Bewertung der Grundstücke wird zwischen der Bewertung unbebauter und bebauter Grundstücke unterschieden. Bezüglich der Bewertung der bebauten Grundstücke kommt entweder das Ertragswertverfahren oder das Sachwertverfahren zur Anwendung, § 250 Abs. 1 BewG-E. Welches der Verfahren zur Anwendung kommt, hängt von der Art des zu bewertenden Grundstücks ab.

In beiden Berechnungsvarianten ist bei der endgültigen Festsetzung des Grundsteuerwerts der Mindestwert zu beachten, der zum Ansatz kommt, wenn er höher als der nach dem Ertragswert- oder dem Sachwertverfahren ermittelte Wert ist. Der Mindestwert beträgt 75% des Werts des Bodenwerts, d.h. des Werts des Grund und Bodens bei der Bewertung als unbebautes Grundstück, § 251 Satz 1 BewG-E.

Mit den so ermittelten Werten sind die Werte für Grund und Boden, die Gebäude, die baulichen Anlagen, insbesondere Außenanlagen, und die sonstigen Anlagen abgegolten, § 252 Satz 2 BewG-E bzw. § 258 Abs. 3 Satz 3 BewG-E.

Bewertung unbebauter Grundstücke (§§ 246, 247 BewG-E)


Die Bewertung unbebauter Grundstücke (§ 246 BewG-E) bestimmt sich aus der Multiplikation ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten, § 247 Abs. 1 BewG-E. Die Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen auf den Hauptfeststellungzeitpunkt zu ermitteln, zu veröffentlichen und den zuständigen Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln, § 247 Abs. 2 BewG-E. Wird von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert auf den Hauptfeststellungszeitpunkt ermittelt, ist der Wert des unbebauten Grundstücks aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten, § 247 Abs. 3 BewG-E.

Bewertung bebauter Grundstücke nach dem Ertragswertverfahren (§§ 248 bis 257 BewG-E)


Der Grundsteuerwert für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum ist zwingend nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln, § 250 Abs. 2 BewG-E.
Im Ertragswertverfahren ermittelt sich der Grundsteuerwert nach § 252 BewG-E aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags (§ 253 BewG-E) und des abgezinsten Bodenwerts (§ 257 BewG-E).

Die konkrete Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren stellt sich vereinfacht wie folgt dar:

                                             

a) Bewertung bebauter Grundstücke nach dem Sachwertverfahren (§§ 258 bis 260 BewG-E)


Im Sachwertverfahren wird der Grundsteuerwert für Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke ermittelt, § 250 Abs. 3 BewG-E.

Das Berechnungsschema lässt sich vereinfacht wie darstellen:

                                             

Erlass der Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung


Ferner sieht auch das neue Grundsteuerrecht einen Erlass der Grundsteuer um 25 % vor, wenn der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 % gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Dies gilt bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft nach § 33 GrStG-E und bei bebauten Grundstücken nach § 34 GrStG-E.

Einführung der Öffnungsklausel für eine Landes-Grundsteuer im Grundgesetz


Im Rahmen der Grundsteuerreform wird ein wertabhängiges Bewertungsmodell eingeführt, da die Grundsteuerwerte nach dem reformierten BewG unter anderem von den Bodenrichtwerten und den Erträgen bzw. Herstellungskosten abhängig sind.

Damit bestimmte Bundesländer statt dem allgemein geltenden wertabhängigen Bewertungsmodell auch ein wertunabhängiges Bewertungsmodell verwenden können, sieht ein weiteres Gesetzgebungsverfahren die Einführung einer Öffnungsklausel im Grundgesetz vor. Danach ist ein abweichendes Landesrecht zur Erhebung der Grundsteuer frühestens für Zeiträume ab dem 1.1.2025 möglich, Art. 125b GG-E.

Außerdem wird in diesem Gesetzgebungsverfahren die uneingeschränkte konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts ohne die besonderen Voraussetzungen des Artikels 72 Absatz 2 GG begründet. Hierdurch soll die Frage der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die notwendige Reform des Grundsteuer- und des Bewertungsgesetzes untermauert werden.

Möglichkeit der Einführung einer Grundsteuer C


In einem eigenen Gesetzentwurf soll für die Gemeinden in einem neuen § 25 Abs. 5 BewG-E die Möglichkeit geschaffen werden, in Gebieten mit besonderem Wohnraumbedarf auf baureife Grundstücke einen gesonderten Hebesatz festzusetzen. Dieser für die baureifen Grundstücke gesondert festgesetzte Hebesatz gilt dann einheitlich für alle in der Gemeinde liegenden baureifen Grundstücke, die sog. Grundsteuer C.

Als baureife Grundstücke werden unbebaute Grundstücke definiert, die nach Lage, Form und Größe und ihrem sonstigen tatsächlichen Zustand sowie nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften sofort bebaut werden könnten. Eine erforderliche, aber noch nicht erteilte Baugenehmigung sowie zivil-rechtliche Gründe, die einer sofortigen Bebauung entgegenstehen, sind unbeachtlich.

Die genaue Bezeichnung der baureifen Grundstücke und deren Lage sind jeweils nach den Verhältnissen zu Beginn eines Kalenderjahres von der Gemeinde zu ermitteln, in einer Karte nachzuweisen und im Wege einer Allgemeinverfügung öffentlich bekannt zu geben. In der Allgemeinverfügung ist auch der besondere Wohnraumbedarf zu begründen.

Die Grundsteuer C soll erstmals bei der Hauptveranlagung auf den 1.1.2025 anzuwenden sein, § 37 Abs. 3 BewG-E.

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