News

Krisenvorsorge 2.0

03.09.2019

„Nach der Krise ist vor der Krise“ möchte man sagen, nachdem die Weltwirtschaftskrise aus 2009 bewältigt schien und nun erneut dunkle Wolken am Horizont aufzuziehen scheinen. Erst Brexit und Strafzölle, dann auch noch der Beginn eines generellen konjunkturellen Abschwungs. Und nicht zu sprechen von strukturellen Herausforderungen durch Digitalisierung, Energiewende, E-Mobilität und mehr. Unternehmen haben es zurzeit nicht leicht. Um den Arbeitsmarkt angesichts dieser Herausforderungen für eine mögliche Krise zu rüsten, plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ein sog. „Arbeit-von-morgen-Gesetz“, das noch in diesem Herbst im Bundestag behandelt werden soll. Im Kern geht es dabei um eine Vereinfachung und Lockerung der Regelungen zum Kurzarbeitergeld und um die Förderung der Weiterbildung - beides Maßnahmen zum Erhalt der Arbeitsplätze von morgen.

Bislang liegt hierzu lediglich ein Konzeptpapier vor, noch kein Gesetzentwurf. Angeknüpft wird darin an das „Qualifizierungschancengesetz“, über das wir berichtet hatten. Als „zweite Förderlinie“ soll durch das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ allerdings künftig vermehrt Kurzarbeit auch mit Qualifikationsmaßnahmen verbunden werden. Geplant ist sinngemäß Folgendes:

  • Unternehmen, die vom Strukturwandel (insbesondere Digitalisierung, Energiewende, E-Mobilität) betroffen sind, sollen höhere Zuschüsse zur Weiterbildung ihrer Beschäftigten erhalten. Geplant ist ein sog. „Transformationszuschuss“, der Unternehmen aller Größen zugänglich ist.

  • Ergänzt wird er durch die sog. „Perspektivqualifizierung“: Die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern, die an sich keine Weiterbeschäftigungsperspektive im Unternehmen haben, soll durch Bezuschussung von Weiterbildungsmaßnahmen und Lohn gefördert werden.

  • Bei Nutzung einer Transfergesellschaft im Rahmen eines Personalabbaus soll in ihr eine längere Weiterbildung ermöglicht werden. Dafür sollen die bestehenden Regelungen zum Transferkurzarbeitergeld entsprechend gelockert werden.

  • Zudem sollen Instrumente, die schon 2009 erfolgreich zur Abfederung der damaligen Weltwirtschaftskrise genutzt wurden, in veränderter Form noch einmal zum Einsatz kommen:

    o Der Zugang zum Kurzarbeitergeld soll vereinfacht und die Bezugsdauer verlängert werden.

    o Beziehen Arbeitnehmer in einer Konjunkturkrise Kurzarbeitergeld und besuchen dabei eine Weiterbildungsmaßnahme, sollen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung vom Staat übernommen werden können. Voraussetzung hierfür soll jedoch ein mit dem Betriebsrat vereinbarter Qualifizierungsplan sein.

  • Zur Förderung der individuellen Marktchancen von Arbeitslosen und Arbeitnehmern soll zudem ein Rechtsanspruch (i) auf Nachholung eines Berufsabschlusses und (ii) auf finanzielle Förderung durch die Agentur für Arbeit eingeführt werden.

Neben diesen Maßnahmen soll der Gesetzentwurf darüber hinaus eine Verordnungsermächtigung vorsehen, die der Bundesregierung unbürokratisch und schnell weitere Lockerungen bezüglich der Förderung durch Kurzarbeitergeld ermöglicht.

Die Sozialpartner (DGB und BDA) haben sich grundsätzlich positiv geäußert. Abzuwarten bleibt aber, wie das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ konkret ausgestaltet sein wird und ob es als Krisenvorsorge 2.0 auch eine Wirtschaftskrise 2.0 in der Arbeitswelt 4.0 erfolgreich abfedern kann. Wir werden darüber berichten. Klar dürfte allerdings sein, dass diese Maßnahmen allein nicht reichen werden, sondern Unternehmen ebenfalls vorsorgen müssen. Selbst wenn die Bundesagentur für Arbeit dadurch ein wenig den Anstrich einer „Bundesagentur für Weiterbildung“ (so Hilmar Schneider, Direktor des Bonner Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit) erhält, kann sie allenfalls unterstützen. Die unternehmenseigene Qualifizierung und Weiterbildung bleibt auch als Krisenvorsorgemaßnahme wichtig. Die wichtigsten aktuellen Rahmenbedingungen hierfür haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Arbeitsrecht

Share