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Transparenz­register International: Die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten in multi­nationalen Gruppen­strukturen

05.03.2020

Meldepflicht zum Transparenzregister gilt EU-weit und darüber hinaus – Erhebliche Unterschiede bei den Kriterien für die wirtschaftliche Berechtigung in den Mitgliedstaaten

Ein Großteil der deutschen Unternehmen ist mittlerweile regelmäßig in einer Vielzahl von Ländern aktiv. Üblicherweise erfolgt die Geschäftstätigkeit im Ausland dabei durch lokale Zweigniederlassungen oder mittels selbständiger Tochtergesellschaften, die ihren Sitz in dem jeweiligen Land haben und die unmittelbar oder mittelbar unter einer Muttergesellschaft mit Sitz in Deutschland angesiedelt sind. In diesen Fällen ist besondere Vorsicht geboten bei der Erfüllung der Pflichten dieser Tochtergesellschaften zur Meldung ihres wirtschaftlich Berechtigten ("WB") an das Transparenzregister. Denn zum einen hat die Meldung des WB hier an das Transparenzregister des Staates zu erfolgen, in dem die jeweilige Tochtergesellschaft ihren Sitz hat. Zum anderen richtet sich auch die Ermittlung des WB in diesen Fällen grundsätzlich nach ausländischem Recht. Die Vorschriften zur Ermittlung des WB unterscheiden sich dabei von Land zu Land teils erheblich. Betroffene Gesellschaften dürfen sich nicht darauf verlassen, dass die Person(en), die in Deutschland als WB ermittelt wurde(n), auch nach ausländischem Recht als WB der ausländischen Tochter anzusehen sind.

Internationale Pflichten zur Ermittlung des WB

Mit der 4. EU-Geldwäscherichtlinie ("4. GW-RL") wurde die EU-weite Pflicht zur Eintragung des WB in ein Transparenzregister eingeführt. Inzwischen haben nahezu alle EU-Mitgliedstaaten sowie die Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums ("EWR"), Norwegen, Island und Liechtenstein, die 4. GW-RL in nationales Recht umgesetzt und ein nationales Transparenzregister geschaffen. Daneben haben auch einige weitere osteuropäische Staaten die 4. GW-RL oder Teile davon auf Basis individueller Verträge mit der EU in nationales Recht umgesetzt. Dies betrifft insbesondere Serbien, als EU-Beitrittskandidat, sowie bspw. die Ukraine und die Republik Moldau als Vertragsstaaten des Eastern Partnership ("EaP"). Aber auch in einigen asiatischen Staaten, wie beispielsweise der Volksrepublik China, Hong Kong, Singapur und Indien, bestehen vergleichbare Pflichten zur Ermittlung und Mitteilung des WB oder der sog. "Person with Significant Control".

Offener Wortlaut der 4. GW-RL in Bezug auf den WB

Der relativ offene Wortlaut der 4. GW-RL hat dazu geführt, dass diese in den betroffenen Staaten nicht einheitlich umgesetzt wurde.
Die 4. GW-RL stellt für die Stellung einer natürlichen Person als WB einer Gesellschaft darauf ab, ob diese im Eigentum oder unter der Kontrolle der natürlichen Person steht. Zur Bestimmung der Kriterien für das Vorliegen von Kontrolle kann nach der 4. GW-RL insbesondere auf Artikel 22 Abs. 1 bis 5 der Bilanzrichtlinie (Richtlinie 2013/34/EU) zurückgegriffen werden. Die 4. GW-RL stellt aber klar, dass dieser Verweis nicht abschließend ist. Die Kriterien der Bilanzrichtlinie entsprechen im Wesentlichen denen des § 290 Abs. 2 HGB, wonach für das Bestehen eines beherrschenden Einflusses – und damit einer Kontrolle – eine aktive Steuerungsmöglichkeit bei der betreffenden Gesellschaft, bspw. mittels einer Stimmrechtsmehrheit, erforderlich ist. Welche Kriterien darüber hinaus zu einer Kontrolle führen sollen, bleibt nach dem Wortlaut der 4. GW-RL aber unklar.

Klar ist dagegen der Zweck der Vorschriften zur Ermittlung des WB: Ermittelt werden soll diejenige Person, die tatsächlich Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung betreiben kann, die also dafür sorgen kann, dass in ein Unternehmen eingeschleustes illegales Geld auch als "gewaschenes" Geld wieder bei ihr ankommt. Dafür ist grundsätzlich die Beherrschung der Zahlungsströme innerhalb eines Unternehmens notwendig, wie sie jedenfalls bei einer Stimmrechtsmehrheit bei der betreffenden Gesellschaft möglich sein dürfte.

Dabei ist zu beachten, dass sich die Ermittlung des WB einer ausländischen Gesellschaft vollständig nach dem Recht des Sitzstaates dieser Gesellschaft richtet. Auch die Beurteilung der Eigentums- und Kontrollverhältnisse der deutschen Muttergesellschaft richtet sich für die Zwecke der Ermittlung des WB einer ausländischen Tochter nach ausländischem Recht.

Erhebliche Unterschiede bei der Umsetzung der 4. GW-RL

In der Praxis haben sich europaweit unterschiedliche Maßstäbe etabliert, anhand derer ermittelt wird, wann eine natürliche Person Kontrolle auf eine Gesellschaft ausüben kann und damit als WB dieser Gesellschaft in Frage kommt. Diese können im Wesentlichen in drei Kategorien unterteilt werden:

Nach einem eher formellen Ansatz (bspw. in Frankreich, Estland oder seit der Änderung der Verwaltungspraxis der lokalen Behörden auch in Belgien) soll eine natürliche Person bereits dann WB einer lokalen Gesellschaft sein, wenn sie mittelbar eine Kapitalmehrheit bei der lokalen Gesellschaft hält.

Dagegen ist nach einem materiellen Ansatz (bspw. in Schweden, Polen oder Tschechien) für die Stellung einer natürlichen Person als WB einer lokalen Gesellschaft notwendig, dass die natürliche Person (mittelbar) beherrschenden Einfluss auf die lokale Gesellschaft ausüben kann. Dies ist im Regelfall nur dann gegeben, wenn die natürliche Person auch beherrschenden Einfluss auf sämtliche Zwischengesellschaften ausüben kann, über welche die natürliche Person an der lokalen Gesellschaft beteiligt ist. Das Bestehen eines beherrschenden Einflusses setzt dabei regelmäßig voraus, dass die natürliche Person eine Stimmrechtsmehrheit oder vergleichbare Kontrollmöglichkeiten auf jeder Beteiligungsebene hat.

Schließlich verfolgen einige Mitgliedstaaten einen weiten materiellen Ansatz. Danach ist eine natürliche Person nicht nur in solchen Fällen WB, in denen sie eine Kapitalmehrheit oder einen beherrschenden Einfluss auf jeder Beteiligungsebene hat, sondern zusätzlich auch dann, wenn ihr unmittelbar oder mittelbar mehr als 25% des Erlöses einer lokalen Gesellschaft zustehen. Dieser Ansatz wird seit längerem in der Slowakei und neuerdings auch in Rumänien verfolgt.

Daneben existieren zudem einige "Kombinationslösungen", welche die verschiedenen Ansätze miteinander verknüpfen und dabei einigen Kriterien mehr oder weniger Gewicht als anderen einräumen.

Gemeinsam ist allen EU-Mitgliedstaaten, dass die jeweiligen Mitglieder des Geschäftsführungsorgans einer lokalen Gesellschaft als fiktiver WB zu melden sind, sofern sich kein tatsächlicher WB ermitteln lässt. Aber auch hier bestehen lokale Unterschiede bspw. bei der Frage, ob lediglich ein einzelnes Mitglied (in der Regel der "senior manager") oder alle Mitglieder des Geschäftsführungsorgans als fiktiver WB gemeldet werden müssen.

Eine Mitteilungsfiktion, wie sie § 20 Abs. 2 GwG für den Fall vorsieht, dass sich alle Angaben zum WB aus öffentlich einsehbaren Registern ergeben, wird im Fall multinationaler Gruppenstrukturen bei ausländischen Tochtergesellschaften mit deutscher Muttergesellschaft in der Regel nicht greifen. Denn die Angaben in ausländischen Registern sind im Rahmen der Mitteilungsfiktion – wie auch nach deutschem Recht – in der Regel nicht zu berücksichtigen.

Länderübergreifendes abgestimmtes Vorgehen notwendig

Obwohl die jeweiligen nationalen Vorschriften wie oben dargestellt kategorisiert werden können, muss im Einzelfall dennoch eine genaue Prüfung der jeweiligen lokalen Vorschriften erfolgen. Zudem sind oftmals Besonderheiten des lokalen Handels- oder Gesellschaftsrechts zu beachten.

Betroffenen Gesellschaften empfehlen wir, die Ermittlung des WB anhand der jeweils einschlägigen Bestimmungen durch lokale Kanzleien vorzunehmen. Hierfür kann Noerr als Mitglied des internationalen Lex-Mundi-Kanzleinetzwerkes auf eine Vielzahl von Partnerkanzleien weltweit zurückgreifen. Verfügt eine Unternehmensgruppe über Tochtergesellschaften in zahlreichen betroffenen Staaten, empfiehlt sich eine zentrale Koordination. Dies führen wir für eine Vielzahl von Unternehmensgruppen durch.

Kommt die EU-Geldwäscheverordnung?

Zur weiteren Entwicklung des Geldwäscherechts nach Umsetzung der sogenannten 5. EU-Geldwäscherichtlinie hat die finnische EU-Ratspräsidentschaft am 30. September 2019 ein Strategiepapier veröffentlicht, in dem die Schwächen der derzeitigen Geldwäsche-Strategie der EU thematisiert werden. Insbesondere bemängelt das Papier die unzureichende Effektivität des gegenwärtigen Rechtsrahmens im Bereich der Geldwäschebekämpfung, die nach Ansicht der Ratspräsidentschaft im Wesentlichen aus den Unterschieden bei der Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinien in den einzelnen Mitgliedstaaten resultiert. Zur Verbesserung des Rechtsrahmens hat die Ratspräsidentschaft daher die weitere Harmonisierung mittels einer EU-Verordnung ins Spiel gebracht (Note of the Council of the European Union, 30. September 2019, Az. 12416/19, S. 3). In der Folge hat am 5. Dezember 2019 der Rat der Europäischen Union die Europäische Kommission um Prüfung ersucht, ob einige Aspekte im Bereich der Geldwäschebekämpfung nicht besser durch eine EU-Verordnung zu regeln wären (Beratungsergebnisse des Rats der Europäischen Union, 5. Dezember 2019, Az. 14823/19, S. 7). Denn eine EU-Verordnung muss – anders als eine EU-Richtlinie – nicht erst von den nationalen Gesetzgebern in nationales Recht umgesetzt werden, sondern gilt als EU-Recht unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Wir beobachten die weitere Entwicklung in diesem Bereich. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zur Thematik haben oder Unterstützung bei der Erfüllung der Meldepflichten zum Transparenzregister bzw. bei der länderübergreifenden Geldwäsche-Compliance benötigen.

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