News

Update zum Verpackungsgesetz und daraus resultierende Pflichten für den Online-Handel

22.01.2020

Bereits seit dem 1. Januar 2019 gilt das neue Verpackungsrecht. Ein wesentliches Ziel des Verpackungsgesetzes (VerpackG) ist der Einsatz von weniger oder zumindest umweltfreundlicheren Verpackungen. Hierfür müssen nach dem Prinzip der ‚Produktverantwortung‘ bereits die Inverkehrbringer der Verkaufsverpackungen auch für deren Entsorgung oder das Recycling aufkommen.

Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) zog eine erste Bilanz und bescheinigte dem VerpackG zunächst die beabsichtigte positive Wirkung. So habe sich insbesondere die Anzahl derjenigen Unternehmen, die ihre Produktverantwortung ordnungsgemäß wahrnehmen, verdreifacht. Gleichwohl aber zeige die hohe Anzahl der bei der ZSVR eingegangenen Anfragen, dass nach wie vor ein hoher Grad an Unwissenheit festzustellen sei. Die ZSVR kündigte konkret an, konsequent gegen Unternehmen vorzugehen, die ihre Pflichten nach dem VerpackG nicht erfüllen. Dieses Update informiert über die aus dem VerpackG für das Digital Business resultierenden Pflichten:

Relevanz für den Online-Handel

Die Verwendung von (Versand-)Verpackungen ist dem Online-Handel immanent. Abhängig von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Geschäftskonzepts kommen die verschiedenen Akteure in unterschiedlicher Form mit dem VerpackG in Berührung. Entscheidend ist also, wie die Ware im Einzelfall vertrieben wird; vertreibt der Händler direkt oder über Plattformen, mit oder ohne Fulfillment-Center, ist ein Dropshipping-Anbieter eingebunden, werden Waren aus dem Ausland importiert bzw. wer ist Abnehmer der einzelnen Ware. Je nachdem in welchem Modell man agiert, können Online-Händler die nachstehend beschriebenen Pflichten nach dem VerpackG zu beachten haben.

Die einzelnen Pflichten

Hervorzuheben ist zunächst: Verpackungsrechtliche Pflichten gelten unabhängig davon, ob ein Wirtschaftsteilnehmer in Deutschland, in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder etwa einem Drittstaat ansässig ist. Entscheidend ist allein, dass Waren nach Deutschland versendet werden.

a) Pflicht zur Systembeteiligung – „Alter Wein in neuen Schläuchen“

Wesentliches Kernstück der Produktverantwortung für die Verpackung ist die „Systembeteiligungspflicht“; diese ist keineswegs neu – vielmehr hat die seit über 25 Jahren vorgesehene Produktverantwortung lediglich ein neues Gewand erhalten. „Systembeteiligungspflicht“ meint, dass Händler die Rücknahme und Entsorgung bzw. das Recycling ihrer Verpackungen grundsätzlich nicht selbst organisieren, sondern sich vielmehr (finanziell) an einem dualen System beteiligen müssen. Die dualen Systeme – privatwirtschaftliche Unternehmen – sind dann verantwortlich für eine haushaltsnahe Sammlung der Verpackungsabfälle und deren ressourcenschonende Verwertung.

Zum Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit einem dualen System ist der Händler konkret dann verpflichtet, wenn er „Hersteller“ einer Verpackung ist und die Verpackung nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfällt.

  • Hersteller ist dabei zunächst derjenige, der verpackte Waren erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt oder die verpackte Ware nach Deutschland einführt (Importeur). Insbesondere bei Plattformen wie eBay stellt sich das übliche Problem, ab wann ein Vertrieb noch „privat“ oder schon „gewerbsmäßig“ erfolgt.
  • Private Endverbraucher sind dabei nicht nur die privaten Haushalte, sondern auch nach der Art der dort typischerweise anfallenden Verpackungsabfälle vergleichbare Anfallstellen, etwa Niederlassungen von Freiberuflern, Gastronomiebetriebe, Krankenhäuser etc. Je nach Umfang der zu entsorgenden Verpackungen können sich diese wie private Haushalte ihrer Verpackungsabfälle in die bereitgestellten Sammelbehälter, beispielsweise für Kunststoffverpackungen die „Gelbe Tonne“, entledigen. Demgegenüber unterliegt nicht der Systembeteiligungspflicht, wer – etwa aufgrund des Produkts selbst oder wegen abzunehmender Mindestmengen als Kunden beispielsweise ausschließlich Industrieunternehmen adressiert, bei denen gewerblicher Verpackungsabfall anfällt, und sich dies gegebenenfalls in den verwendeten Verpackungen spiegelt.

b) Registrierungs- und Meldepflichten gegenüber der Zentralen Stelle und Veröffentlichung im Verpackungsregister LUCID

Wesentliche Neuerung des VerpackG ist die Einrichtung der „Zentralen Stelle“: Die „Zentrale Stelle“ ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechts, die durch Unternehmen, die Verpackungen herstellen, nutzen oder vertreiben bzw. von entsprechenden Interessenverbänden getragen wird. Die „Zentrale Stelle“ ist mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben hoheitlich beliehen, übt sie also wie eine Behörde aus. Durch diese Zentralisierung von Registrierung und Datenerfassung ersetzt die „Zentrale Stelle“ den zuvor existierenden Flickenteppich der örtlichen Zuständigkeiten.

Korrespondierend regelt das VerpackG die Pflichten der „Hersteller“ von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, die gegenüber der Zentralen Stelle wahrzunehmen sind:

  • Das betrifft zunächst eine Registrierungspflicht nach § 9 VerpackG. Online-Händler müssen insbesondere darauf achten, die bei der Registrierung hinterlegten Daten aktuell zu halten.
  • Außerdem besteht eine Pflicht zur Datenmeldung. So müssen Händler die Zentrale Stelle u.a. über den Namen des dualen Systems informieren, bei dem sie ihrer Systembeteiligungspflicht nachkommen. Auch ist die Zentrale Stelle über die Materialart und die konkrete Menge der systembeteiligungspflichtigen in Verkehr gebrachten Verpackungen zu informieren.
  • Nicht zuletzt muss bei Überschreiten einer gewissen Mengenschwelle jährlich eine Vollständigkeitserklärung über die in Verkehr gebrachten Verpackungsarten, -materialien und -mengen abgegeben werden, die der Prüfung und Bestätigung durch einen registrierten Sachverständigen oder durch einen registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer bedarf.

Wesentlich und für die beteiligten Wirtschaftsakteure bedeutsam ist die Veröffentlichung der bei der Zentralen Stelle registrierten „Hersteller“ systembeteiligungspflichtiger Verpackungen im Verpackungsregister LUCID. Der Gesetzgeber setzt hier auf Transparenz und Öffentlichkeit, um dem zuvor gängigen „Trittbrettfahren“ – dass einzelne Unternehmen sich oft weitgehend folgenlos der Pflicht zur Systembeteiligung entzogen haben – zu begegnen. Damit können nicht nur Verbraucher, sondern insbesondere auch Konkurrenten nun ohne weiteres prüfen, ob Wettbewerber ihrer Systembeteiligungspflicht nachkommen.

c) Informations- und sonstige Pflichten im Online-Handel

Nicht zuletzt statuiert das VerpackG auch Pflichtinformationen für den Online-Handel. So ist beim Online-Vertrieb von Einweggetränkeverpackungen, die den Pfand- und Rücknahmepflichten nach § 31 VerpackG unterliegen, grundsätzlich mit dem deutlich sicht- und lesbaren Schriftzeichen „EINWEG“ (in Großbuchstaben) darauf hinzuweisen, dass Verpackungen nach der Rückgabe nicht wiederverwendet werden können. Gleichermaßen ist bei Mehrweggetränkeverpackungen mit dem deutlich sicht- und lesbaren Schriftzeichen „MEHRWEG“ (in Großbuchstaben) auf die Wiederverwendbarkeit der Verpackungen hinzuweisen.

Zu berücksichtigen sind zudem die den Online-Händler ggf. treffenden sonstigen Rücknahme- und Hinweispflichten für Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter und systemunverträglicher Verpackungen. Unklarheiten gibt es hier häufig noch bei der Abgrenzung und Handhabung von Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter und systemunverträglicher Verpackungen, die von der Systembeteiligung ausgenommen sind.

Sanktionen

Verstöße gegen das VerpackG können als Ordnungswidrigkeit mit einem hohen Bußgeld bis zu EUR 200.000 geahndet und darüber hinaus mit einem Verkaufsverbot sanktioniert werden.
Zudem droht bei Verstößen nun auch die Abmahnung durch Wettbewerber und Verbände, die einen wettbewerbswidrigen Vorteil von Unternehmen, die sich ihrer Systembeteiligungspflicht entziehen, nicht hinnehmen. Dem kam im Jahr 2019 bereits eine hohe prak-tische Relevanz zu.

Konsequenzen für den Online-Handel

Nach alledem ist für Online-Händler folgendes festzuhalten:

  1. Eine verpackungsrechtliche Verantwortlichkeit des Online-Händlers kommt grundsätzlich im Hinblick auf die Versandverpackung in Betracht; für die Verpackung der vom Online-Händler vertriebenen Ware ist dagegen grundsätzlich der Hersteller verantwortlich. Etwas anderes kann jedoch insbesondere in White Labelling Konstellationen oder beim Warenimport gelten.

  2. Verpackt der Online-Händler Waren in Versandverpackungen, so unterliegt er hinsichtlich dieser auch den Pflichten nach dem VerpackG. Das gilt unabhängig davon, über welche Plattform der Kaufvertrag geschlossen wurde.

  3. Bedient sich der Online-Händler eines Fulfillment-Centers oder eines Dropshipping-Anbieters ist grundsätzlich danach zu differenzieren, ob der Versender, der die Ware verpackt, im Auftrag des vertreibenden Online-Händlers tätig wird und ob der Versender auf der Versandverpackung als das verpackende Unternehmen angegeben ist. Ist Letzteres nicht der Fall, ist der Online-Händler selbst verantwortlich. Hierauf ist bereits bei der Verhandlung und Vertragsgestaltung mit den Logistikdienstleistern zu achten.

  4. Ein im Ausland ansässiger Online-Händler, der Waren an private Endverbraucher in Deutschland vertreibt, ist neben der Versandverpackung auch für die Verkaufsverpackung der Ware selbst verantwortlich. Eine besondere Schwierigkeit liegt dabei darin, dass die Regelungen zur Systembeteiligungspflicht und zur entsprechenden Registrierung spezifisch deutsche Regelungen sind. Es existieren gerade keine europaweiten Vereinheitlichungen oder Mindeststandards. Im Ausland ansässige Online-Händler müssen ihrer Registrierungs- und Datenmeldungspflicht trotz gegebenenfalls bestehender sprachlicher Barrieren selbst – also höchstpersönlich – nachkommen. Dienstleister können sie dabei lediglich unterstützen. Die umfassende Pflichtenwahrnehmung durch einen Bevollmächtigten, wie sie etwa das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) kennt, ist im VerpackG dagegen nicht vorgesehen.

Ungeachtet der vorstehenden Guidelines sollten Online-Händlern aufgrund der verschiedenartigen Vertriebsstrukturen stets ihre verpackungsrechtlichen Pflichten im Einzelfall prüfen (lassen). Die Anfragen bei der ZSVR wie auch die zahlreich bestehenden Auslegungsfragen des noch jungen VerpackG belegen, dass hier nach wie vor hoher Beratungsbedarf besteht.

Digital Business
Regulierung & Governmental Affairs
Einkauf Logistik & Vertrieb

Share