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Elektronische Signaturen in der Immobilien­wirtschaft – Verträge rechtssicher digital unterzeichnen

25.05.2023

Die Dokumentation wirtschaftlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen ist in der Immobilienwirtschaft unverzichtbar und ein Kernbestandteil der Verwaltung von Immobilien. Egal, ob es sich um Miet- oder Kaufverträge, Vereinbarungen mit Maklern, Dienstleistungs- oder Werkverträge handelt.

Die Verhandlung und der Abschluss von Verträgen soll möglichst einfach und schnell, gleichzeitig aber für alle Beteiligten rechtssicher sein.

Immer häufiger wird hierzu nunmehr auch in der Immobilienwirtschaft auf die elektronische Signatur (eSignatur) gesetzt. Die eSignatur ist dabei ein zentraler Bestandteil der Digitalisierung der Branche. Der Einsatz der eSignatur führt zu einer Beschleunigung des Vertragsprozesses, einer Kostensenkung und einer besonderen Schonung natürlicher Ressourcen. Somit profitieren alle Beteiligten gleichermaßen von ihrer Nutzung.

REIG News elektronische Signaturen Grafik Vorteile Esignatur

Können Dokumente in der Immobilienverwaltung rechtssicher digital signiert werden?

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Ja, ein Mietvertrag und viele weitere immobilienbezogene Verträge und Dokumente können rechtssicher digital unterzeichnet werden.

Für den Einsatz der elektronischen Signatur hat der Gesetzgeber bereits vor über 20 Jahren das Fundament gelegt und mit § 126a BGB die sog. elektronische Form eingeführt – mit ihr kann seitdem die händische Unterschrift in den meisten Fällen ersetzt werden.

Ein weiterer Ausgangspunkt ist die europäische eIDAS-Verordnung von 2014, die die Verwendung von elektronischen Identifizierungs- und Vertrauensdiensten im digitalen Binnenmarkt der Europäischen Union regelt. Die Verordnung definiert einen rechtlichen Rahmen für die Anerkennung und den Einsatz von elektronischen Signaturen, Siegeln und Zeitstempeln, um die Gleichstellung von elektronischen und Papierdokumenten sicherzustellen und die Sicherheit sowie Vertraulichkeit elektronischer Transaktionen zu gewährleisten.

Die eIDAS-Verordnung unterscheidet zwischen drei Arten von elektronischen Signaturen, welche im Hinblick auf Sicherheitsstandards im Rechtsverkehr einem Stufenverhältnis unterliegen:

  1. der einfachen elektronischen Signatur (EES),
  2. der fortgeschrittenen elektronischen Signatur (FES) und
  3. der qualifizierten elektronischen Signatur (QES).

Die Anforderungen an die Überprüfbarkeit der Identität des Unterzeichners steigen mit jeder Stufe:

Die einfache elektronischen Signatur (EES) hat die geringsten Anforderungen. Es gibt keine genauen Vorschriften dafür, wie eine EES auszusehen hat und es ist nicht erforderlich, die Identität des Unterzeichners zu bestätigen. Beispiele für eine EES sind eine eingescannte Unterschrift oder ein eingetippter Name unter einer E-Mail. Es besteht keine Möglichkeit sicher festzustellen, wer die Signatur auf dem Dokument tatsächlich hinzugefügt hat, und ob die darin angegebene Person tatsächlich der Unterzeichner ist.

Im Gegensatz zur EES wird bei der fortgeschrittenen elektronischen Signatur (FES) und der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) mit sogenannten Signaturzertifikaten gearbeitet, die beim Signieren mit einem Dokument verschmelzen. Das bedeutet, dass Informationen über den Signierenden, den Gültigkeitsstatus der Signatur und über Veränderungen am Dokument in diesem elektronischen Zertifikat gespeichert werden. Bei einer FES erhöht sich die Beweiskraft durch das aufgebrachte elektronische Signaturzertifikat.

Die höchste Sicherheitsstufe bietet die Qualifizierte Elektronische Signatur - QES. Bei dieser kann zweifelsfrei nachvollzogen werden, wer unterzeichnet hat und dass die Identität des Signierenden mit der von der Signatur ausgewiesenen Identität übereinstimmt. Dies wird durch eine Zwei-Faktor-Authentifizierung gewährleistet, bei der man sich zunächst bei einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter wie der Bundesdruckerei (D-Trust GmbH) legitimiert und dann mit einer TAN-Nummer den Zusammenhang zwischen der Signatur und der eigenen Identität verifiziert. Die Identifikation bei dem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter erfolgt einmalig, beispielsweise durch das Video-Ident-Verfahren oder durch die Nutzung der Online-Funktion des Personalausweises.

Welcher Signaturstandard sollte für den jeweiligen Anwendungsfall genutzt werden?

Um diese Frage zu beantworten, müssen die in den §§ 125 ff. BGB geregelten Formvorschriften für Verträge in die Signaturlevel „übersetzt werden“. Hierzu muss vorab zwischen Fällen unterschieden werden, bei denen das Gesetz für eine Rechtshandlung eine bestimmte Form verlangt, und Fällen, bei denen eine bestimmte Form zwischen den Vertragsparteien vertraglich vereinbart ist.

Im Falle gesetzlicher Formvorschriften ist die wesentliche Frage, ob die Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB: das Dokument muss eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet sein) vorgeschrieben ist oder nicht. Denn die Schriftform kann gemäß § 126 Abs. 3 BGB nur durch die elektronische Form ersetzt werden, welche gemäß § 126a Abs. 1 BGB der QES entspricht. Wenn die elektronische Form nicht ausnahmsweise gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen ist, kann die gesetzliche Schriftform immer durch die QES ersetzt werden.

Das Schriftformerfordernis wird in der Immobilienwirtschaft besonderes bei der von § 550 BGB verlangten Form langfristiger Gewerbe-Mietverträge relevant. Die von § 550 BGB erfassten Mietverträge (also solche mit einer festen Laufzeit von mehr als einem Jahr) müssen schriftlich geschlossen werden. Die Folge eines Verstoßes gegen die von § 550 BGB geforderte Schriftform ist allerdings nicht die Unwirksamkeit des Mietvertrages. Stattdessen gilt der Mietvertrag als unbefristet geschlossen – mit der Folge, dass er (entgegen der an sich vertraglich vereinbarten Laufzeit) jederzeit mit gesetzlicher Frist (bei Gewerbemietverträgen also mit einer Frist von ca. 6 Monaten) gekündigt werden kann. Eine hierauf gestützte Kündigung kann – je nach Fallgestaltung – den auf die Langfristigkeit des Mietvertrages vertrauenden Vermieter bzw. Mieter in eine existenzbedrohende Situation versetzen.

Vor diesem Hintergrund ist eine kaum überschaubare Vielzahl an gerichtlichen Entscheidungen zu der Frage ergangen, wann diese besondere Schriftform gewahrt ist und wann nicht. Aufgrund der daraus resultierenden Unsicherheit bildet das mietvertragliche Schriftformerfordernis einen der rechtlichen Schwerpunkte in der gewerblichen Immobilienverwaltung.

Hier bietet die elektronische Form in Gestalt der QES die Möglichkeit, das mietvertragliche Schriftformerfordernis zu erfüllen und viele der bisherigen Probleme bei der Einhaltung der Schriftform in der analogen Welt zu vermeiden. Zugleich ergeben sich aus rechtlicher Sicht aus der Nutzung der elektronischen Form neue Herausforderungen, die es zu meistern gilt.

Ist hingegen durch das Gesetz die Textform (§ 126b BGB) oder keine Form vorgesehen, so werden durch alle drei eSignaturen die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.

Ein – gerade im Immobilienrecht – bedeutsamer Sonderfall ist die vom Gesetz vorgeschriebene notarielle Form (also die notarielle Beurkundung). Eine digitale Signatur genügt dort grundsätzlich nie (bislang einzige Ausnahme ist die – immobilienrechtlich weniger relevante – Online-Gründung einer GmbH, siehe § 2 Abs. 3 GmbHG).

REIG News elektronische Signaturen Grafik Übersetzung

Bei Fällen vertraglich vereinbarter Form gilt folgendes: Ist Schriftform verabredet, können (nach § 127 Abs. 2 BGB) Willenserklärungen durch „telekommunikative Übermittlung“ rechtswirksam abgegeben werden, soweit nicht ein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist. Eine Kündigungserklärung kann dann z.B. auch mit Hilfe einer (auch einfachen) eSignatur erfolgen. Einigen sich die Parteien durch Rechtsgeschäft auf die elektronische Form, genügt grundsätzlich eine EES (§ 127 Abs. 3 BGB). Wird die elektronische Form gewählt, kann jedoch von jeder Partei nachträglich eine dem § 126a BGB entsprechende elektronische Signierung (QES) oder – wenn diese einer der Parteien nicht möglich ist – eine dem § 126 BGB entsprechende Beurkundung (d.h. in der Regel handschriftliche Unterzeichnung auf einer Urkunde) verlangt werden (so § 127 Abs. 2 S. 2 BGB).

Welche weiteren Einsatzszenarien für elektronische Signaturen sind denkbar?

Für die Praxis ergeben sich neben dem Mietvertrag zahlreiche weitere Anwendungsfälle, durch die sich eine große Effizienzsteigerung realisieren lässt. Ausgangspunkt ist dabei die für das konkrete Rechtsgeschäft bzw. Rechtshandlung jeweils bestehende Formvorschrift. Einige wichtige Anwendungsfälle werden nachfolgend tabellarisch dargestellt:

REIG News elektronische Signaturen Grafik Anwendungsfälle

Empfehlungen für die Nutzung elektronischer Signaturen in der Immobilienwirtschaft

Digitale Signaturen nehmen in den täglichen Abläufen der Immobilienverwaltung einen immer höheren Stellenwert ein. Sie ermöglichen eine effiziente und ortsunabhängige Vertragsabwicklung insbesondere zwischen Mietern, Vermietern, Maklern und Dienstleistern. Die Nutzung von eSignaturen wird sich vor allem durch die leichtere Zugänglichkeit und damit einhergehende Verbreitung der QES im Immobilienmarkt schnell ausdehnen und in absehbarer Zeit durchsetzen.

Aufgrund der enormen Relevanz von Formerfordernissen, insbesondere bei gewerblichen Mietverträgen, sind die Beteiligten gut beraten, jeweils auf den Einzelfall bezogen zu prüfen, welche Anforderungen für das geplante Vorhaben gelten, sodass der Einsatz digitaler Signaturen rechtskonform stattfindet.

Bei der Anbieterauswahl sollten Unternehmen darauf achten, dass die E-Signatur-Software eIDAS- und DSGVO-konform ist sowie alle Signaturlevel im Standard verfügbar sind. Aufgrund der erheblichen Kostenvorteile und enormen Flexibilität wird sich die E-Signatur in der Immobilienverwaltung als neuer Standard etablieren.

Zur weiteren Vertiefung empfehlen wir das hier verlinkte Webinar, das Christoph Brenzinger, Partner in der Real Estate Investment Group (REIG) von Noerr und Mitglied des REIG Tech Teams, gemeinsam mit der d.velop AG, einem deutschen Softwareunternehmen, das sich vor allem auf die Digitalisierung von dokumentbasierten Geschäftsprozessen spezialisiert, gehalten hat. In diesem werden die einzelnen Anwendungsfälle aus rechtlicher sowie technischer Sicht detailliert beleuchtet.

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