Bundesregierung beschließt Masterplan Ladeinfrastruktur 2030
Der bereits im Oktober vom Bundesministerium für Verkehr (BMV) als Entwurf vorgestellte Masterplan Ladeinfrastruktur 2030 wurde am 19.11.2025, mit einigen Änderungen, von der Bundesregierung im Kabinett beschlossen (Pressemitteilung der Bundesregierung; Masterplan Ladeinfrastruktur 2030). Hierbei handelt es sich bereits um den dritten Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung, nach den beiden Vorgängern der Jahre 2019 und 2022. Mit insgesamt nun 41 Maßnahmen sollen die Ziele des Koalitionsvertrag zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland erreicht werden.
Ziel des Masterplans ist der Ausbau eines flächendeckenden, bedarfsgerechten und nutzerfreundlichen Ladenetzes in Deutschland, und zwar sowohl für Pkw als auch für Lkw und Busse. Die Grundlage bilden dabei eine Ausrichtung auf Wettbewerb, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass in Deutschland bereits ein sehr gutes Angebot an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für Pkw vorhanden ist. So sind die nach der AFIR (Verordnung (EU) 2023/1804) vorgegebenen Mindestziele bereits um rund 200 Prozent übertroffen. Entsprechend soll es nun neben der reinen Quantität verstärkt um die Qualität der Ladeinfrastruktur gehen; also darum, dass das Laden verlässlich und einfach funktioniert.
Zudem hat die Bundesregierung erkannt, dass es neben dem Ausbau der Ladeinfrastruktur notwendig ist, die Auslastung der Ladepunkte durch mehr Elektrofahrzeuge zu steigern. Der Masterplan steht daher auch im Zusammenhang mit bereits beschlossenen Maßnahmen zur Erhöhung der Zahl elektrischer Fahrzeuge im Verkehr, etwa der Verlängerung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für Elektrofahrzeuge bis 2035 und Entlastungen bei Netzentgelten. Die Bundesregierung sieht hier zugleich die Automobilindustrie in der Verantwortung, mit innovativen und attraktiven Angeboten die Marktdurchdringung weiter zu erhöhen.
A. Die Maßnahmen im Überblick
Die konkreten 41 Maßnahmen des Masterplans sind in fünf zentrale Handlungsfelder unterteilt. Die Handlungsfelder sind
- Nachfrage und Investitionen stärken,
- Umsetzung vereinfachen und beschleunigen,
- Wettbewerb und Preistransparenz erhöhen,
- Integration ins Stromnetz verbessern sowie
- Nutzerfreundlichkeit und Innovation steigern.
Die Maßnahmen erleichtern die Investitions-, Genehmigungs- und Nutzungsbedingungen für den Aufbau von Ladeinfrastruktur, stärken den Wettbewerb und erhöhen die Transparenz und Vergleichbarkeit der Ladepreise, unterstützen den Aufbau von Ladeinfrastruktur in Mehrparteienhäusern, Betriebshöfen und Depots, verbessern die Netzintegration und fördern Innovationen wie das bidirektionale Laden.
I. Nachfrage und Investitionen stärken
Die Bundesregierung bündelt in diesem Handlungsfeld neun Maßnahmen. Im Fokus stehen erhebliche Investitionen für das Laden von E‑Lkw, u.a. durch zielgerichtete Investitionszuschüsse. Zusätzlich sollen Flächen im Eigentum des Bundes zur Verfügung gestellt werden. Alle Maßnahmen stehen unter dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel.
Damit sich die neue Ladesäulen rechnen, muss die Zahl der elektrisch betriebenen Fahrzeuge wachsen. Die Bundesregierung setzt hierzu auf bereits beschlossene Maßnahmen, namentlich den Investitionsbooster, die Verlängerung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für Elektrofahrzeuge bis 2035 und auf Entlastungen bei den Netzentgelten. Die Ressorts sollen nun zudem zeitnah Vorschläge für eine gezielte Förderung klimafreundlicher Mobilität insbesondere für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen vorlegen.
Ein zentrales Versprechen lautet, das Laden zu Hause in Mehrparteienhäusern zu erleichtern. Das BMV wird den Aufbau finanziell unterstützen und dabei auch Kosten für die Ertüchtigung des Netzanschlusses und der elektrischen Anlagen der Gebäude berücksichtigen. Das BMV avisiert, Anfang August 2026 Details der Förderung zu veröffentlichen.
Für den gewerblichen Bereich sind separate Förderrichtlinien ab 2026 geplant. Sie sollen den Aufbau leistungsfähiger Ladeinfrastruktur in Depots und Betriebshöfen für elektrisch betriebene Lkw und Busse anschieben. Auf europäischer Ebene möchte die Bundesregierung zudem Art. 36a Abs. 8 AGVO (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) überarbeiten, um die Nutzung geförderter nicht-öffentlicher Ladeinfrastruktur durch Dritte zu ermöglichen; eine Maßnahme, die im ursprünglichen Entwurf noch fehlte.
Entlang der Bundesautobahnen sollen insgesamt 350 Rastanlagen mit Ladeinfrastruktur für E‑Lkw ausgerüstet werden. Abseits der Bundesautobahnen will der Bund die Errichtung von öffentlich zugänglicher Lkw‑Ladeinfrastruktur etwa auf Autohöfen und in Gewerbegebieten fördern und dabei wettbewerbliche Aspekte berücksichtigen.
Damit deutsche Projekte leichter auf europäische AFIF‑Mittel zugreifen können, wird geprüft, ob eine Zertifizierung der KfW oder der KfW IPEX als „Implementing Partner“ sachgerecht ist. Zudem setzt sich die Bundesregierung dafür ein, den Anteil der Mittel zu erhöhen, die ohne „Implementing Partner“ in Anspruch genommen werden können
II. Umsetzung vereinfachen und beschleunigen
Das zweite Handlungsfeld widmet sich den Verfahren. Die Bundesregierung will Planungs- und Genehmigungsprozesse von Hemmnissen befreien. Gleichzeitig soll beim Aufbau von Ladeinfrastruktur die Inanspruchnahme zusätzlicher unversiegelter Flächen grundsätzlich vermieden werden.
Ein zentrales Element ist die notwendige Novelle des GEIG aufgrund des neuen Art. 14 Energy Performance of Buildings Directive (EPBD), Richtlinie (EU) 2025/1275 (zu dieser siehe unser Insight). Die Umsetzung muss bis Mai 2026 erfolgen und soll anwendungs- und bedarfsgerecht erfolgen. Pooling‑Lösungen sowie Flexibilisierungsoptionen sollen erhalten bleiben.
Für großflächige Ladehubs fehlt oft der notwendige Platz im Innenbereich. Sie lassen sich auf Grundlage der bisherigen Rechtslage im Außenbereich aber kaum realisieren. Anders als der Entwurf sieht der endgültige Masterplan keine zwingende Außenbereichsprivilegierung mehr vor, die dort auf die unmittelbare Nähe zu Bundesfernstraßen beschränkt war. Stattdessen wird nunmehr nur noch eine konditionierte Privilegierung neben einem schlanken Planverfahren oder eine Begünstigung im Sinne des § 35 Abs. 4 BauGB als mögliche Lösung genannt.
Parallel soll für den beplanten Innenbereich ein Auslegungshinweis zur Baunutzungsverordnung dafür sorgen, dass Ladeparks nicht länger mit klassischen Tankstellen verwechselt und folglich in allen Baugebieten grundsätzlich zugelassen werden. Zudem soll die Musterbauordnung so geändert werden, dass künftig auch Stellplätze mit Ladesäulen als notwendige Stellplätze im Sinne des Stellplatznachweises gelten.
Im Einzugsgebiet von Bundesautobahnen sollen bereits versiegelte bundeseigene Flächen der Autobahn GmbH des Bundes für den Bau von öffentlich zugänglichen Ladestationen bereitgestellt werden. Hierzu wird das Bundesfernstraßengesetz angepasst. Zudem erstellt das BMV ein Langzeitkonzept zum Laden an der Autobahn. Auch abseits der Bundesautobahn sollen bundeseigene bereits versiegelte Flächen verstärkt für Ladeinfrastruktur genutzt werden.
Anders als im Entwurf soll die doppelte Datenmeldung des Ladepunktbetreibers an die Bundesnetzagentur nach Maßgabe der LSV und an die Mobilithek nach Maßgaben der AFIR nicht mehr zwingend wegfallen. Es findet sich lediglich noch einen Prüfauftrag, inwiefern sich Datenmeldungen nach der AFIR und der LSV bürokratiearm ausgestalten lassen.
III. Wettbewerb und Preistransparenz erhöhen
Elektrisch fahren soll so berechenbar sein wie das Tanken. Ziel sind klare Rahmenbedingungen für Preistransparenz, digitale Preisinformationen und einen dynamischen Wettbewerb. Gleichzeitig braucht die Nutzung des öffentlichen Raums faire und wettbewerbliche Verfahren, damit Angebotsvielfalt entsteht und ein verlässlicher Ordnungsrahmen den Markt stärkt.
Nach Art. 20 AFIR müssen Betreiber bereits jetzt ihre Ad-hoc-Preise über die Mobilithek verfügbar machen. Dabei soll jetzt ein Zugang geschaffen werden, über den die gemäß der AFIR bereitgestellten Daten inklusive der Ad-hoc-Preisdaten aller Ladeinfrastrukturbetreiber gebündelt abgerufen werden können, um Verbrauchern Preistransparenz zu gewährleisten. Dies erfolgt durch Neufassung des IVSG, sowie einer PAngV-Novelle. Für Drittanbieter sollen Regeln gelten, damit die Weitergabe der Daten unverfälscht, aktuell, vollständig und nicht irreführend erfolgt. Zudem soll – im Vergleich zum Entwurf zusätzlich – mehr Transparenz für Verbraucher beim vertragsbasierten Laden hergestellt werden; eine Arbeitsgruppe soll hierzu Vorschläge erarbeiten.
Die Bundesregierung setzt sich neben ihrer Stellungnahme zum Sektorgutachten Energie der Monopolkommission für die Konkretisierung der Anforderungen an die Preisgestaltung gem. Art. 5 Abs. 3 u. 5 AFIR bei der Europäischen Kommission ein.
Zudem beabsichtigt die Bundesregierung, eine neue Regelung zur wettbewerblichen Vergabe im öffentlichen Straßenraum zu prüfen, um beobachtete regionale Monopolstellungen zu verhindern.
IV. Integration ins Stromnetz verbessern
Ziel ist es, Transparenz und Effizienz beim Stromnetzanschluss von Ladeinfrastruktur zu erhöhen und die Planungssicherheit für Betreiber zu verbessern.
Das Netzanschlussverfahren im Mittelspannungsbereich soll dafür digitalisiert und standardisiert werden. Gleichzeitig soll mehr Transparenz über verfügbare Netzanschlusskapazitäten hergestellt werden. Anders als im Entwurf ist hierfür aber kein verpflichtendes Online-Tool mehr vorgesehen, sondern nur eine Prüfung, ob regulatorischer Anpassungsbedarf besteht. Zudem sollen Rückmeldefristen und -pflichten bei der Beantwortung von Netzanschlussbegehren eingeführt werden.
Ferner sollen, um einen vorausschauenden Netzausbau zu fördern, die Bedarfsprognosen für den Verkehrssektor weiterentwickelt werden.
Parallel treibt der Masterplan das bidirektionale Laden voran. Bidirektionales Laden soll in Förderprogrammen berücksichtigt werden. Auf Grundlage einer Digitalisierung der Stromnetze und eines zu schaffenden europäischen Rahmens soll sich bidirektionales Laden als Geschäftsmodell entwickeln. Auch das Stromsteuerrecht soll in Blick hierauf angepasst werden.
V. Nutzerfreundlichkeit und Innovation steigern
Der fünfte Themenblock rückt den Alltag der Nutzerinnen und Nutzer in den Fokus. Berücksichtigt werden das nächtliche Laden im öffentlichen Raum, Bedarfe im Fernverkehr und besondere Anforderungen von Menschen mit Behinderung. Dazu soll unter anderen die Nutzerfreundlichkeit der Ladeinfrastruktur gemonitort werden.
Das EmoG soll verlängert und auf weitere Fahrzeugklassen ausgeweitet werden, damit Kommunen auch über das Jahr 2026 hinaus Bevorrechtigungen gewähren können. Um den nächtlichen Stadtverkehr nutzerfreundlicher zu gestalten, setzt sich die Bundesregierung gegenüber der EU‑Kommission dafür ein, dass an Normalladepunkten für Pkw zwischen 22 und 8 Uhr sowie während noch laufender Ladevorgänge keine Blockiergebühren erhoben werden; begleitend wird eine Klarstellung in der Begründung zur PAngV geprüft. Neue Schnellladeangebote sollen eine Mindestanzahl barrierefreier Ladepunkte vorsehen. Auf EU‑Ebene setzt sich die Bundesregierung zudem für einheitliche Rahmen zu Reservierungssystemen und deren Anbindung an den Nationalen Zugangspunkt und den European Access Point ein.
Der Masterplan misst dem Schutz der Anlagen große Bedeutung bei. Es sollen Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Kabeldiebstahl erarbeitet werden und gleichzeitig untersucht werden, wie sich der Ersatz beschädigter Kabel ohne erneut aufwendige Eichungen abwickeln lässt. Zugleich bewertet das BSI die Cybersicherheit in der Ladeinfrastruktur. Das Ziel sind hier EU‑weit einheitliche Sicherheitsstandards.
Für E‑Lkw werden Bevorrechtigungen nach dem EmoG ermöglicht, wofür eine Änderung der StVO mit einheitlicher und verbindlicher Beschilderung vorgesehen ist. Die Bundesregierung setzt sich außerdem für eine europaweit einheitliche Kennzeichnung elektrischer Fahrzeuge ein. Hochlauf soll zusätzlich durch eine technische Harmonisierung von Batteriewechselsystemen gefördert werden. Dazu soll eine DIN SPEC für tauschbare Wechselbatterien erarbeitet werden.
Der Themenbereich Laden autonomer Fahrzeuge und autonomes Laden wurde in der beschlossenen Fassung noch ergänzt. Mit Inkrafttreten der StVFernLV Ende 2025 eröffnen sich neue Anwendungspotenziale. Die Nationale Leitstelle beauftragt deshalb hierzu eine Studie zu Potenzialen und Implikationen und beteiligt sich an Industrieinitiativen.
Auch für Fern‑ und Reisebusse soll eine praxistaugliche Ladeinfrastruktur entstehen, insbesondere an Busbahnhöfen und Autobahnrastplätzen. Hierzu soll zunächst ein datenbasiertes Ausbauszenario erstellt werden und dabei die Verzahnung mit dem Nutzfahrzeugsektor sichergestellt werden.
B. Ausblick
Mit dem Kabinettsbeschluss liegt ein ambitionierter Plan auf dem Tisch. Zahlreiche Maßnahmen erfordern Gesetzesänderungen, unter anderem am GEIG, am BauGB, am FStrG, am IVSG, an der PAngV, am EmoG und an der StVO; notwendig wird ein enges Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft. Die Umsetzung soll dabei vorrangig durch die Interministerielle Steuerungsgruppe Ladeinfrastruktur unter gemeinsamer Federführung von BMV und BMWE erfolgen.
In gewissem Maße enttäuschend ist die Abschwächung einzelner Punkte im beschlossenen Masterplan im Vergleich zum BMV‑Entwurf aus Oktober. Es bleibt abzuwarten, in welcher Tiefe und Geschwindigkeit die Maßnahmen umgesetzt werden – insbesondere angesichts der weitreichenden Haushaltsvorbehalte.
Die Branche verfolgt aufmerksam, wie rasch sich die Vorhaben konkretisieren. Erste Rückmeldungen von Verbänden – zum Teil noch zum Entwurf – zeigen Zustimmung und klar formulierte Erwartungen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Maßnahmen unter dem Masterplan mit einem spürbaren Wandel an der Ladesäule einhergehen. Entscheidend ist, dass die angekündigten gesetzlichen Regelungen zügig erarbeitet und beschlossen werden, damit Förderprogramme starten, Genehmigungsverfahren beschleunigt und digitale Verfahren Realität werden. Gelingt das, kann sich Deutschland als Leitmarkt für komfortables und innovatives Laden behaupten und den Weg für den weiteren Hochlauf der Elektromobilität ebnen.
Bestens
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