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Digitalkartellrecht in Deutschland: Einen Schritt voraus

17.01.2024

Die am 07.11.2023 in Kraft getretene 11. GWB-Novelle bringt auch Gesetzesänderungen zur Stärkung der Durchsetzung des Digital Market Act („DMA“) (siehe bereits unseren  Beitrag auf Noerr News). Der neu eingeführte § 32g GWB räumt dem Bundeskartellamt die Befugnis zur Ermittlung gegen bereits benannte Gatekeeper betreffend mögliche Verstöße gegen Art. 5, 6 und 7 DMA ein. Das Bundeskartellamt kann so – wie im DMA vorgesehen – die allein für die Durchsetzung des DMA zuständige Europäische Kommission unterstützen. Neben der Unterstützung der Europäischen Kommission dient die Ermittlungsbefugnis der Abgrenzung von DMA-Verfahren und kartellrechtlichen Verfahren.

Zusätzlich wird die private Rechtsdurchsetzung des DMA durch Anpassungen an die §§ 33 ff. GWB gestützt. Die 11. GWB-Novelle erstreckt die Mechanismen zur Erleichterung der privaten Durchsetzung in Kartellsachen (eingeführt zur Umsetzung der Kartellschadensersatzrichtlinie) zu weiten Teilen auf Verstöße gegen den DMA. Erstreckt wird unter anderem die Bindungswirkung bei Follow-on-Klagen. Demgegenüber wurde die Schadensvermutung des kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs (§ 33a Abs. 2 Satz 1 GWB) nicht ausgeweitet.

Weiterhin spannend bleibt das Zusammenspiel von DMA und § 19a GWB. Raum zur Anwendung des § 19a GWB verbleibt dem Bundeskartellamt insbesondere, soweit Gatekeeper nach den nationalen kartellrechtlichen Vorgaben weitergehende Verpflichtungen treffen (vgl. Art. 1 Abs. 6 DMA). Die Verpflichtungszusagenentscheidung des Bundeskartellamts in Sachen Alphabet/Googles Datenverarbeitung (B7-70/21) illustriert, wie die Regelungen auch künftig ineinandergreifen können. Neben einer engen Abstimmung zwischen Bundeskartellamt und Europäischer Kommission begrenzte das Bundeskartellamt seine Untersuchung gemäß § 19a Abs. 2 GWB nach der Benennung von Alphabet als Gatekeeper auf Dienste, die nicht als zentraler Plattformdienst benannt wurden.

Das Bundeskartellamt ist 2023 in zwei weiteren Verfahren nach § 19a Abs. 2 GWB gegen Alphabet/Google vorgegangen. Bezüglich der Nachrichtenplattform Google News Showcase (V-43/20) verzichtete das Bundeskartellamt auf den Erlass einer Verpflichtungszusagenentscheidung, nachdem Google Anpassungen vorgenommen hatte. Unter anderem gab Google die besonders bedenklichen Integrationspläne von Google News Showcase in die Google Suche auf. Damit soll sich die Teilnahme von Presseverlagen an Google News Showcase künftig nicht auf das Ranking der Suchergebnisse in der allgemeinen Google-Suche auswirken. Das Bundeskartellamt beobachtet die Umsetzung der Maßnahmen. Zudem mahnte das Bundeskartellamt Google in Bezug auf Praktiken in Zusammenhang mit Google Automotive Services ab.

Bisher hat das Bundeskartellamt noch keine Untersagungsentscheidung (§ 19a Abs. 2 GWB) gegen eines der Unternehmen erlassen, deren überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb („ÜMÜB“) es festgestellt hat. Die kartellrechtlichen Bedenken sollen durch die ergriffenen Maßnahmen ausgeräumt werden.

Neben Alphabet/Google steht der ÜMÜB-Status bisher nur für Meta rechtskräftig fest. Die Verfahren gegen Amazon und Apple sind noch nicht abgeschlossen, da beide Digitalkonzerne gegen die Einstufung durch das Bundeskartellamt beim Bundesgerichtshof Kartellverfahrensbeschwerde eingelegt haben. Das insgesamt fünfte Verfahren zur Prüfung des ÜMÜB-Status hat das Bundeskartellamt am 28.03.2023 gegen Microsoft eingeleitet.

 

Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2024. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.

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