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Elektronische Signaturen bei Transaktionen

11.03.2022
In Zeiten fortschreitender Globalisierung und neuer technischer Möglichkeiten, mit denen große Datenmengen in Sekundenbruchteilen verschlüsselt ausgetauscht werden können, erscheint die herkömmliche Schriftform, d.h. Verträge nur bei gleichzeitiger, physischer Anwesenheit der Vertragsparteien bzw. deren Vertreter oder durch postalischen Austausch handschriftlich unterschriebener Dokumente zu schließen, nicht mehr zeitgemäß. Die Nachfrage nach digitalen Möglichkeiten hat im Rahmen der Corona-Pandemie weiter an Fahrt aufgenommen und es gibt kaum eine Transaktion, in der nicht danach gefragt wird, ob Dokumente auch elektronisch (z.B. mit Adobe Sign oder DocuSign) unterzeichnet werden können.

Daher sollen die gesetzlichen Möglichkeiten für den Einsatz elektronischer Signaturen im Folgenden näher beleuchtet werden.

Arten der elektronischen Signatur

Es gibt drei unterschiedliche Arten der elektronischen Signatur, die aus den Begriffsbestimmungen der europäischen eIDAS-Verordnung stammen: 

I. Einfache elektronische Signatur

Der Begriff der einfachen elektronischen Signatur findet in der eIDAS-Verordnung keine Erwähnung, sondern lässt sich aus einem Umkehrschluss herleiten. Nach allgemeinem Verständnis fällt darunter mithin jede elektronische Signatur, die kein fortgeschrittenes oder qualifiziertes Niveau hat. Elektronische Signatur meint Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet.

Unter eine einfache elektronische Signatur fällt beispielsweise die eingescannte Unterschrift, die auf einem Touchscreen erstellte Unterschrift oder eine E-Mail, in der der Absender deutlich macht, dass die E-Mail unter seinem Namen erfolgt.

II. Fortgeschrittene elektronische Signatur

Eine fortgeschrittene elektronische Signatur muss dagegen folgende Anforderungen kumulativ erfüllen:

  • Sie ist eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet.
  • Sie ermöglicht die Identifizierung des Unterzeichners.
  • Sie wird unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt, die der Unterzeichner mit einem hohen Maß an Vertrauen unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann.
  • Sie ist so mit den auf diese Weise unterzeichneten Daten verbunden, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann. 
  1. Eindeutige Zuordnung zum Unterzeichner und Ermöglichung der Identifizierung des Unterzeichners

    Die ersten beiden Kriterien lassen sich nicht trennscharf unterscheiden. In der Praxis bedienen sich die bekanntesten Anbieter für fortgeschrittene elektronische Unterschriften, Adobe Sign und DocuSign, eines mehrstufigen Authentifizierungsverfahren. So wird an die E-Mailadresse des Benutzers ein Zugangscode versandt, der einmalig gültig ist und durch ein persönliches Passwort abgelöst wird. Die zweite Stufe erfolgt über einen Telefonanruf oder eine SMS an die vom Benutzer angegebene Rufnummer. Schließlich wird über die Plattform noch der Personalausweis oder Reisepass überprüft.
  1. Erstellung elektronischer Signaturerstellungsdaten und Verhinderung einer nachträglichen Veränderung der Daten

    Auch wenn die eIDAS-Verordnung hierzu keine näheren Vorgaben enthält, wird in der Praxis für die Erstellung einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur eine Signatursoftware erforderlich sein. Technisch gesehen wird aus dem unterzeichneten Dokument ein Hashwert erzeugt, welcher aus einer einzigartigen Zahlen und Buchstaben-Kombination besteht. Der Signierende verschlüsselt den Hashwert mit seinem privaten Schlüssel (= die digitale Signatur) und der Empfänger entschlüsselt diesen mithilfe des übermittelten, öffentlichen Schlüssels und erstellt zugleich einen Hashwert des erhaltenen Dokuments. Durch den Abgleich der Hashwerte kann der Empfänger feststellen, ob das Dokument nachträglich geändert wurde.

III. Qualifizierte elektronische Signatur

Eine qualifizierte elektronische Signatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht. Qualifizierte Vertrauensdiensteanbieter für Verbraucher sind unter dem Link Bundesnetzagentur - Signatur aufgelistet.

Die technische Umsetzung der qualifizierten elektronischen Signatur kann durch den Einsatz einer Signaturkarte, einem Lesegerät und der dazu gehörigen Signatursoftware oder durch Fernsignatur erfolgen. Bei Letzterem ist keine Hardware erforderlich, da die Signatur von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter im Auftrag des Signierenden erstellt wird.

Im Gegensatz zur fortgeschrittenen elektronischen Signatur wird die Identität des Signierenden durch das qualifizierte Zertifikat verifiziert. Die Anforderungen an den Erhalt des Zertifikats sind im Vergleich zu den Authentifizierungsmethoden der Anbieter elektronischer Signaturen erhöht. Zum einem erfolgt die Zertifizierung nur durch wenige, von der Bundesnetzagentur akkreditierte Vertrauensdiensteanbieter. Zum anderen ist die Identität zwingend durch ein Ausweisdokument zu belegen. Die qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter stellen die Identität beispielsweise mittels der Online-Ausweisfunktion (eID) des Personalausweises oder über das Video-Ident-Verfahren fest.

Einsatz der elektronischen Signatur bei Transaktionen und der Verwaltung von Portfoliounternehmen

Im Folgenden sollen die Möglichkeiten des Einsatzes der elektronischen Signatur beim Abschluss und der Änderung von den typischerweise für Transaktionen und die Verwaltung von Portfoliogesellschaften benötigten Dokumenten näher beleuchtet werden. Dabei ist vom Grundsatz der Formfreiheit nach deutschem Recht auszugehen, der nur durch wenige gesetzliche Ausnahmen durchbrochen wird. Greift keine dieser Ausnahmen, kann die elektronische Signatur eingesetzt werden.

I. Anteilskauf- und Abtretungsvertrag (SPA)

  1. Abschluss des SPA

    Wenn Kaufgegenstand GmbH-Geschäftsanteile sind, ist der Vertrag aufgrund von § 15 Abs. 3, 4 GmbHG notariell zu beurkunden. Anteile an anderen Gesellschaftsformen können hingegen grundsätzlich formfrei erworben werden. Handelt es sich bei dem Verkäufer aber um eine Aktiengesellschaft und sind die verkauften Gesellschaftsanteile das wesentliche Vermögen der AG, so kann ein notariell beurkundeter Beschluss der Hauptversammlung nach § 179a I 1 AktG erforderlich werden. Ist der Erwerb von Gesellschaftsanteilen formfrei möglich, so bietet sich insbesondere die Verwendung der fortgeschrittenen oder qualifizierten elektronischen Signatur an, da durch den Abgleich der Hashwerte bei einem umfangreichen Vertrag leicht festgestellt werden kann, ob Änderungen vorgenommen wurden.

  2. Änderung des SPA

    Wenn bereits der Abschluss des SPA wegen § 15 Abs. 4 GmbHG notariell beurkundungsbedürftig war, ist wegen des von der Rechtsprechung entwickelten Vollständigkeitsgrundsatz in der Regel auch eine Änderung des SPA notariell zu beurkunden. Etwas anderes gilt, wenn lediglich Bestimmungen geändert werden sollen, die mit der Verpflichtung zur Übertragung der Geschäftsanteile in keinem Zusammenhang stehen, z.B. eine Änderung der Adressen für Mitteilungen. Dann kann grundsätzlich jegliche (elektronische) Form für die Änderungsvereinbarung verwendet werden, es sei denn, die Parteien haben etwas anderes vereinbart. Häufig anzutreffen ist z.B. eine doppelte Schriftformklausel, nach der Änderungen der Schriftform bedürfen und dies auch die Vereinbarung der Schriftform selbst betrifft. Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB reicht zur Wahrung der gewillkürten Schriftform die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel aus, soweit kein anderer Wille anzunehmen ist. Nach herrschender Auffassung soll eine eigenhändige Unterschrift entbehrlich sein, solange die Erklärung textlich verkörpert (z.B. als E-Mail) ist. Andere sehen hingegen lediglich den Zugang des unterschriebenen Originals als entbehrlich an. Ungeklärt ist zudem, ob bei der Vereinbarung einer doppelten Schriftformklausel dem Parteiwillen zu entnehmen ist, dass für die gewillkürte Schriftform gerade keine Textform ausreichend ist.

Aufgrund der unklaren Rechtslage sollte unbedingt eine eindeutige Regelung im Vertrag getroffen werden. Wurde rechtsgeschäftlich die elektronische Form vereinbart, so ist im Zweifel keine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich. Es genügt die fortgeschrittene oder einfache elektronische Signatur. Allerdings kann mangels näherer ausdrücklicher Vereinbarung dann gemäß
§ 127 Abs. 3 Satz 2 BGB jede Partei nachträglich eine Signierung durch qualifizierte elektronische Signatur oder eine notarielle Beurkundung verlangen. Das Rechtsgeschäft ist jedoch bereits mit Erfüllung der erleichterten Formerfordernisse wirksam.

II. Gesellschaftervereinbarung (SHA)

Bei einer zwischen den (künftigen) Gesellschaftern geschlossenen Gesellschaftervereinbarung, in der üblicherweise unter anderem Regelungen zur Zusammenarbeit der Gesellschafter, zum Exit und zu den Beteiligungen geregelt werden, gelten die Ausführungen zum SPA entsprechend. Grundsätzlich können SHA mit jeder beliebigen Form abgeschlossen oder geändert werden. Steht jedoch eine Verpflichtung zum (späteren) Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen im Raum (z.B. im Rahmen eines Vorerwerbsrechts oder einer Mitverkaufspflicht), sollte aufgrund des von der Rechtsprechung vertretenen Vollständigkeitsgrundsatzes auch das SHA notariell beurkundet werden.

III. Gesellschafterdarlehen

Gesellschafterdarlehen, die oftmals für das Funding der Erwerberstruktur zum Einsatz kommen, können ebenfalls mit jeder beliebigen Form abgeschlossen oder geändert werden. Das Schriftformerfordernis für den Abschluss nach § 492 Abs. 1 S. 1 BGB beschränkt sich auf Verbraucherdarlehensverträge, das heißt Darlehensverträge, bei denen der Darlehensnehmer ein Verbraucher ist. Auch bei Gesellschafterdarlehen bietet sich der Einsatz der zumindest fortgeschrittenen elektronischen Signatur an, um eine Dokumentation bzgl. der Unterzeichner und Zeitpunkt des Abschlusses zu gewährleisten. Soll zur Besicherung des Darlehens eine Bürgschaft erteilt werden, ist hierfür das zwingende und nicht durch die elektronische Form zu ersetzende Schriftformerfordernis nach § 766 S. 1-2 BGB zu beachten.

IV. Gesellschafterbeschlüsse

Beschlüsse der Hauptversammlung einer börsennotierten Aktiengesellschaft sind nach § 130 Abs. 1 S. 1 AktG stets durch notariell aufgenommene Niederschrift zu beurkunden. Für Beschlüsse der Hauptversammlung einer nichtbörsennotierten AG, für die nach dem Gesetz keine Dreiviertel- oder größere Mehrheit bestimmt sind, reicht eine vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu unterzeichnende Niederschrift aus.

Beschlüsse der Gesellschafter einer GmbH werden grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 GmbHG in Versammlungen gefasst. Nach § 48 Abs. 2 GmbHG bedarf es der Abhaltung einer Versammlung nicht, wenn sämtliche Gesellschafter in Textform mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären. Die Norm ist dispositiv, weshalb in der Satzung verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich der Beschlussfassung geregelt werden können, wie z.B. die fernmündliche Abstimmung durch eine Telefonkonferenz.

Obwohl grundsätzlich die gesellschaftsvertraglichen Regelungen maßgeblich sind, müssen bestimmte Beschlüsse von Gesetzes wegen weiterhin notariell beurkundet werden. Darunter fallen nach § 53 Abs. 2 GmbHG Beschlüsse, die eine Satzungsänderung beinhalten, wie beispielsweise die Erhöhung des Stammkapitals.

Einzelne Beschlüsse, wie die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, sind an sich formfrei (soweit die Satzung dies zulässt). Allerdings sind Änderungen in den Personen der Geschäftsführer zum Handelsregister anzumelden, was gemäß §12 Abs. 1 S. 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen hat. Bisher kann eine Beglaubigung nur im Rahmen eines Präsenztermins, i.d.R. beim Notar, erfolgen (§ 40 Abs. 1 BeurkG). Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) am 1. August 2022 wird erstmals eine durch den Notar durchzuführende Fernbeglaubigung mittels eines von der Bundesnotarkammer betriebenen Videokommunikationssystems möglich sein (künftig § 40a BeurkG).

V. Vollmachten

Grundsätzlich können Vollmachten gemäß § 176 Abs. 2 BGB formfrei erteilt werden. Lediglich in wenigen gesetzlichen Fällen, wie bei der Errichtung einer GmbH oder der Übertragung eines Grundstücks, ist eine notariell errichtete Vollmacht erforderlich. Wird allerdings ein Vertrag vor dem Notar beurkundet, so hat dieser die Vertretungsmacht der Beteiligten gemäß § 17 BeurkG i.V.m. § 12 BeurkG zu prüfen. Die Vollmachtsurkunde ist dem Notar in Urschrift vorzulegen kann daher nur ein handschriftlich unterzeichnetes Dokument sein.

Schlusswort

Sofern das Gesetz keine bestimmte Form erfordert, haben die Parteien zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten zum Einsatz elektronischer Signaturen. Im Rahmen von Transaktionen und bei der Verwaltung von Portfoliogesellschaften kommen diese insbesondere bei Anteilskauf- und Abtretungsverträgen sowie Gesellschaftervereinbarungen in Betracht, sofern keine GmbH-Geschäftsanteile betroffen sind, bei Gesellschafterdarlehen, wenn kein Verbraucher als Darlehensnehmer beteiligt sind, bei Gesellschafterbeschlüssen, falls diese Form im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist und gesetzliche Regelungen nicht entgegenstehen und bei Vollmachten, sofern diese nicht für eine notarielle Beurkundung benötigt werden.

Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte in einer Vereinbarung jeweils festgelegt werden, dass eine elektronische Signatur möglich ist und welche Art(en) der elektronischen Signatur zulässig sein soll(en).