Leiharbeit: Kein generelles Verbot des Einsatzes von Leiharbeitnehmern während eines Arbeitskampfes
Ein Entleiher darf Leiharbeitnehmer nach § 11 Abs. 5 AÜG nicht einsetzen, wenn sein Betrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist – sofern er nicht sicherstellt, dass die Leiharbeitnehmer keine Tätigkeiten übernehmen, die normalerweise von streikenden Arbeitnehmern ausgeübt werden. Kürzlich hatte das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 13.12.2024 - 19 Ga 86/24) zu klären, ob Gewerkschaften dieses grundsätzliche Verbot auf Basis eines Unterlassungsanspruchs durchsetzen können.
Ausgangssituation
Die Verfügungsbeklage, die nicht tarifgebunden ist, beschäftigt regulär etwa 670 bis 690 Mitarbeiter und zusätzlich zwischen 139 und 281 Leiharbeitnehmer. Die Verfügungsklägerin - eine Gewerkschaft - beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein sofortiges Unterlassen des Einsatzes von Leiharbeitnehmern in der Zeit des noch andauernden Arbeitskampfes. Sie begründete diesen Antrag mit der Dringlichkeit der Angelegenheit: Ein Streik entfalte seine Wirkung nur dann, wenn er unmittelbar Druck auf den Arbeitgeber ausübt. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern könne diesen Druck erheblich reduzieren und damit den Streik ins Leere laufen lassen.
ArbG schließt sich der herrschenden Literaturmeinung an
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Köln stand der Gewerkschaft grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern während laufender oder geplanter Arbeitskämpfe zu. Es schloss sich damit der in der Literatur vorherrschenden Meinung an. Da es bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung zum Unterlassungsanspruch von Gewerkschaften in solchen Fällen gibt, entfaltet das Urteil des Arbeitsgerichts Köln Präzedenzwirkung.
Klage dennoch unzulässig
Das Gericht wies die Klage trotz grundsätzlicher Anerkennung der Ansprüche als unzulässig ab. Der Arbeitgeber hatte noch vor der mündlichen Verhandlung die in Frage stehenden Leiharbeitnehmer nach Hause geschickt und versichert, auch für den Rest des Arbeitskampfes auf deren Einsatz zu verzichten. Damit bestehe – so das ArbG Köln – kein Rechtschutzbedürfnis mehr, da der Arbeitgeber mit seinem Verhalten umfassend dem Antrag der Gewerkschaft nachkam.
Bedeutung in der Praxis
Eine Stellungnahme der Rechtsprechung zu der in der Literatur herrschenden Meinung ist ausdrücklich zu begrüßen. Sie schafft mehr Rechtssicherheit. Für Arbeitgeber wichtig ist, die Grenzen des Verbots des Einsatzes von Leiharbeitnehmern in Arbeitskämpfen auszuloten. Durch eine strategische Gestaltung der Betriebsstruktur kann unter bestimmten Voraussetzungen vermieden werden, dass es überhaupt eingreift. Dies ist nach § 11 Abs. 5 Satz 2 AÜG nämlich nicht der Fall, wenn der Leiharbeitnehmer Tätigkeiten verrichtet, die kein regulärer Arbeitnehmer des bestreikten Betriebs ausführt. Das Gesetz enthält eben kein generelles Verbot des Einsatzes von Leiharbeitnehmern während Arbeitskampfmaßnahmen.
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