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Lobbyregister: Neue Meldepflicht für Interessenvertreter ab dem 01.01.2022

08.12.2021
    • Umfangreiche Angaben von Interessenvertretern im Lobbyregister erforderlich, die für die Öffentlichkeit einsehbar sind
    • Bußgelder bei unvollständigen, unrichtigen oder nicht rechtzeitigen Angaben möglich
    • „Blacklisting“ bei Verweigerung von Angaben
    • Möglichkeit der Beschränkung der Einsichtnahme

Zum 01.01.2022 tritt das neue Lobbyregistergesetz (LobbyRG) in Kraft. Dadurch wird ein neues Melderegister geschaffen, in das sich sog. Interessenvertreter grundsätzlich einzutragen haben und das durch die Öffentlichkeit einsehbar ist. Dadurch sollen nach dem Willen des Gesetzgebers das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik und die Legitimität der parlamentarischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse gestärkt sowie die illegitime Einflussnahme partikularer Interessenorganisationen und -vertreter verhindert werden.

I. Grundsätzliche Eintragungspflicht für alle Interessenvertreter

1. Weite Definition der Interessenvertreter

 

Von zentraler Bedeutung im LobbyRG ist der Begriff der Interessenvertretung. Personen, die eine Interessenvertretung selbst betreiben oder in Auftrag geben (sog. Interessenvertreter), unterliegen nach § 1 Absatz 4 LobbyRG grundsätzlich einer Pflicht zur Eintragung im Lobbyregister. Interessenvertreter können neben natürlichen Personen auch juristische Personen, Personengesellschaften sowie sonstige Organisationen sein.

Wann eine Interessenvertretung vorliegt, bestimmt sich anhand einer objektiven und einer subjektiven Komponente. Objektiv genügt jede Kontaktaufnahme zu Organen, Mitgliedern, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages oder der Bundesregierung sowie zu (Parlamentarischen) Staatssekretären sowie (Unter-)Abteilungsleitern. Auf die Art und Weise der Kontaktaufnahme kommt es nicht an.

In subjektiver Hinsicht muss die Kontaktaufnahme zum Zwecke der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess dieser Gruppierungen erfolgen. Die Definition des Interessenvertreters ist dabei bewusst weit ausgestaltet, sodass nahezu alle wirtschaftlich veranlassten Kontaktaufnahmen zu den genannten Gruppierungen als Interessenvertretung gelten werden (BT-Drucks. 19/27922, S. 18).

2. Anforderungen an die Eintragungspflicht

 

Interessenvertreter haben sich nach § 2 Absatz 1 LobbyRG unverzüglich im Lobbyregister einzutragen, wenn die Interessenvertretung (i) regelmäßig betrieben wird, (ii) auf Dauer angelegt ist, (iii) geschäftsmäßig für Dritte betrieben wird oder (iv) innerhalb von drei Monaten mehr als 50 unterschiedliche Interessenvertretungskontakte aufgenommen wurden.

Nach der Gesetzesbegründung können diese zusätzlichen Voraussetzungen bereits beim erstmaligen Tätigwerden als Interessenvertretung vorliegen. Denn die Interessenvertretung kann ausweislich der Gesetzesbegründung bereits dann „auf Dauer angelegt“ sein, wenn sie zwar gerade erst begonnen hat, eine regelmäßige Wahrnehmung jedoch intendiert ist. Auch die Anforderungen an die Regelmäßigkeit sind nach der Gesetzesbegründung nicht sehr hoch und zudem nur unpräzise formuliert (BT-Drucks. 19/22179, S. 8). In der Praxis ist zu erwarten, dass aus Vorsichtsgründen wegen des Bußgeldrisikos bereits bei einmaliger oder nur unregelmäßiger Interessenvertretung eine Eintragung im Lobbyregister erfolgt.

II. Ausnahmen von der Eintragungspflicht

Eingeschränkt wird die Eintragungspflicht durch § 2 Absätze 2 bis 4 LobbyRG, wonach eine Eintragungspflicht von Interessenvertretern im Lobbyregister entfällt, wenn und soweit die Interessenvertretung auf bestimmte Weise vorgenommen wird. So nimmt § 2 Absatz 2 Nr. 1 LobbyRG Interessenvertreter, die natürliche Personen sind, von einer Eintragungspflicht aus, soweit diese ausschließlich persönliche Interessen formulieren, unabhängig davon, ob es sich zugleich um unternehmerische oder sonstige Interessen handelt. Ebenfalls ausgenommen sind Interessenvertreter, soweit diese Anliegen von ausschließlich lokalem Charakter geltend machen und nicht mehr als zwei Wahlkreise unmittelbar betroffen sind (§ 2 Absatz 2 Nr. 2 LobbyRG). Eine Ausnahme liegt auch dann vor, soweit ein Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerverband (Art. 9 Absatz 3 des Grundgesetzes) Einfluss auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nimmt (§ 2 Absatz 2 Nr. 7 LobbyRG).

Konsequenterweise sind auch umgekehrte Kontaktaufnahmen ausgenommen, soweit Organe, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen des Bundestags bei Dritten Sachinformationen, Daten oder Fachwissen anfragen (§ 2 Absatz 2 Nr. 5 LobbyRG). Die reine Teilnahme an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse, öffentlichen Kongressen oder anderen öffentlichen Veranstaltungen der Organe, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages muss ebenfalls nicht eingetragen werden (§ 2 Absatz 2 Nr. 4 LobbyRG).

III. Umfangreiche Offenlegungspflichten und Einsehbarkeit durch die Öffentlichkeit

Welche Daten und Informationen zum Lobbyregister einzutragen sind, ist in § 3 Absatz 1 LobbyRG geregelt. Der Umfang der meldepflichtigen Daten ist deutlich weiter als beispielsweise gegenüber dem Transparenzregister. Erweiternd kommt hinzu, dass die Angaben – mit Ausnahme der sensiblen Daten wie Geburtsdaten, Anschrift und elektronischen Kontaktdaten – öffentlich uneingeschränkt einsehbar sind, § 4 Absatz 2 Satz 2 LobbyRG. Überdies sind die Angaben maschinenlesbar, sodass Dritte gezielt mittels der Suchfunktion nach Interessenvertretern suchen können.

Neben persönlichen Angaben zu den natürlichen und juristischen Personen sowie Gesellschaften sind auch weitere Angaben offenzulegen, welche die Interessenvertretung als solche betreffen. So ist zunächst eine Beschreibung des Interessen- und Vorhabenbereichs sowie der Tätigkeit als solcher erforderlich. Trägt sich der Interessenvertreter im Lobbyregister ein, weil er zur Interessenvertretung von einem anderen beauftragt wurde, so sind zusätzlich Angaben zum Auftraggeber notwendig. Offenzulegen ist auch die Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung – davon sind vor allem Personen umfasst, welche die Interessenvertretung unterstützen wie beispielsweise durch Recherchearbeiten – sowie die jährlichen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung.

Hinzu kommt eine Offenlegungspflicht für Jahresabschlüsse, falls insoweit nicht schon eine anderweitige gesetzliche Verpflichtung besteht. Dies kann dazu führen, dass Kapital- sowie Personengesellschaften, die sich bislang auf Befreiungen nach dem HGB oder PublG berufen konnten, etwa wegen der Einbeziehung in einen befreienden Konzernabschluss oder das Nichterreichen von Größenschwellen, zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse verpflichtet sind. Zwar spricht der Wortlaut des § 3 Absatz 1 Nr. 8 LobbyRG nur von juristischen Personen. Dies wird jedoch so zu verstehen sein, dass auch Personengesellschaften von der Offenlegungspflicht für Jahresabschlüsse erfasst werden.

IV. Eintragungspflicht bei „Kettenbeauftragungen“

Bei sog. „Kettenbeauftragungen“ zur Interessenvertretung, also mehrfacher Delegation von Aufgaben innerhalb einer Unternehmensgruppe über mehrere Ebenen der Beteiligungskette, müssen letztlich alle Gesellschaften, welche die Interessenvertretung durch eine andere Gruppengesellschaft explizit beauftragen, zum Lobbyregister gemeldet werden. Denn § 1 Absatz 4 LobbyRG geht davon aus, dass eine Interessenvertretung gerade auch dann besteht, wenn die Interessenvertretung nur „in Auftrag“ gegeben wird. Das bedeutet, dass jede Gesellschaft eintragungspflichtig ist, die eine andere Gesellschaft zur Interessenvertretung beauftragt, selbst wenn diese andere Gesellschaft die Interessenvertretung ebenfalls nur an eine weitere Gesellschaft „in Auftrag“ gibt.

V. Bußgeldbewehrte unverzügliche Eintragungspflicht – Übergangsfrist bis 28.02.2022

Sobald eine Eintragungspflicht vorliegt, muss die Eintragung im Lobbyregister unverzüglich vorgenommen werden, § 2 Absatz 1 Satz 2 LobbyRG. Für Ersteintragungen sieht § 8 LobbyRG eine Übergangsfrist von zwei Monaten vor. Die erstmalige Eintragung der Interessenvertreter ins Lobbyregister hat somit bis zum Ablauf des 28. Februar 2022 zu erfolgen. Weiterhin müssen die Angaben im Lobbyregister mindestens einmal jährlich aktualisiert werden. Die meisten Änderungen der eintragungspflichtigen Daten müssen allerdings schon vor der jährlichen Aktualisierung gemeldet werden.

Werden Angaben nicht rechtzeitig, vollständig oder richtig gemacht, kann dies mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Dafür genügt bereits fahrlässiges Handeln.

VI. „Blacklisting“ bei Verweigerung von Angaben

Im Grundsatz sind eintragungspflichtige Interessenvertreter dazu berechtigt, die Angaben zu jährlichen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung, zu Zuwendungen, Zuschüssen und Schenkungen sowie die Offenlegung des Jahresabschlusses zu verweigern, § 3 Absatz 2 LobbyRG. Allerdings wird die Verweigerung im Lobbyregister vermerkt und die verweigernden Interessenvertreter werden in einer gesonderten öffentlichen Liste im Lobbyregister ausgewiesen, was nach dem Willen des Gesetzgebers zu einem Umdenken der betroffenen Interessenvertreter durch „Blacklisting“ führen soll.

Die Verweigerung der o.g. Angaben hat allerdings auch praktische Folgen. So soll die Teilnahme an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Deutschen Bundestages als Auskunftsperson nur möglich sein, wenn alle erforderlichen Angaben veröffentlicht wurden. Ebenso sollen Interessenvertreter, die sich auf der Blacklist befinden, nicht mehr frühzeitig in Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden.

VII. Die Einsichtnahme in das Lobbyregister kann beschränkt werden

Stehen der Einsichtnahme der eintragungspflichtigen Angaben durch die Öffentlichkeit im Einzelfall überwiegend schutzwürdige Interessen der eintragungspflichtigen Person entgegen, kann – parallel zur vergleichbaren Praxis beim Transparenzregister – die Einsichtnahme in das Lobbyregister ganz oder teilweise beschränkt werden. Schutzwürdige Interessen liegen vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Veröffentlichung im Lobbyregister die betreffenden Personen der Gefahr aussetzen würde, Opfer eines Verbrechens oder eines schweren Hausfriedensbruchs, einer einfachen oder gefährlichen Körperverletzung, einer Nötigung oder einer Bedrohung zu werden.

VIII. Erweiterung des Anwendungsbereichs durch neue Regierungskoalition geplant

Obwohl das LobbyRG noch nicht in Kraft getreten ist, kündigte die neue Regierungskoalition aus SPD, BÜNDNIS 90/Die Grünen und FDP in dem am 24.11.2021 vorgelegten Koalitionsvertrag an, in diesem Bereich nachschärfen zu wollen. Nach derzeitigem Planungsstand sollen künftig bereits Kontakte zu Ministerien ab Referentenebene für eine Interessenvertretung ausreichend sein. Zudem soll der Kreis der eintragungspflichtigen Interessenvertretungen „grundrechtsschonend und differenziert“ erweitert werden.

Nachdem das Gesetz bereits jetzt an einigen Stellen unbestimmt und sehr weit gefasst ist, bleibt abzuwarten, wie eine Nachschärfung des Gesetzes aussehen wird, deren Intention darin besteht, den Anwendungsbereich noch weiter zu vergrößern.

Verstöße gegen die Eintragungspflicht können zu einem erheblichen Bußgeld führen. Auch sollte ein offenlegungspflichtiges „Blacklisting“ vermieden werden. Da der Begriff des Interessenvertreters sehr weit gefasst ist, empfiehlt es sich für alle Gesellschaften, rechtzeitig zu klären, ob eine Eintragungspflicht vorliegt.

Wenn Sie Fragen zum Lobbyregister, insbesondere zum Bestehen einer möglichen Eintragungspflicht (auch für Konzern- oder Gruppengesellschaften), zu eintragungspflichtigen Informationen, Anträgen auf Beschränkung der Einsichtnahme oder zur Erfüllung der Meldepflicht, haben, sprechen Sie uns an. Wir verfolgen kontinuierlich die Entwicklungen im Bereich Lobbyregister.