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Noerr wehrt für DAF Kartell­schadens­ersatz­klage über 600 Mio. EUR ab

11.02.2020

Ein auf Kartellschadensersatz spezialisiertes Team unserer Kanzlei hat eine Schadensersatzklage gegen den Lkw-Hersteller DAF vor dem Landgericht München I erfolgreich abgewehrt. Der von der Kanzlei Hausfeld vertretene Dienstleister Financialright Claims hatte von DAF und weiteren Lkw-Herstellern die Zahlung von mehr als 600 Millionen Euro als Schadenersatz für angeblich kartellbedingt überhöhte Lkw-Preise gefordert. Der auf Massenverfahren spezialisierte Dienstleister hatte sich hierzu von mehr als 3.200 Unternehmen die entsprechenden Ansprüche aus dem Kauf von mehr als 84.000 Lkw abtreten lassen. Das Gericht folgt dabei der von Noerr vertretenen Argumentation und sieht die Abtretungen wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) als nichtig an.

Überschreitung der Grenzen der Inkassoerlaubnis

Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass das Angebot von Financialright von vornherein nicht auf eine außergerichtliche Rechtsdienstleistung, sondern ausschließlich auf eine gerichtliche Sammelklage gerichtet war. Die Dienstleistung sei insofern kein Inkasso im Sinne des RDG und deshalb nicht von der Inkassoerlaubnis der Klägerin gedeckt.

Interessenkonflikte durch Anspruchsbündelung und Prozessfinanzierung

Ferner führt das Geschäftsmodell von Financialright nach Ansicht des Gerichts zu Interessenskonflikten, die die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährden. Beispielsweise könnten sich bei Vergleichsverhandlungen die Interessen von Kunden mit aussichtsreichen Ansprüchen und von Kunden mit negativen Prognosen gegenseitig behindern, wenn alle Ansprüche in einem Pool gesammelt werden. Ferner sieht das Gericht auch die Prozessfinanzierung durch Burford Capital und dessen Interesse an einer Erfolgsprovision von rund 33% kritisch. Das Gericht befürchtet, dass Financialright in zu großer finanzieller Abhängigkeit zum Geldgeber Burford Capital steht und deshalb in der Prozessführung nicht allein die Interessen der Lkw-Käufer berücksichtigt werden, sondern auch oder vornehmlich die Interessen des Prozessfinanzierers.

Sammelklage beeinträchtigt effiziente gerichtliche Durchsetzung

Schließlich bringe die Bündelung der Ansprüche von mehr als 3.200 Unternehmen keine Effizienzvorteile. Die Zusammenfassung der mehr als 84.000 Einzelansprüche beeinträchtige vielmehr deren effiziente gerichtliche Durchsetzung. Das Abtretungsmodell erweitere den Rechtsstreit um weitere komplexe Rechtsfragen und bewirke deshalb eine längere Verfahrensdauer. Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art bei der Abtretung durch einzelne Zedenten gingen zulasten aller Zedenten.

Noerr vertritt DAF in allen Kartell-Schadensersatzverfahren, die wegen des Lkw-Kartells vor deutschen Gerichten erhoben wurden und Schadenersatzansprüche aufgrund der Beschaffung von DAF-Lkw zum Gegenstand haben. Das Urteil (Az. 37 O 18934/17) ist noch nicht rechtskräftig. Financialright hat bereits öffentlich angekündigt, Berufung einzulegen.

Noerr war Vorreiter auf dem Gebiet des Kartellschadensersatzes und ist auch heute, neben dem LKW-Kartell, in nahezu allen wichtigen Komplexen präsent. Mit seinen praxisgruppenübergreifenden, spezialisierten Teams aus Kartell- und Prozessrechtsexperten wehrt Noerr seit Jahren erfolgreich Ansprüche im Nachgang von Bußgeldverfahren ab und ist als eine der führenden Praxen anerkannt, auch auf Klägerseite bei der erfolgreichen Geltendmachung von Kartellschadensersatzansprüchen. Dabei entwickelt Noerr Projekte zur strukturierten Prüfung, Abwehr und Verfolgung von Kartellschadensersatzansprüchen und vertritt Mandanten gerichtlich und außergerichtlich.