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Russland-Sanktionen:­ Reporting­pflichten für EU-Banken konkretisiert

16.04.2024

Im Rahmen der Russland-Sanktionen unterliegen Banken und Finanzinstitute zunehmend Prüf- und Meldepflichten (bspw. in Art. 5a Abs. 4a und Art. 5g Verordnung (EU) Nr. 833/2014).

Zum 1. Juli 2024 wird eine neue Meldepflicht in Kraft treten. Diese betrifft aus der EU ausgehende Zahlungen von Unternehmen sowie sonstigen Organisationen und Einrichtungen, die von russischen Eigentümern gehalten werden. Am 12. April 2024 veröffentlichte die Kommission eine Handreichung zu diesen jüngsten Meldepflichten. Diese adressiert 16 häufig gestellte Fragen.[1] Des Weiteren wurde ein Muster für die Meldungen an die national zuständigen Stellen – in Deutschland die Deutsche Bundesbank – veröffentlicht.[2]

A. Weitreichende Reportingpflichten für Unternehmen und Banken

Im Dezember 2023 wurde Art. 5r in die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 aufgenommen.[3]

Dieser verpflichtet in Absatz 1 zunächst in der EU niedergelassene juristische Personen, Einrichtungen und Organisationen, Geldtransfers von mehr als EUR 100.000 in ein Zielland außerhalb der Union zu melden, sofern die Eigentumsrechte an der zahlenden Unionsperson mittelbar oder unmittelbar zu mehr als insgesamt 40 % von (a) in Russland niedergelassenen juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder (b) russischen Staatsangehörigen oder (c) einer natürlichen Person mit Wohnsitz in Russland gehalten werden.

Daneben sind gemäß Art. 5r Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 833/2014 Kredit- und Finanzinstitute verpflichtet, derartige Geldtransfers zu melden, sofern sie für eine aus Russland gehaltene Institution im Sinne des Absatzes 1 eingeleitet werden.

B. Umfassender Anwendungsbereich und schwierige Abgrenzungsprobleme

Die Fragen und Antworten der Kommission betreffen überwiegend den Anwendungsbereich der Norm, also die Frage, ob überhaupt eine Meldung zu erfolgen hat. Daneben werden auch Modalitäten der Meldungen beleuchtet.

Hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Meldepflicht für Kredit- und Finanzinstitute wird zunächst klargestellt, dass auch Niederlassungen außerhalb der Union erfasst sind, sofern die Niederlassung keine eigene (ausländische) Rechtspersönlichkeit besitzt (Fragen 4 und 5).

Außerdem wird klargestellt, dass der Begriff „Gelder“ in Art. 5r Verordnung (EU) Nr. 833/2014 finanzielle Vermögenswerte und Vorteile jeder Art meint (Frage 3). Der meldepflichtige Schwellenwert von EUR 100.000 muss nicht durch einen individuellen Transfer überschritten werden, vielmehr werden einzelne Zahlungen im Berichtszeitraum zusammengerechnet (Frage 7).

Erhebliche praktische Schwierigkeiten dürfte die Bestimmung der (mittelbar) aus Russland gehaltenen EU-Unternehmen und Einrichtungen im Anwendungsbereich der Meldepflicht mit sich bringen. Diesbezüglich stellt die Kommission klar, dass die 40 %-Schwelle aggregiert berechnet wird. Dementsprechend greift die Meldepflicht, wenn die Addition aller von relevanten russischen Personengruppen gehaltenen Eigentumsrechte die Schwelle überschreitet (Frage 9).

Eine „mittelbare“ Eigentümerstellung der relevanten russischen Personengruppen im Sinne des Art. 5r Verordnung (EU) Nr. 833/2014 meint eine Letzteigentümerstellung, die rechtlich durch zwischengeschaltete Einrichtungen und juristische Personen („intermediaries“) vermittelt wird. Faktische Möglichkeiten der Einflussnahme sind nicht maßgeblich (Frage 10).

Die Bestimmung der betroffenen EU-Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen, die aus Russland gehaltenen werden, haben Kredit- und Finanzinstitute zunächst anhand von Know Your Customer-Informationen vorzunehmen. Sofern nicht alle relevanten Informationen vorliegen, müssen die fehlenden Informationen im Rahmen des nächsten allgemeinen, turnusmäßigen Kundenscreenings eingeholt werden (Frage 12).

Komplexe praktische Fragen dürften sich außerdem hinsichtlich der Feststellung meldepflichtiger „indirekter Transfers“ im Sinne von Art. 5r Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 833/2014 stellen. Diesbezüglich gibt die Kommission ein Beispiel, wonach ein Transfer über einen oder mehrere Mittelsmänner in der EU mit einem Letztziel außerhalb der Union ein indirekter Transfer sei (Frage 6).

Außerdem wurden die Modalitäten der Meldungen präzisiert, insbesondere durch das Muster einer Meldung. Die Meldungen der Kredit- und Finanzinstitute für das erste Halbjahr 2024 müssen bis zum 15. Juli 2024 erfolgen, für das zweite Halbjahr 2024 bis zum 15. Januar 2025 (Frage 8).

Bei Unternehmensgruppen sind die einzelnen juristischen Personen gegenüber den relevanten Behörden im jeweiligen Mitgliedsstaat meldepflichtig, eine gesammelte Meldung einer Unternehmensgruppe für die gesamte EU ist nicht möglich (Frage 15).

C. Unsicherheiten bleiben trotz Klarstellungen bestehen

Die neue Handreichung bringt angesichts der näher rückenden Meldetermine einige willkommene Klarstellungen. Allerdings dürften in der Praxis noch erhebliche Unsicherheiten in der Bewertung der Meldepflichtigkeit einiger Transfers verbleiben. Angesichts des zum 15. Juli 2024 anstehenden ersten Meldestichtages, sollten betroffene Kredit- und Finanzinstitute die Implementierung der neuen Meldepflichten zeitnah vorantreiben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[1] EU-Kommission, Frequently Asked Questions on the Reporting on Outgoing Transfers Concerning Sanctions Adopted Following Russia’s Military Aggression Against Ukraine, 12.4.2024, https://finance.ec.europa.eu/document/download/5e05f301-c39e-4cd0-bdcb-f1d13e9b9dcd_en?filename=faqs-sanctions-russia-outgoing-transfer-reporting_en.pdf (abgerufen 16.4.2024).

[2] EU-Kommission, Reporting Template on Outgoing Transfers under Article 5r of Council Regulation (EU) No 833/2014, 12.4.2024, https://finance.ec.europa.eu/document/download/c36b6910-a3e4-4a5b-a342-3f34aab4568b_en?filename=faqs-sanctions-russia-outgoing-transfer-article-5r-reporting-template_en.xlsx (abgerufen 16.4.2024).

[3] Vgl. Sachs/Rösch, 12. EU-Sanktionspaket: Handlungsbedarf für Unternehmen, Noerr Insight, 20.12.2023, https://www.noerr.com/de/insights/12-eu-sanktionspaket-handlungsbedarf-fuer-unternehmen (abgerufen 16.4.2024).