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Unternehmen aufgepasst: Überschießende Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie kommt

25.11.2021
Am gestrigen Tage haben die künftigen Regierungsparteien SPD, FDP und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Aus diesem gehen auch die Umsetzungspläne der Koalitionspartner hinsichtlich der europäischen Whistleblower-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937) hervor:

Die letzte Bundesregierung haderte mit einer überschießenden Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie (das heißt einer über ihren Anwendungsbereich hinausgehenden Umsetzung in deutsches Recht) und scheiterte deshalb mit ihrem Umsetzungsvorhaben im April diesen Jahres. Die neue Bundesregierung hingegen scheint sich über eine überschießende Umsetzung einig zu sein. Auf Seite 111 des Koalitionsvertrages führen die Koalitionsparteien aus, dass sie Hinweisgeber nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor Repressalien schützen wollen, sondern auch bei einer Meldung von

„erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt“.

Damit beabsichtigen SPD, FDP und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN die Richtlinienvorgaben auch für Verstöße gegen rein nationales Recht zur Anwendung zu bringen. Die genaue Reichweite dieser überschießenden Umsetzung bleibt allerdings unklar – ob etwa nicht rechtswidriges, aber anstößiges und unmoralisches Fehlverhalten ebenfalls ein tauglicher Meldegegenstand sein wird, bleibt abzuwarten.

Unternehmen müssen sich jedenfalls darauf einstellen, dass Hinweisgeber den hohen Schutz der Whistleblower-Richtlinie vor Repressalien wie einer Kündigung oder Versetzung zukünftig sowohl bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht als auch bei der Meldung von Verstößen gegen nationales Recht genießen werden.

Zudem sind bereits eingerichtete bzw. künftig zwingend zu implementierende interne Hinweisgeber-Systeme an einen solchen überschießenden Anwendungsbereich des deutschen Umsetzungsgesetzes anzupassen.

Es ist zu erwarten, dass die Umsetzungsdebatte in den nächsten Monaten wieder an Fahrt gewinnen wird – eine intensive Auseinandersetzung mit den Richtlinienvorgaben und ihren Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis ist daher unumgänglich. Um diesen Prozess zu unterstützen erscheint ab dem morgigen Tag bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 17.12.2021 eine Beitragsreihe, die die für die Praxis wesentlichen Themenkomplexe der Whistleblowing-Richtlinie näher beleuchtet und einen anwendungsfreundlichen Leitfaden für Arbeitgeber bietet.

Lesen Sie hierzu:

 

 

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