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Compliance - Jahres­rückblick 2015

22.12.2015

Das Jahr 2015 war geprägt von zentralen Compliance-Entscheidungen, -Verlautbarungen und neuen Gesetzen im In- und Ausland. Hierzu zählen insbesondere:

  • Neuerungen im Korruptionsstrafrecht,
  • die Einführung des Mindestlohns sowie die angekündigte Neuregelung des Werkvertragsrechts und des Rechts der Leiharbeit,
  • Erläuterung der Europäischen Kommission zur Durchführung von unangekündigten Untersuchungen,
  • Neuerungen im Unternehmensstrafrecht in Großbritannien, den USA und Russland sowie 
  • eine verstärkte Aktivität staatlicher Behörden gegen Compliance-Verstöße in Rumänien.

Die Ereignisse zeigen, dass Compliance keineswegs „alter Wein in neuen Schläuchen ist“, sondern sich im Unternehmensalltag immer wieder neu beweisen muss. Folgend haben wir die wesentlichen Entwicklungen im Jahr 2015 für Sie zusammengefasst:

Einführung des sog. Geschäftsherrenmodells ins deutsche Korruptionsstrafrecht

Im November 2015 ist eine Neufassung des Tatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB in Kraft getreten. Kern dieser Änderung ist die Ausdehnung des sog. Geschäftsherrenmodells auf das deutsche Korruptionsstrafrecht im privaten Sektor.

War es bislang lediglich strafbar, wenn ein Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs als Gegenleistung für einen Vorteil einen anderen im Wettbewerb bevorzugt, etwa bei der Auftragsvergabe, so soll künftig zusätzlich jede Handlung erfasst sein, in der der Angestellte oder Beauftragte seine Pflichten gegenüber dem Geschäftsherren verletzt; eine Bevorzugung im Wettbewerb ist nicht mehr erforderlich. Es bleibt offen, worin diese Pflichtverletzung im Einzelnen liegen soll. Jedenfalls ist zu erwarten, dass das Strafbarkeitsrisiko massiv ausgedehnt werden wird. So kann gerade für besonders regulierte Unternehmen mit strengem Pflichtenkanon die Gefahr verstärkter Ermittlungsverfahren bestehen, wenn durch einen Angestellten gegen eine solche Pflicht verstoßen wird und der Angestellte hierfür eine noch so geringwertige Zuwendung erhalten hat. So können auch Compliance-Richtlinien zur Vermeidung einer Strafbarkeit im schlimmsten Fall strafbarkeitsbegründend wirken. Allein eine Pflichtverletzung durch Annahme eines Vorteils soll aber den Tatbestand nicht erfüllen, wie jedenfalls die Gesetzesbegründung klarstellt.

Zusätzlich wurden im Zuge dieser Gesetzesänderung die Amtsträgerbestechungsdelikte verschärft. So werden nunmehr auch europäische Amtsträger als taugliche Empfänger einer Bestechungsleistung sowie im Hinblick auf den Tatbestand der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung erfasst. Dies ist eine Verschärfung gegenüber der bisherigen Rechtslage, da bislang notwendig war, dass der europäische Amtsträger eine pflichtwidrige Diensthandlung als Gegenleistung für die Zuwendung erbringt. Auch im außereuropäischen internationalen Kontext findet eine Verschärfung statt. Hier entfällt das Erfordernis einer grenzüberschreitenden Zuwendung.

Die Verschärfung setzt sich auch im Geldwäscherecht fort. So ist insbesondere der neu gefasste § 299 StGB neuerdings taugliche Geldwäschevortat, sodass bereits ein grob fahrlässiges (leichtfertiges) ein Sich-Verschaffen oder Verwenden von Geldern, die aus Bestechungsleistungen herrühren, eine Geldwäschestrafbarkeit nach sich ziehen können. Im Zusammenspiel mit der Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 299 StGB werden Gewinne aus Geschäften, deren Ursprung zumindest zweifelhaft ist, sehr rasch bemakelt und damit wirtschaftlich wertlos sein.

Weiterführende Artikel: Deutliche Verschärfungen im Korruptionsstrafrecht auf den Weg gebracht

Korruption im Gesundheitswesen

Zudem soll demnächst eine Neuregelung zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen in Form eines neuen § 299a StGB in Kraft treten. Im Sommer hat das Bundeskabinett einen entsprechenden Entwurf gebilligt.

Der Gesetzgeber reagiert hiermit auf eine Entscheidung des Großen Senats des BGH vom 29.03.2012, in dem dieser die Amtsträgereigenschaft von niedergelassenen (Vertrags-)Ärzten verneint und zudem festgestellt hat, dass niedergelassene Ärzte auch keine Beauftragten im Sinne des § 299 StGB sind. Zuwendungen an niedergelassene Ärzte zur Beeinflussung von deren Verhalten, insbesondere im Hinblick auf Zuweisungen von Patienten, konnten daher korruptionsrechtlich nicht erfasst werden.

Nach dem nun auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, soll zukünftig jeder Angehörige eines Heilberufs mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, wenn er ein Vorteil dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten einen Anderen in unlauterer Weise bevorzugt oder in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletzt.

Wesentlicher Unterschied des nun auf den Weg gebrachten Entwurfs zu den Vorentwürfen ist, dass die Bestechlichkeit und die Bestechung im Gesundheitswesen in zwei getrennten Vorschriften, § 299a StGB sowie § 299b StGB behandelt werden sollen und dass nicht nur akademische, sondern sämtliche Gesundheitsberufe erfasst sind. Mit der Neuregelung sollen strafrechtlich vor allem Aktivitäten des sog. Pharmamarketing erfasst werden, also beispielsweise Entgelte für die Beschreibung von Arzneimitteln, aber auch Zuweisungsprämien für niedergelassene Ärzte, von Fachärzten, Kliniken, Laboren oder Sanitätshäusern. Auch die Gestaltung und Durchführung klinischer Studien unter Beteiligung von Ärzten mit nicht eindeutig definiertem wissenschaftlichem Nutzen muss nun auf den Prüfstand kommen.

Anwendbar ist der Entwurf für alle Angehörigen eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatliche geregelte Ausbildung erfordert. Hiervon sind neben Ärzten etwas Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und psychologische Psychotherapeuten erfasst, ebenso wie Gesundheitsfachberufe.

Weiterführende Artikel: Neuer Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen auf den Weg gebracht (§ 299a StGB), Referentenentwurf zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen veröffentlicht

Das Mindestlohngesetz – weit mehr als EUR 8,50

Am 1. Januar 2015 ist das Mindestlohngesetzes (MiLoG) in Kraft getreten. Hiernach haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG beträgt die Höhe des Mindestlohnes derzeit EUR 8,50 brutto je Zeitstunde. Soweit, so bekannt.

Doch welche Zulagen und Zuschläge dürfen hierbei berücksichtigt werden? Wie werden Arbeitszeiten rechtssicher erfasst? Wie lassen sich der gesetzliche Auszahlungszeitpunkt und Arbeitszeitkonten synchronisieren? Welche Risiken drohen Auftraggebern von Werk- oder Dienstleistungen (Stichwort: „Auftraggeberhaftung“) und wie sichern sie sich ab?

Auf diese und weitere Fragen sind Antworten zu finden - gerade mit Blick auf die Tatsache, dass die nicht gesetzeskonforme Auszahlung des Mindestlohns eine Ordnungswidrigkeit ist und Bußgelder bis zu EUR 500.000,- (§§ 20, 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG) und der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge (§ 19 MiLoG) drohen.

Weiterführende Artikel: Vergütung für Bereitschaft – Neue Spielregeln aufgrund des Mindestlohngesetzes?MiLoG: Erste Richtungsweisung zur Anrechenbarkeit von Zuschlägen auf den Grundlohn

(Weitere) Regulierung von Werkverträgen und Leiharbeit

Im November 2015 wurde in Umsetzung des Koalitionsvertrages der erste Gesetzesentwurf unter Anderem zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) veröffentlicht. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, den „Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit“ zu verhindern. Bereits im Vorfeld haben Unternehmen und Verbände, aber auch Gewerkschaften inhaltliche Ankündigungen des Entwurfs als Überregulierung kritisiert.

Unter dem Gesichtspunkt arbeitsrechtlicher Compliance dürfte insbesondere der avisierte Wegfall der sog. „Vorratserlaubnis“ von Bedeutung sein (vgl. § 9 Ziff. 1a Ref-E AÜG). Bislang war es im Rahmen von Fremdpersonaleinsätzen gängige Praxis, eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis „zur Sicherheit“ vorzuhalten. Erweist sich nämlich der Fremdpersonaleinsatz tatsächlich als Arbeitnehmerüberlassung, weil etwa die eingesetzten Arbeitnehmer beim Werkbesteller oder Dienstberechtigten eingegliedert sind (sog. „verdeckte Arbeitnehmerüberlassung“), konnten sich die Beteiligten so vor den Folgen illegaler Arbeitnehmerüberlassung schützen. Diese Praxis und damit dieses Stück Rechtssicherheit wird nach dem derzeitigen Gesetzesentwurf nicht mehr aufrechtzuerhalten sein.

Auch die nach dem Gesetzesentwurf geplante Kodifizierung der durch die Rechtsprechung entwickelten Indizien zur Abgrenzung von Arbeitsvertrag und Werkvertrag (vgl. § 611a Abs. 2 Ref-E BGB) dürfte aus Sicht arbeitsrechtlicher Compliance-Risiken nach sich ziehen. Zwar erweckt die geplante Regelung den Eindruck einer leichteren und klareren Abgrenzung. Tatsächlich entsteht hierdurch aber ein viel größeres Risiko einer Fehlbeurteilung. Zudem werden viele der im Entwurf genannten Kriterien auch legitim als Werkvertrag ausgestaltete Vertragsbeziehungen erfassen und Unternehmen so ohne Not in die Ordnungswidrigkeit treiben.

Weiterführende Artikel: Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen (Teil 1) - Was Unternehmen nach dem neuen Gesetzentwurf zu erwarten haben, Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen (Teil 2) - Was Unternehmen nach dem neuen Gesetzentwurf zu erwarten haben (Teil 2)

Erläuterung zur Durchführung von Durchsuchungen

Die Kommission hat eine überarbeitete Version ihrer Erläuterung zur Durchführung von unangekündigten Durchsuchungen erlassen. In dieser Erläuterung beschreibt die Kommission ihre Vorgehensweise und Ermittlungsbefugnisse bei unangekündigten Durchsuchungen, um mögliche Kartellverstöße aufzudecken. Die Erläuterung der Kommission zeigt, dass die Kommission ihre Ermittlungsbefugnisse weit auslegt. Da Durchsuchungen zunehmend auf die Durchsuchung der IT-Systeme der betroffenen Unternehmen abzielen, stellt die Kommission in ihrer Erläuterung klar, dass die Ermittlungsbeamten nicht nur zur Durchsuchung von Servern und Speichermedien (z.B. externen Festplatten und Cloud-Diensten), sondern auch zur Durchsuchung von privaten Gegenständen und Medien, die zu beruflichen Zwecken genutzt werden, befugt sind.

Weiterführende Artikel: Revised explanatory note on EU Commission inspections published,  Dawn Raids: Europäischer Gerichtshof stellt Grenzen der Ermittlungsbefugnisse der Kommission klar

Haftung von Gehilfen von Kartellrechtsverstößen

Der EuGH hat in einem lang erwarteten Urteil („AC-Treuhand II“) klargestellt, dass Gehilfen von Kartellrechtsverstößen unabhängig davon, ob sie auf dem Markt für die vom Kartell betroffenen Produkte oder Dienstleistungen tätig sind, haftbar gemacht werden können. Das betroffene schweizerische Beratungsunternehmen AC-Treuhand spielte eine wesentliche Rolle bei der Organisation und Durchführung von Kartellabsprachen einer Reihe von Unternehmen, die auf zwei unterschiedlichen Märkten für Wärmestabilisatoren tätig sind. Der EuGH stellte fest, dass das Risiko der Haftung für den von AC-Treuhand geleisteten Beitrag zu der wettbewerbsbeschränkenden Praxis der Unternehmen hinreichend vorhersehbar war.

Weiterführende Artikel: Europäischer Gerichtshof erlässt Grundsatzurteil zur Haftung von Kartellgehilfen („AC-Treuhand II“)

Aufdeckung von Submissionsabsprachen

Das BKartA hat eine Informationsbroschüre zur Aufdeckung von Submissionsabsprachen veröffentlicht, die sich an Vergabestellen richtet. Die in der Informationsbroschüre enthaltene Checkliste, die auf Erfahrungen der Kartell- und Strafverfolgungsbehörden basiert, listet Indikatoren auf, die auf eine Submissionsabsprache hindeuten können. Insofern ist die Informationsbroschüre auch für Unternehmen von Interesse, die den Bezug von Waren oder Dienstleistungen über Ausschreibungen organisieren oder an Ausschreibungen teilnehmen.

Weiterführende Artikel: Bundeskartellamt veröffentlicht Informationsbroschüre zur Aufdeckung von Submissionsabsprachen

Entwicklungen im Unternehmensstrafrecht im In- und Ausland

Im Jahr 2015 ist es vergleichsweise ruhig geworden um den Ende 2013 durch das Bundesland NRW vorgelegten Entwurf eines Verbandstrafgesetzes, durch welches die Kriminalstrafbarkeit von Unternehmen eingeführt werden soll. Der Vorstoß des nordrhein-westfälischen Justizministers Thomas Kutschaty hatte zunächst positive Resonanz, zum Teil aber auch scharfe Kritik auf sich gezogen. Obwohl die Forderung nach einem Unternehmensstrafrecht anlässlich stetig steigender medialer Berichterstattung zur Wirtschaftskriminalität im Jahr 2015 nochmals lauter geworden war, ist der Gesetzesentwurf bis heute nicht in den Bundesrat eingebracht worden.

Ein Blick über die Grenze zeigt dagegen, dass die Praxis der Sanktionierung von Unternehmen anderenorts nicht unerhebliche Neuerungen erlebt hat.

Vereinigtes Königreich: Erstes DPA in Zusammenhang mit UK Bribery Act

Im November 2015 ist das erste Deferred Prosecution Agreement (DPA) zwischen dem britischen Serious Fraud Office (SFO) und einem Unternehmen gerichtlich bestätigt worden.

Bei einem DPA handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen einem Unternehmen und den Strafverfolgungsbehörden mit dem Inhalt, dass Ermittlungen ebenso wie eine Anklage gegen das Unternehmen zunächst zurückgestellt und bei Erfüllung bestimmter in dem DPA vorgesehener Auflagen endgültig fallen gelassen werden. Die gesetzliche Möglichkeit hierzu wurde als Teil des Crime and Courts Act im April 2013 eingeführt. Nachdem die näheren behördlichen Leitlinien im Rahmen des Code of Practice und der Sentencing Guidelines im Jahr 2014 in Kraft traten, machte nunmehr die britische Standard Bank PLC erstmals von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Bemerkenswert ist der Abschluss des DPA vor allem auch deshalb, weil er den Vorwurf eines Verstoßes nach Section 7 des UK Bribery Acts zum Gegenstand hat. Es handelt sich hierbei um eine dem britischen Unternehmensstrafrecht bislang fremde Form von strafrechtlicher Haftung für das Nichtverhindern einer Korruptionstat, bei welcher der Nachweis schuldhaften Handelns eines einzelnen Repräsentanten entbehrlich ist (sog. strict liability).

Obwohl das betroffene Unternehmen den Verdachtsfall aus eigener Initiative frühzeitig an die britischen Verfolgungsbehörden herangetragen und in der Folge umfassend kooperiert hatte, musste es sich nicht nur zur Erstattung der mutmaßlichen Schmiergelder sowie der gesamten aus dem mutmaßlich korruptiv erlangten Auftrag erlangten Vergütung, sondern zudem auch zu einer spürbaren Strafzahlung verpflichten.

Die Bedeutung dieses ersten DPAs kann kaum unterschätzt werden, soll es doch den Äußerungen des Direktors des SFO zufolge auch als Vorlage für zukünftige DPAs herangezogen werden können.

Weiterführende Artikel: UK Bribery Act - Erstes DPA geschlossen

(Wohl) keine Ausweitung gesetzgeberischer Maßnahmen

Allerdings ist in Großbritannien wohl nicht von einer weiteren gesetzgeberischen Ausweitung der strafrechtlichen Haftung von Unternehmen auszugehen, wie jüngste Entwicklungen zeigen: Im Dezember 2014 veröffentlichte die britische Regierung einen Anti-Korruptions-Plan mit 66 Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption. Eine dieser Maßnahmen (Action 36) sah die Einführung neuer Straftatbestände für Unternehmen vor, die bei der Vorbeugung von Wirtschaftskriminalität scheitern. Das Justizministerium wollte die Haftung des bereits im Juli 2011 in Kraft getretenen Antikorruptionsgesetzes (Bribery Act 2010) erweitern. Das Gesetz führte eine Haftung von Unternehmen für den Fall ein, dass diese es versäumen geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Bestechung zu ergreifen (Section 7 (1) Bribery Act 2010). Es ist Unternehmen in diesem Rahmen jedoch möglich sich gegen einen solchen Vorwurf damit zu verteidigen, dass sie adäquate Maßnahmen getroffen haben, um Bestechungshandlungen vorzubeugen. Die Regierung veröffentlichte Leitlinien mit Prinzipien für solche adäquaten Maßnahmen. Das führte dazu, dass Compliance-Programme für Unternehmen noch mehr Bedeutung erlangten. Die Relevanz dieses Gesetzes ist wegen des weiten persönlichen und sachlichen Anwendungsbereiches besonders hoch, denn Gesellschaften unterliegen der Haftung, wenn sie nach britischem Recht gegründet wurden oder eine geschäftliche Tätigkeit in Großbritannien ausüben. Die geplanten Änderungen sollten den Haftungstatbestand für Unternehmen neben der Bestechung auf andere Delikte der Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche und Betrug erweitern. Der Aktionsplan sah eine Überprüfung der Situation und Einführung neuer Unternehmensstraftatbestände für Juni 2015 vor. Auf eine schriftliche Anfrage teilte der britische Junior-Justizminister Andrew Selous Ende September 2015 mit, dass die Regierung in diesem Stadium keine Erweiterung der strafrechtlichen Haftung für Unternehmen vorsehe. Nach seiner Aussage gebe es kaum Hinweise, dass solche Vergehen durch Unternehmen unbestraft bleiben würden. Noch im Jahr 2012 befand die britische Regierung die Anzahl der gerichtlichen Prozesse zu Unternehmensstraftaten als zu gering. Daher stellt sich die aktuelle Äußerung als eine Kehrtwende der Regierung dar, die nun mehr keinen weiteren Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität sieht.

Im Vorfeld hatten mehrere Wirtschaftsverbände für eine Lockerung der Vorgaben für Unternehmen plädiert. Britische Medien sehen die aktuellen Veränderungen als einen neuen Beginn der Deregulierung im Wirtschaftssektor unter der im Mai wiedergewählten konservativen Partei von David Cameron.

USA: Verschärfung der Anforderungen an Strafmilderung

Auch die US-amerikanischen Verfolgungsbehörden haben ein verschärftes Vorgehen im Bereich der Unternehmensdeliquenz angekündigt.

Im Unterschied zu Deutschland kennt das US-amerikanische Strafrecht eine Unternehmensstrafbarkeit bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch der Abschluss von DPAs ist hier, dies wiederum im Gegensatz zum Vereinigten Königreich, seit Langem fester Bestandteil der Verfolgungspraxis. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit eines vollständigen Verzichts auf Strafverfolgung im Rahmen eines so genannten Non Prosecution Agreements (NDA). Um sich für den Abschluss eines NDA oder DPA zu qualifizieren, muss ein Unternehmen umfassende freiwillige Aufklärungsbeiträge leisten, welche dann im Gegenzug strafmildernd berücksichtigt werden.

Das Department of Justice (DOJ) hat hierzu im September 2015 angekündigt, die Kooperationsleistung eines Unternehmens nur noch dann im Rahmen der Sanktionierung zu berücksichtigen, wenn hierdurch auch die Verfolgung der individuellen Verantwortungsträger sichergestellt würde. In dem von der stellvertretenden Generalstaatsanwältin Yates veröffentlichten Memorandum werden hierzu insgesamt 6 Prinzipien formuliert. Im Zentrum steht insoweit, dass das Unternehmen alle Personen benennen muss, welche in strafrechtliche Verstöße involviert oder daran beteiligt waren. Ferner müssen alle hierzu zur Verfügung stehenden Informationen offengelegt werden.

Nur kurze Zeit nach der Veröffentlichung des Yates Memorandums hat auch der Direktor der Enforcement Division der US-amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) der strafrechtlichen Sanktionierung individueller Verantwortungsträger zentrale Bedeutung zugesprochen und angekündigt, dass die SEC diese auch im Rahmen ihrer künftigen Tätigkeit weiter vorantreiben werde. Für den Bereich strafrechtlicher Ermittlungen nach dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) kündigte er zudem an, die Anforderungen in Zusammenhang mit Kooperationsbeiträgen eines Unternehmens weiter zu verschärfen. So werde die SEC bei Verstößen gegen den FCPA fortan nur noch in solchen Fällen eine Empfehlung für den Abschluss eines NPA oder DPA aussprechen, in welchen das Unternehmen den Verdachtsfall aus eigener Initiative offenbart hat. Soweit die Behörden im Rahmen ihrer eigenen Ermittlungen oder durch Hinweise eines Whistleblowers auf den Verdachtsfall aufmerksam würden, werde dies zukünftig ausscheiden.

Weiterführende Artikel: DOJ: Neues Memorandum zur Verfolgung natürlicher Personen

Russland: Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit von Unternehmen vorgelegt, allerdings noch nicht verabschiedet

Strafrechtliche Haftung von juristischen Personen

Unternehmen sind nicht Subjekte des russischen Strafrechts, können aber nach den Regeln des Ordnungswidrigkeitsgesetzes für aus dem Unternehmen erfolgte Straftaten verantwortlich gemacht werden. Im März 2015 wurde ein Entwurf des „Gesetzes über die strafrechtliche Haftung von Juristischen Personen” in die russische Staatsduma eingebracht.

Der Entwurf sieht etwa dreißig strafbare Handlungen von juristischen Personen (z. B. Geldwäsche, Bestechung, Verletzung internationaler Kapitalfluchtregeln, Terrorakte, Beschäftigung von Sklaven, Menschenhandel) sowie sechs Arten von anwendbaren Sanktionen vor. Diese Sanktionen umfassen Warnungen, Geldstrafen, die Annullierung von Lizenzen, den Verlust des Rechts zur Ausführung bestimmter Tätigkeiten sowie das Verbot der Geschäftstätigkeit auf dem Territorium der Russischen Föderation und sogar die Liquidation des betroffenen Unternehmens. Die Sanktionen würden in Zukunft nicht nur russischen, sondern auch ausländischen Gesellschaften sowie internationalen Organisationen auferlegt werden, die auf dem Territorium der Russischen Föderation tätig sind.

Das auch in Russland erforderliche Merkmal des Verschuldens wird an das Verschulden des Generaldirektors der juristischen Person geknüpft und ihr zugerechnet. Die Verantwortung von einzelnen Personen schließt die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Gesellschaften und umgekehrt nicht aus.

Eine Strafe für Unternehmen kann bis zu 30 Millionen Rubel (ca. EUR 428.000,00) betragen. Eine Geldstrafe kann auch in der Höhe eines Prozentsatzes der illegal erlangten Einnahmen festgesetzt werden. Ferner sollen die Behörden nach dem Gesetzentwurf Erlaubnisse für die geschäftliche Tätigkeit widerrufen können.

Der Entwurf erfasst auch die Haftung von verdächtigen juristischen Personen, die während eines laufenden Strafverfahrens umgewandelt (reorganisiert) wurden. In diesem Fall können dem Nachfolger Geldstrafen auferlegt werden, wenn er von der durch die juristische Person begangenen Straftaten Kenntnis hatte oder Kenntnis hätte haben müssen.

Weitere Einzelheiten finden Sie im Gesetzesentwurf Nr. 750443-6

Bestechung: Neue Entwicklungen im Ordnungswidrigkeitenrecht

Ergänzend soll auch das Ordnungswidrigkeitenrecht reformiert werden: Im August 2015 wurde ein Gesetzesentwurf in die Staatsduma eingebracht, der die Verantwortung ausländischer juristischer Personen, des Generaldirektors, der Mitglieder des Verwaltungsrats der Gesellschaft oder Amtsinhaber einer internationalen Gesellschaft regelt.

Voraussetzung hierfür ist eine nicht gesetzeskonforme Lieferung von Waren, das nicht gesetzeskonforme Versprechen oder das nicht gesetzeskonforme Anbieten einer Belohnung im Interesse oder für eine juristische Person, die außerhalb der Russischen Föderation und gegen Interessen der Russischen Föderation erfolgt.

Es wird klargestellt, dass russische juristische Personen, die ein solches Vergehen in anderen Ländern begehen, ebenfalls haften. Voraussetzung hierfür ist die Begehung eines Vergehens außerhalb der Russischen Föderation, die Schädigungsabsicht bzgl. der Russischen Föderation sowie die Absicht, auf eine bestimmte Handlung oder Unterlassung einer Person durch die illegale Belohnung einzuwirken.

Bei Verletzung dieser Regelungen droht eine Strafzahlung bis zu RUB 100 Mio. (ca. EUR 1.428.570,00) sowie die Beschlagnahme von Geldern und sonstiger zur Bestechung verwendeter Vermögenswerte. Die Höhe der Strafzahlung richtet sich nach der Summe der illegalen Belohnung. 

Rumänien: Verstärkte Aktivitäten der rumänischen Behörden zur Bekämpfung der Korruption, der Steuerhinterziehung und des unlauteren Wettbewerbs

Auch im Jahr 2015 ist deutlich zu beobachten, dass zahlreiche Behörden wie insbesondere die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (DANN), die Finanzbehörde und die Wettbewerbsbehörde ihre Aktivitäten verstärken um dazu beizutragen, dass die rumänische Wirtschaft in zentralen Fragen „compliant“ handelt. Lag der Fokus der Tätigkeit zunächst auf der Untersuchung der Bestechung von Amtsträgern und insbesondere Politikern, konzentrieren sich diese Behörden nun auch auf den Privatsektor.

Ein Warnsignal für Unternehmen, die in Rumänien tätig sind! Denn es drohen nachhaltig wirkende Sanktionen, die von Geldbußen, einem zeitweiligen Tätigkeitsverbot, der Schließung von Betriebsstätten bis hin zur Auflösung des Unternehmens reichen können. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist der Reputationsschaden, der sich ebenfalls existenzbedrohend auswirken kann. Ebenfalls ist zu bedenken, dass Compliance-Verstöße sich bei der Übernahme durch ausländische Unternehmen negativ auswirken oder gar die gesamte Transaktion verhindern können.

All dies zeigt, dass eine Compliance-Organisation auch für in Rumänien tätige Unternehmen unabdingbare Voraussetzung für ihre geschäftliche Tätigkeit ist.

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