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Entwurf für ein neues Staatsangehörig­keitsgesetz

12.06.2023

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat am 06.01.2023 den anderen Ressorts der Bundesregierung einen Entwurf für ein neues Staatangehörigkeitsgesetz zur Abstimmung zugeleitet. Hierauf aufbauend hat sich die Regierung nach langen Diskussionen nunmehr auf den „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ geeinigt. Dieser Entwurf knüpft an das Eckpunktepapier zu einem modernen Einwanderungsgesetz an [⁣Eckpunktepapier zu einem modernen Einwanderungsgesetz - Noerr]. Hintergrund ist laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser „Anreize für Integration [zu schaffen], statt Hürden aufzubauen und lange Wartezeiten zu verlangen“.

Welche Erleichterungen sind für die Einbürgerung vorgesehen?

Der Entwurf sieht maßgebliche Änderungen im Rahmen der Einbürgerung nach § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) vor.

Geringere Anforderung an den Erwerb der deutschen Sprache

Die Anforderungen an den Erwerb der deutschen Sprache sollen für bestimmte Gruppen gelockert werden. In dem Entwurf sind Erleichterungen beim Sprachnachweis sowie der Wegfall der Verpflichtung zu einem Einbürgerungstest für alle, die mindestens 67 Jahre alt sind, vorgesehen. Für jüngere Einbürgerungswillige soll es im Rahmen des Sprachnachweises eine Härtefallregelung geben. In Ausnahmefällen - etwa wegen der Pflegebedürftigkeit eines Familienmitglieds - soll es ausreichen, sich ohne nennenswerte Probleme im Alltag in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können. Erforderlich ist jedoch ein Nachweis, dass dem/der Ausländer*in der Erwerb der ausreichenden Sprachkenntnisse trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nicht möglich oder dauerhaft wesentlich erschwert ist. Für so genannte Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer sollen zudem Alltagssprachkenntnisse ausreichen, ohne dass ein entsprechender Nachweis über Sprachlernbemühungen vorgelegt werden müsste.

Reduzierung der Mindestaufenthaltszeit

Zudem ist eine Reduzierung der erforderlichen Aufenthaltsdauer in Deutschland vorgesehen. Nach dem Entwurf soll der Erwerb der Staatsbürgerschaft bereits nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren Aufenthalt möglich sein. Ein Aufenthalt von nur drei Jahren soll bei Vorliegen von „besonderen Integrationsleistungen“ möglich werden - etwa besonderen schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder ehrenamtlichem Engagement und besonders guten Sprachkenntnissen (Sprachprüfung der Stufe C1).

Die Reduzierung der erforderlichen Aufenthaltsdauer in Deutschland soll spiegelbildlich auch für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern gelten. Ist bisher noch ein achtjähriger Aufenthalt eines Elternteils in Deutschland Voraussetzung für die Einbürgerung, so soll zukünftig bereits ein fünfjähriger Aufenthalt ausreichen.

Doppelte Staatsangehörigkeit wird möglich

An dem in § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG verankerten Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit soll künftig nicht mehr festgehalten werden. Die Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes muss dann im Fall der Einbürgerung nicht mehr aufgegeben werden. Diese generelle Zulassung von Mehrstaatlichkeit sei vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass für die Integration in Deutschland Aspekte wie Sprachkenntnisse, Bildung, berufliche Eingliederung, die Fähigkeit, grundsätzlich den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten zu können, gesellschaftliche Teilhabe, bürgerliches Engagement, staatsbürgerliche Kenntnisse und Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung weitaus wichtiger seien als die Frage, ob jemand eine oder mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt.

Dementsprechend sollen die bisherigen Regelungen zur „Entlassung“ aus der deutschen Staatsangehörigkeit gestrichen werden. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit wird damit vornehmlich auf Fälle des Verzichts, der Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung und des Eintritts in die Streitkräfte eines ausländischen Staates bzw. der konkreten Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland reduziert.

Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse nicht mehr erforderlich

Die Anforderung der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“, die erst 2019 als Voraussetzung eingeführt wurde und mit der insbesondere die Einbürgerung von Menschen mit mehreren Ehegatten ausgeschlossen werden sollte, soll nun wieder gestrichen werden. Um Mehrehen in Deutschland dennoch zu verhindern, sollen diese als Ausschlussgrund für eine Einbürgerung in § 11 StAG aufgenommen werden. Als weiterer Ausschlussgrund soll zudem die Missachtung der Gleichberechtigung von Mann und Frau ergänzt werden.

Ausschluss der Einbürgerung bei bestimmten Straftaten

Stattdessen soll eine Einbürgerung bei antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Handlungen, insbesondere Straftaten, ausgeschlossen sein, da diese mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind und daher gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstoßen.

Ausblick

Der Entwurf des BMI sieht insbesondere mit der Aufgabe des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit einige wesentliche Änderungen vom bisherigen Staatsangehörigkeitsrecht vor. Durch die beabsichtigten Verkürzungen der erforderlichen Aufenthaltszeiten wird zudem der Weg für eine schnellere Einbürgerung geebnet. Ob diese Änderungen im politischen Diskurs in den Ländern noch aufgeweicht werden oder ob es bei den geplanten Modernisierungen des Gesetzes bleibt, bleibt abzuwarten. Das Gesetz soll jedoch noch in diesem Sommer verabschiedet werden und dann zeitnah in Kraft treten.