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Europäische Kommission stellt Automobil­paket vor – CO2-Emissions­ziele, Energie­verbrauchs­kenn­zeichnung, Batterie-Booster, Firmen­fahrzeuge

23.12.2025

Am 16. Dezember 2025 hat die Europäische Kommission ein weitreichendes Maßnahmenpaket für die Automobilindustrie vorgestellt. Mit dem sogenannten „Automobilpaket“ zielt die Kommission darauf ab, den Automobilsektor beim Übergang zu sauberer Mobilität zu unterstützen. Entstanden ist das Paket im Rahmen eines strategischen Dialogs unter Beteiligung von Industrie und Interessenvertretern, der seit Januar 2025 unter Leitung der Kommissionspräsidentin geführt wurde.

Herzstück des Pakets ist zunächst die Aufweichung der salopp häufig als „Verbrennerverbot“ (wir berichteten) bezeichneten Reduzierung der CO2-Flottenemissionen auf null (dazu A.); auch die CO2-Vorgaben für schwere Nutzfahrzeuge sollen angepasst werden (dazu B.). Darüber hinaus verkündet die Kommission einen Automobil-Omnibus (dazu C.) sowie einen Batterie-Booster (dazu D.) und will im Übrigen die Dekarbonisierung von Firmenwagen vorantreiben (dazu E.).

Aufweichung der CO2-Flottenziele und Neuregelung der Energie­verbrauchs­kenn­zeichnung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge

Die Kommission (s. COM(2025) 995 final) präsentiert zunächst Vorschläge zur Änderung der CO2-Flottenziele der Verordnung (EU) 2019/631 (dazu I. und II.). Zugleich sollen die bislang in der Richtlinie 1999/94/EG enthaltenen Vorgaben zur Energieverbrauchskennzeichnung auf eine neue Grundlage gestellt werden (dazu III.).

Flottenziele

Nach aktueller Rechtslage wird das EU-weite CO2-Ziel sowie das spezifische CO2-Flottenziel jedes Herstellers ab dem 1. Januar 2035 auf null festgesetzt (vgl. Art. 1 Abs. 5a lit. a) VO 2019/631; entsprechend für leichte Nutzfahrzeuge in Art. 1 Abs. 5a lit. b)). Damit ist zwar rechtlich kein Zulassungsverbot für Verbrenner verbunden, weil die Konsequenz einer Überschreitung des Flottenziels „lediglich“ die Pflicht zur Zahlung einer Abgabe ist (Art. 8 der Verordnung); faktisch mag das freilich wie ein Zulassungsverbot wirken, weil spätestens ab 2035 kein profitables Geschäft mit (neuen) Pkw mit Verbrennungsmotoren mehr möglich sein wird.

Im Laufe des Jahres hatte die EU bereits für eine gewisse Flexibilisierung der Emissionsziele gesorgt, indem für die Jahre 2025 bis 2027 nurmehr das gesamte, gemittelte Emissionsziel einzuhalten ist.

Nach dem vorliegenden Vorschlag der Kommission werden die Emissionsziele auch darüber hinaus etwas entschärft: Für den Zeitraum zwischen 2030 und 2032 (nicht hingegen zwischen 2028 und 2029) soll es wie bereits für den Zeitraum 2025-2027 auf eine Gesamtbetrachtung ankommen. Das CO2-Ziel für Kleintransporter wird für die Jahre zwischen 2030 und 2034 zudem etwas reduziert, um Markteintrittsbarrieren in diesem Segment abzubauen. Ab 2035 sollen M1- und N1-Hersteller sodann ein Emissionsreduktionsziel von 90 % (bislang: 100 %) einhalten. Die verbleibenden 10 % der Emissionen sollen durch die Verwendung von kohlenstoffarmem Stahl „Made in the EU“ oder durch E-Kraftstoffe und Biokraftstoffe kompensiert werden; technisch ist insoweit vorgesehen, dass Hersteller sog. fuel credits nach den neuen Art. 5a, 5b der Verordnung einhalten müssen. So soll die Zukunftsfähigkeit von Hybridfahrzeugen (Plug-in-Hybride, Range-Extender, Mildhybrid) und – bis zu einem gewissen Teil – Verbrennern neben Elektro- und Wasserstofffahrzeugen gesichert werden.

Supercredits bis 2035

Für die Erreichung ihrer Emissionsziele vor dem Jahr 2035 sollen Fahrzeughersteller nun von speziellen Begünstigungen („Supercredits“) für kleine, erschwingliche Elektroautos (made in EU) nach dem neuen Art. 5 der VO 2019/631 profitieren. Hierfür werden diese im Flottenziel besonders gewichtet (1,3-fache Anrechnung). Zur Definition wird eigens eine neue Unterkategorie von Fahrzeugen in die Typgenehmigungsrahmenverordnung (EU) 2018/858 geschaffen.

Diese Supercredits sollen allerdings Hersteller dann nicht nutzen können, wenn sie Teil eines offenen Pools (i.S.d. Art. 6 der Verordnung) sind – diese Regelungsstruktur wird die ohnehin komplexen Berechnungen bei der Frage, ob und inwieweit solche Emissionsgemeinschaften wirtschaftlich für die jeweiligen Hersteller sinnvoll sind, um einen weiteren Schritt verkomplizieren.

Energieverbrauchskennzeichnung für M1- und N1-Fahrzeuge

Die überraschendste Neuerung findet sich – systematisch nicht unbedingt naheliegend – in Art. 1 Abs. 11 des Vorschlags. So sollen neue Art. 15a und 15b in die VO 2019/631 eingefügt werden, mit denen die Hersteller und Händler dazu verpflichtet werden, ein neues Emissions- bzw. Verbrauchslabel für alle M1- und N1-Fahrzeuge bereitzustellen, die in der EU für Kauf oder Leasing angeboten werden. Für Gebrauchtfahrzeuge soll zudem nunmehr zwingend über den SoH-Wert aufzuklären sein.

Damit wird zugleich die bisher geltende Richtlinie 1999/94/EG abgelöst, die in Deutschland durch die – überschießende – Pkw-EnVKV umgesetzt wurde. Welchen Anwendungsbereich die Pkw-EnVKV trotz der Neuregelung noch haben könnte, wird sich zeigen müssen. Jedenfalls ist festzustellen, dass der personelle Anwendungsbereich der bisher in Deutschland geltenden Pflichten deutlich erweitert wird: So sollen nach dem Kommissionsvorschlag nunmehr auch Hersteller und Händler von N1-Fahrzeugen in die Pflicht genommen werden. Darüber hinaus dürfte es eine gewisse Herausforderung darstellen, wenn in Online-Konfiguratoren der Hersteller künftig für jedes ausgewählte Element klar aufzeigen muss, welche Änderungen bei CO2 und Verbrauch hiermit verbunden sind.

CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge

Darüber hinaus hat die Kommission auch für schwere Nutzfahrzeuge einen Verordnungsentwurf zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/1242 vorgelegt (s. COM(2025) 784 final), der es Herstellern ermöglichen soll, bereits vor 2030 zusätzliche Emissionsgutschriften zu sammeln, sofern ihre Emissionen unter dem jährlichen Ziel liegen. Das Ziel einer schrittweisen Einführung emissionsfreier schwerer Nutzfahrzeuge bleibt dabei bestehen.

Omnibus für die Automobilindustrie

Die bislang genannten Vorschläge sind im Wesentlichen auch Teil des von der Kommission so bezeichneten „Omnibus“ für die Automobilindustrie, mit der Verwaltungsaufwand verringert und hierdurch die Kosten für (v.a. europäische) Hersteller gesenkt werden sollen. Entlastungen sollen im Rahmen dessen zudem durch weitere Änderungen etwa der Verordnungen 561/2006, 2018/858, 2019/2144, 2024/1257 erreicht werden. Beispielsweise sollen Hersteller von E-Vans zwischen 3,5 t und 4,25 t grundsätzlich von der Pflicht befreit werden, einen smarten Tachographen einzubauen.

Der Batterie-Booster: Stärkung Europas eigener Batterieindustrie

Um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Batterieindustrie zu steigern, will die Kommission 1,8 Milliarden Euro bereitstellen, davon 1,5 Milliarden Euro als zinslose Darlehen für Batteriehersteller. So will man die Entwicklung von vollständig in der EU hergestellten Batterien entlang der gesamten Wertschöpfungskette fördern.

Zusätzliche politische Maßnahmen umfassen gezielte Investitionen und Innovationsanreize zur Sicherung der Versorgung mit strategischen Materialien und die Abstimmung von industriepolitischen Initiativen wie der Netto-Null-Industrie-Verordnung. Damit will die Kommission einen strategisch abgestimmten Ansatz für den Ausbau einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen europäischen Batteriebranche schaffen.

Dekarbonisierung von Firmenfahrzeugen

Im Bereich der gewerblichen Flotten setzt die Kommission auf verbindliche Zielvorgaben für die Mitgliedstaaten, um emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge insbesondere bei großen Unternehmen zu fördern. Auch insoweit hat die Kommission bereits einen Verordnungsentwurf vorgelegt (s. COM(2025) 994 final).

Die Zielvorgaben werden länderspezifisch festgelegt, um unterschiedliche Marktbedingungen zu berücksichtigen. Große Unternehmen stehen besonders im Fokus, da sie etwa 60 % der Pkw-Neuzulassungen und 90 % der Van-Zulassungen ausmachen. Durch die stärkere Nutzung im Vergleich zu Privatfahrzeugen gelangen solche Fahrzeuge schneller auf den Gebrauchtmarkt, wodurch erschwingliche emissionsfreie Fahrzeuge breiter verfügbar werden.

Der Verordnungsentwurf soll es den Mitgliedstaaten zudem ab 2028 verbieten, andere als emissionsfreie und emissionsarme Firmenfahrzeuge finanziell zu fördern. Darüber hinaus sollen öffentliche Subventionen für Firmenfahrzeuge künftig daran gebunden sein, dass sie „made in the European Union“ sind – dieser Begriff soll durch einen delegierten Rechtsakt der Kommission konkretisiert werden.

Ausblick und Fazit

Die Verordnungsvorschläge der Europäischen Kommission (soweit sie bereits vorliegen) werden im nächsten Schritt das EU-Gesetzgebungsverfahren durchlaufen müssen. Nachdem sich einige Automobilhersteller und Verbände insbesondere zur Überarbeitung der CO2-Flottenzielverordnung 2019/631 sehr kritisch geäußert haben, bleibt mit Spannung zu erwarten, wie umfangreich Änderungen bis zur Verabschiedung der finalen Rechtsakte ausfallen werden.

Für alle betroffenen Unternehmen empfiehlt es sich, die weiteren Entwicklungen eng zu begleiten, um rechtzeitig auf neue bzw. veränderte Pflichten reagieren zu können. Wir informieren selbstverständlich, sobald die Verfahren voranschreiten.

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