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Liefer­ketten-Compliance: Neue BAFA Hand­reichung zum Schutz von Kinder­rechten nach dem LkSG

08.07.2025

Am 25.06.2025 hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“) eine neue Handreichung zum Schutz von Kinderrechten im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes („LkSG“) veröffentlicht. Ergänzend veröffentlichte das BAFA am gleichen Tag eine eine Executive Summary zur Handreichung sowie Fragen und Antworten.

Die neue Handreichung soll Unternehmen dabei unterstützen, die Besonderheiten von Kinderrechten bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu berücksichtigen. Sie zeigt außerdem Ursachen von Kinderarbeit auf, um sie besser identifizieren und bekämpfen zu können.

Wir analysieren nachfolgend die wesentlichen Inhalte der Handreichung und schließen mit einem Ausblick auf die Auswirkungen dieser Handreichung.

Definition von Kinderarbeit und indirekten Kinderrechtsverletzungen

Zunächst definiert das BAFA Formen von Kinderarbeit.

Dabei nimmt das BAFA nicht nur das Verbot der Kinderarbeit nach § 2 Abs. 1 Nr.1 LkSG bzw. das Verbot der schlimmsten Form der Kinderarbeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 LkSG in den Blick. Unternehmen können auch für indirekte Kinderrechtsverletzungen (mit-)verantwortlich sein. Indirekte Kinderrechtsverletzungen entstehen, nach Ansicht der Behörde, wenn Eltern aufgrund des fehlenden oder unzureichenden Arbeitsschutzes schwere Unfälle erleiden und Kindern dadurch die soziale Absicherung entzogen wird. Damit geht das BAFA über den Wortlaut des LkSG hinaus.

Identifizierung von Kinderarbeit in der Risikoanalyse

Da Kinderarbeit meist in den tieferen Lieferketten stattfindet, ist die Identifizierung von Kinderarbeit nach dem BAFA mit erhöhtem Aufwand verbunden. Nach einer abstrakten Risikoanalyse auf Basis der Länder- bzw. Branchenrisiken für Kinderarbeit sollen Unternehmen konkret die Risikobetrachtung plausibilisieren. Mögliche Instrumente sind:

  • Selbsteinschätzung
  • (Unangekündigte) Audits
  • Vor-Ort-Besuche durch das Unternehmen oder Dritte (bspw. NGOs)
  • Information von relevanten internen Mitarbeitenden (insbesondere Menschenrechtsbeauftragter)
  • Informationen aus dem Beschwerdeverfahren
  • Konsultation von UN-Organisationen, etwa ILO oder UNICEF und bzw. oder Befragung von Kinderrechtsorganisationen zu den neuesten Entwicklungen

Auf Audits und Zertifizierungen sollen sich Unternehmen nicht ausschließlich verlassen. Nach Ansicht des BAFA ist es nicht ausreichend, wenn Unternehmen ihre konkreten Risiken ausschließlich durch Audits ermitteln. Dies begründet das BAFA vor allem damit, dass die Audit-Teams nicht immer über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um die Verletzung von Kinderrechten zu erkennen. Zudem werde vor Ort häufig über die wirklichen Arbeitsbedingungen getäuscht.

Bei Änderungen in der Geschäftstätigkeit (vgl. § 5 Abs. 4 LkSG) ist laut BAFA die tiefere Lieferkette einzubeziehen. Unternehmen sollen insbesondere ihre Zulieferer auffordern, Informationen zu nachgeordneten Geschäftspartnern offenzulegen. Das BAFA geht damit über den Wortlaut des LkSG hinaus. Nach § 5 LkSG erstreckt sich auch die anlassbezogene Risikoanalyse auf den eigenen Geschäftsbereich und die unmittelbaren Zulieferer. Erst bei substantiierter Kenntnis von Verstößen müssen Unternehmen Risiken bei mittelbaren Zulieferern analysieren (§ 9 Abs. 3 LkSG).

Abhilfemaßnahmen bei festgestellter Kinderarbeit

Der Begriff Abhilfe erfordert laut BAFA die Ergreifung von Maßnahmen, durch die betroffene Kinder in jene Situation (zurück-)geführt werden, in der sie sich vor Verletzung ihrer Rechte befanden. Bei der Behebung von Kinderrechtsverletzungen können Unternehmen unabhängige Kinderschutzorganisationen einbeziehen und beim Abhilfeprozess deren Detailwissen nutzen.

Die sofortige Beendigung der Geschäftsbeziehung mit dem Zulieferer sieht das BAFA ausdrücklich nicht als wirksame Abhilfemaßnahme an. Vielmehr sollen Unternehmen konstruktiv mit den betroffenen Zulieferern zusammenarbeiten, den eigenen Einfluss auf den Zulieferer sichern und kontinuierlich Verbesserungen erzielen. Andernfalls seien Zulieferer ggf. genötigt, die Kinder zu entlassen. Die Kündigung der Geschäftsbeziehung bzw. die Entlassung der Kinder berücksichtigen zudem nicht, wie das so verlorene Familieneinkommen ersetzt werden könne. Kinder könnten dann wiederum in weniger regulierte und noch gefährlichere Bereiche der Lieferkette verdrängt werden.

Daher müssen Unternehmen einen passgenauen Abhilfemaßnahmenplan entwickeln. Hierbei sind funktionierende staatliche Strukturen zu unterstützen und einzubinden. Sinnvolle Abhilfemaßnahmen seien insbesondere Maßnahmen zur Reintegration der Kinder in Schulen, aber auch Ausgleichszahlungen an Familien bis zum Ende der Schulpflicht über Brancheninitiativen.

Beschwerdeverfahren

Sollten Unternehmen ein erhöhtes Risiko von Kinderarbeit in ihren Lieferketten identifizieren, ist das Beschwerdeverfahren so auszugestalten, dass Kinder Meldungen abgeben können. Das Verfahren ist in leicht verständlicher Sprache zu verfassen und über verschiedene Kommunikationswege, wie Flugblätter, soziale Medien oder mündliche Information, bekannt zu machen. Daneben haben Unternehmen zu gewährleisten, dass das Beschwerdeverfahren für Kinder und ihre Vertrauenspersonen barrierefrei, kostenfrei und auch mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen zugänglich ist.

Fazit und Ausblick

Unternehmen dürfen sich bei der Vermeidung, Aufdeckung und Beseitigung von Kinderarbeit nicht ausschließlich auf formale Audits verlassen. Vielmehr fordert das BAFA die aktive Einbindung unterschiedlicher Informationsquellen, insbesondere den Dialog mit lokalen Akteuren, Kinderrechtsorganisationen und Brancheninitiativen, auch und gerade in komplizierten, intransparenten Teilen der Lieferkette. Unklare oder rein formale Risikoanalysen wird das BAFA folglich nicht als ausreichend erachten.

Unternehmen sollten ihre bestehenden Prozesse kritisch prüfen, bei einem Risiko von Kinderarbeit ihr Beschwerdeverfahren explizit kindergerecht ausgestalten und im Ernstfall Abhilfemaßnahmen nicht singulär (z.B. durch bloße Entlassung von Kindern oder Abbruch der Lieferbeziehung), sondern umfassend und in Kooperation mit Partnern umsetzen.

Auch wenn derzeit die Abschaffung des LkSG in der Politik diskutiert wird, sollten Unternehmen nicht abwarten. Das BAFA kontrolliert weiterhin die Einhaltung der Anforderungen. Wir empfehlen, die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu überprüfen und nach den Maßgaben der neuen Handreichung situations- und branchenspezifisch weiterzuentwickeln. Ein nachvollziehbar dokumentiertes Vorgehen ist hierbei empfehlenswert.

Informationen zu unserem Beratungsspektrum rund um das Thema Lieferketten-Compliance, einschließlich LkSG, CSDDD und CSRD, finden Sie hier.

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