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Meldepflicht für Steuer­gestaltungen: BMF legt Referenten­entwurf vor

18.02.2019

Aktuell hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Entwurf eines „Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung von Steuergestaltungen“ vorgelegt. Dies bildet den Startpunkt des nun folgenden Gesetzgebungsverfahrens, das bis zum Ende des Jahres 2019 abgeschlossen sein muss.

Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie

Mit diesem Gesetzentwurf kommt Deutschland seiner Verpflichtung aus der EU-Amtshilferichtlinie nach. Danach muss jeder EU-Mitgliedstaat bis Ende 2019 eine Meldepflicht für bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen einführen. Auch andere EU-Mitgliedsstaaten führen diese Meldepflichten ein, um den Informationsaustausch von bestimmten grenzüberschreitenden Steuergestaltungen unter den EU-Mitgliedsstaaten zu gewährleisten. Konkret werden die Neuregelungen für die Meldung grenzüberschreitender Steuergestaltungen unter anderem in den neuen §§ 138d bis 138f AO-E gesetzlich verankert.

Auch Einführung einer Anzeigepflicht für nationale Gestaltungen

Über die EU-rechtlich gebotene Umsetzungspflicht hinaus will der deutsche Gesetzgeber mit diesem Gesetzgebungsverfahren auch die Gelegenheit nutzen, um eine Anzeigepflicht für innerstaatliche Gestaltungen einzuführen. Diese sollen in einem neuen § 138j AO-E geregelt werden. Vor allem hinsichtlich dieser Meldepflicht wird es im Gesetzgebungsverfahren noch reichlich Diskussionsbedarf geben. Die Bestrebungen des BMF hinsichtlich der Einführung einer solchen Meldepflicht reichen bis ins Jahr 2007 zurück und sind bisher alle gescheitert.

Meldepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen

Von der Meldepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen betroffen sind grundsätzlich nur Gestaltungen von Steuern auf die das EU-Amtshilfegesetz anzuwenden sind. Damit greift die Meldepflicht nicht für die Umsatzsteuer. Die mitteilungspflichtigen Tatbestände wurden weitgehend aus der EU-Richtlinie übernommen. Sie sind als abschließende Aufzählung im Referentenentwurf in den neuen § 138d und § 138e AO-E zu finden.

Wie der Name schon sagt, sind von dieser Meldepflicht nur grenzüberschreitende Steuergestaltungen betroffen. Zusätzlich muss für die Meldepflicht noch mindestens eines der im Gesetz bestimmten Kennzeichen (§ 138e AO-E) vorliegen. Zudem unterscheidet das Gesetz hinsichtlich der Meldepflicht noch zwischen Kennzeichen, bei denen zusätzlich noch die Erlangung eines steuerlichen Vorteils verlangt wird, und solchen Kennzeichen, bei denen dieser steuerliche Vorteil entbehrlich ist.

Hierbei ist zu beachten, dass bei Gestaltungen, die unter die Kennzeichen fallen, die zusätzlich einen steuerlichen Vorteil verlangen, die Meldepflicht entfallen kann, wenn der durch die grenzüberschreitende Gestaltung erlangte steuerliche Vorteil unter Berücksichtigung aller Umstände als gesetzlich vorgesehen gelten kann.

Beispiel für Kennzeichen, die einen steuerlichen Vorteil verlangen (§ 138e Abs. 1 AO-E)

Beispiel für Kennzeichen, die keinen steuerlichen Vorteil verlangen (§ 138e Abs. 2 AO-E)

Vereinbarungen mit qualifizierter Vertraulichkeitsklausel.

Zahlungen zwischen zwei oder mehr verbundenen Unternehmen, bei denen der Empfänger in

  • keinem Steuerhoheitsgebiet oder
  • einem Steuerhoheitsgebiet auf der sog. schwarzen Liste der EU

ansässig ist.

Vereinbarungen mit erfolgsabhängigen Gebühren.

 

Vermögensübertragungen zwischen zwei Steuerhoheitsgebieten mit wesentlich unterschiedlichen Bewertungen.

Standardisierte Strukturen, deren wesentliche inhaltliche oder konzeptionelle Bestandteile sich ohne große Anpassung bei anderen Steuerpflichtigen verwenden lassen.

Aushöhlung der Mitteilungspflichten nach dem automatischen Informationsaustausch.

Unangemessene rechtliche Schritte zur Verlustnutzung.

Spezifische Verrechnungspreisgestaltungen, z.B. Gestaltungen, die zu einer Funktionsverlagerung mit mehr als 50% Einkünfteverlagerung führen.

Umwandlung von Einkünften in

  • nicht besteuerte Einnahmen oder
  • niedriger besteuerte Einnahmen.

 

Transaktionen über Zwischengesellschaften ohne wirtschaftliche Tätigkeit.

 

Ausnutzung von Hoheitsgebieten

  • mit keiner Körperschaftsteuer oder
  • einem KSt-Satz nahe 0.

 

Grenzüberschreitende Zahlungen zwischen zwei oder mehr verbundenen Unternehmen in Steuerhoheitsgebieten

  • mit Steuerbefreiung oder
  • einer steuerlichen Präferenzregelung.

 

Anzeigepflicht nationaler Gestaltungen

Die Meldepflicht innerstaatlicher Gestaltungen sollen in einem neuen § 138j AO-E verankert werden. Sie soll ausdrücklich nur Gestaltungen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen, die Gewerbesteuer, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grunderwerbsteuer betreffen.

Die Ausgestaltung der Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen orientiert sich stark an den für grenzüberschreitende Gestaltungen vorgesehenen Neuregelungen. So soll auch die Meldepflicht für nationale Gestaltungen nur ausgelöst werden, wenn eine Gestaltung ein sogenanntes Kennzeichen erfüllt. Die Anzahl der Kennzeichen für die Meldepflicht innerstaatlicher Gestaltungen ist jedoch geringer als die für grenzüberschreitende Gestaltungen. Voraussetzung für die Meldepflicht innerstaatlicher Gestaltungen ist ferner in jedem Fall, dass ein steuerlicher Vorteil erzielt werden muss, der nicht als gesetzlich vorgesehen eingestuft werden kann.

Für die Meldepflicht innerstaatlicher Gestaltungen gelten zudem weitergehende Einschränkungen. Sie soll nur gegeben sein, wenn mindestens ein Nutzer

  • eine natürliche Person ist, deren Summe der positiven Einkünfte 500.000 Euro übersteigt oder

  • zu einem Konzern i.S.d. § 18 AktG gehört oder

  • zusammen mit anderen inländischen Unternehmen von einer ausländischen Person, einer Stiftung o.ä. beherrscht oder einheitlich geleitet wird oder mit einem ausländischen Unternehmen wirtschaftlich verbunden ist oder

  • laut Betriebsprüfungsordnung anschlussgeprüft sein soll.

 

Meldepflicht durch Intermediär bzw. ausnahmsweise durch Nutzer

Die Meldepflicht für Gestaltungen trifft vorrangig den Intermediär der Gestaltung. Dies ist nach dem Gesetzentwurf (§ 138d, § 138j AO-E) derjenige, der eine Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet. Ferner muss der Intermediär in einem EU-Mitgliedstaat steuerlich ansässig sein oder seine Dienstleistungen durch eine in einem EU-Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte erbringen.

Es sind aber auch Mitteilungspflichten des Nutzers der Gestaltung vorgesehen. Diese gelten vor allem für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, die der Nutzer für sich selbst konzipiert hat (sog. Inhouse-Gestaltungen, § 138f Abs. 10 AO-E). Zudem ist der Nutzer für die ihn betreffenden Daten meldepflichtig, wenn es sich bei dem Intermediär um eine der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegende Person handelt und der Nutzer dem Intermediär nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbunden hat.

Die Neuregelungen enthalten auch Befreiungen von der Meldepflicht bei grenzüberschreitenden Gestaltungen in Deutschland. Keine Meldepflicht besteht beispielsweise, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein anderer Intermediär bereits der Meldepflicht nachgekommen ist oder die Meldung der grenzüberschreitenden Gestaltung bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat erfolgt ist.

Meldeverfahren

Ist eine Meldepflicht gegeben, muss die Mitteilung grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen nach dem Eintreten des meldepflichtigen Ereignisses nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz an das BZSt übermittelt werden. Dabei sind unter anderem zur Gestaltung relevante Informationen, wie das einschlägige Kennzeichen, die Zusammenfassung der Gestaltung, das Datum der Umsetzung sowie die einschlägigen Rechtsvorschriften zu übermitteln. Der Datensatz muss auch Informationen zum Intermediär enthalten.

Weitere Informationen zum Nutzer der Gestaltung sind vom Intermediär nur zu übermitteln, wenn der Nutzer den Intermediär von einer möglichen gesetzlichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden hat. Über diese Möglichkeit muss der Intermediär den Nutzer immer informieren. Entbindet der Nutzer den Intermediär nicht von der Verschwiegenheitspflicht, muss er selber weitere Informationen unter Angabe der Registrierungsnummer für die Gestaltung, die er vom Intermediär erhält, melden.

Die Mitteilungspflicht nationaler Gestaltungen trifft nach dem derzeitigen Stand des Referentenentwurfs nur den Intermediär. Die Übermittlung von Informationen zum Nutzer sind derzeit noch nicht vorgesehen.

Ordnungswidrigkeit

Verstöße gegen die Meldepflichten sowohl für grenzüberschreitende als auch für nationale Gestaltungen können durch die Verhängung einer Ordnungswidrigkeit von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Die Sanktionsnorm für nicht erstattete Meldungen soll jedoch erst für Gestaltungen greifen, deren erster Umsetzungsschritt nach dem 30.6.2020 erfolgt.

Anwendungsregelungen

Die Meldepflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen gilt erstmals ab dem 1.7.2020, wenn der erste Schritt der Gestaltung nach dem 24.6.2018 und vor dem 1.7.2018 umgesetzt wurde. In diesen Fällen beträgt die Meldefrist 2 Monate und ist daher bis zum 31.8.2020 vorzunehmen. Grenzüberschreitende Gestaltungen, deren Bereitstellung bzw. deren erster Umsetzungsschritt nach dem 30.6.2020 erfolgt, müssen innerhalb der normalen Frist von 30 Tagen nach dem mitteilungspflichtigen Ereignis gemeldet werden.

Die Meldepflicht für nationale Gestaltungen soll dagegen nur für alle Gestaltungen greifen, deren erster Umsetzungsschritt nach dem 30.6.2020 erfolgt.

Weiterer Gang des Gesetzgebungsverfahrens

Dieser Referentenentwurf stellt den Auftakt des Gesetzgebungsverfahrens dar, in dem vorerst die Forderungen der Finanzverwaltung enthalten sind. Dies gilt vor allem für den Bereich der Meldepflicht nationaler Steuergestaltungen, während die Ausgestaltung für die Meldepflicht grenzüberschreitender Gestaltungen durch die EU-Amtshilferichtlinie weitgehend vorgegeben ist.

Der Gesetzesentwurf des BMF muss noch von der Bundesregierung beschlossen und anschließend in das formale Gesetzgebungsverfahren in den Bundestag und den Bundesrat eingebracht werden. Hier sind noch weitere Änderungen zu erwarten.

Sicher ist derzeit nur, dass eine Meldepflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen eingeführt wird, da dies eine zwingende Vorgabe aus der EU-Amtshilferichtlinie ist. Ob tatsächlich im endgültigen Gesetz im Laufe diesen Jahres noch die Meldepflicht für innerstaatliche Gestaltungen zu finden ist, ist derzeit ungewiss. Erster Widerstand der Verbände formiert sich bereits gegen diese weitgehende Meldepflicht.