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Referenten­entwurf zur Einführung des Widerrufs­buttons veröffentlicht

29.07.2025

Im November 2023 hatten wir in unserem Newsbeitrag sowie in einem vertiefenden Aufsatz (Billing/Vetter, K&R 2024, 387) bereits über die bevorstehende Einführung des „Widerrufsbuttons“ und die damit verbundenen Herausforderungen berichtet. Nunmehr hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) seinen Gesetzesentwurf zur Umsetzung vorgelegt. Der Entwurf setzt die Richtlinie (EU) 2023/2673 in deutsches Recht um und bestätigt einige der bereits diskutierten Probleme für Online-Händler. Unternehmen mit B2C-Geschäft im Online-Bereich sollten sich frühzeitig mit den neuen, ab dem 19. Juni 2026 geltenden gesetzlichen Pflichten vertraut machen.

Die Kernregelung im Detail: Der neue § 356a BGB-E

Das Herzstück des Referentenentwurfs ist der geplante § 356a BGB-E. Diese Vorschrift verpflichtet Unternehmen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen über eine „Online-Benutzeroberfläche“ ermöglichen, eine elektronische Widerrufsfunktion bereitzustellen. Erklärtes Ziel ist es, den Widerruf des Vertrags für Verbraucher so einfach zu gestalten wie dessen Abschluss.

Die Widerrufsfunktion ist ähnlich mehrstufig gestaltet wie der bereits bekannte Kündigungsbutton nach § 312k BGB:

  1. Die Widerrufsfunktion (1. Button): Auf der Website muss eine Schaltfläche platziert werden, die gut lesbar mit „Vertrag widerrufen“ oder einer vergleichbaren eindeutigen Formulierung beschriftet ist (§ 356a Abs. 1 S. 2 BGB-E). Diese Schaltfläche muss während der Widerrufsfrist „ständig verfügbar, hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich“ sein (§ 356a Abs. 1 S. 3 BGB-E).
  2. Die Bestätigungsseite: Nach einem Klick auf den ersten Button muss der Verbraucher auf eine Seite gelangen, auf der er die für den Widerruf notwendigen Informationen bereitstellen oder bestätigen können muss. Dazu gehören gemäß § 356a Abs. 2 BGB-E der Name des Verbrauchers, Angaben zur Identifizierung des Vertrags und das gewünschte Kommunikationsmittel für die Eingangsbestätigung.
  3. Die Bestätigungsfunktion (2. Button): Die Widerrufserklärung wird erst durch den Klick auf eine zweite Schaltfläche mit der Beschriftung „Widerruf bestätigen“ oder einer vergleichbaren eindeutigen Formulierung an den Unternehmer übermittelt (§ 356a Abs. 3 BGB-E).
  4. Die Eingangsbestätigung: Der Unternehmer muss den Eingang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. per E-Mail) bestätigen (§ 356a Abs. 4 BGB-E). Nach § 356a Abs. 5 BGB-E gilt die Widerrufserklärung allerdings bereits dann als innerhalb der Widerrufsfrist zugegangen, wenn der Verbraucher die Erklärung mit Klick auf den zweiten Button („Widerruf bestätigen“) innerhalb der Widerrufsfrist an den Unternehmer versendet hat.

Ungelöste Praxisprobleme werden Gesetz

Der Referentenentwurf übernimmt die Vorgaben der EU-Richtlinie nahezu eins zu eins und lässt damit wesentliche, von uns bereits erörterte Umsetzungsfragen offen (ausführlich dazu Billing/Vetter, K&R 2024, 387, 389 ff.):

  • Dauerhafte Verfügbarkeit vs. individuelles Widerrufsrecht: Der Entwurf bestätigt die problematische Kombination der beiden Anforderungen, dass der Widerrufsbutton „während des Laufs der Widerrufsfrist […] ständig verfügbar“ und gleichzeitig „leicht zugänglich“ sein muss. Die Gesetzesbegründung zu § 356a BGB-E (S. 33 f.) stellt klar, dass der Button – insbesondere nach Gastbestellungen ohne Registrierung – grundsätzlich auch ohne vorherigen Login erreichbar sein muss. Dies zwingt Unternehmen faktisch dazu, die Widerrufsfunktion dauerhaft für alle Besucher der Website anzuzeigen, unabhängig davon, ob diesen überhaupt (noch) ein Widerrufsrecht zusteht. Die Maßgabe in der Begründung des Gesetzesentwurfs lautet recht lapidar: „In der Regel wird den Vorgaben aber dadurch entsprochen, dass der Widerrufsbutton optisch hervorgehoben auf der (Haupt-)Internetseite des Unternehmers verfügbar ist.“ Die Folge dürfte ein erheblicher administrativer Mehraufwand durch die Bearbeitung unberechtigter Widerrufserklärungen sein. Eine dauerhafte Anzeige könnte zudem als irreführend und damit auch wettbewerbsrechtlich relevant angesehen werden.
  • Vertragsschluss über von Dritten betriebene Seiten: Ein weiteres Problem, das bereits aus der Diskussion über den (deutschen) Kündigungsbutton bekannt ist, besteht in Fällen, in denen der Verbraucher den Vertrag nicht über die Website des Unternehmers, sondern über eine Vermittlungsplattform geschlossen hat. Ähnlich wie für den Kündigungsbutton gemäß § 312k Abs. 2 BGB sieht § 356a Abs. 1 BGB-E zumindest implizit vor, dass die Plattformbetreiber ebenfalls einen Widerrufsbutton vorhalten müssen, da dieser „auf der Online-Benutzeroberfläche“ einzustellen ist, über die der Vertrag geschlossen werden kann. Dies entspricht dem Ziel, den Widerruf über die Buttonlösung gleichermaßen einfach zu ermöglichen wie den Abschluss des Vertrags. Die Praxis hat hierfür im Kontext des Kündigungsbuttons eine „Link-Out-Lösung“ entwickelt, die den Verbraucher auf die jeweilige Unternehmensseite weiterleitet. Es bleibt allerdings das Problem, dass der Unternehmer in solchen Fällen auf die Mitwirkung eines Plattformbetreibers angewiesen ist, um die Vorgaben des § 356a BGB-E zu erfüllen.
  • Möglichkeit eines Teilwiderrufs: Die Möglichkeit eines Teilwiderrufs, also etwa des Widerrufs nur einzelner Artikel aus einer größeren Bestellung, wird in § 356a BGB-E nicht angesprochen. Die Begründung des Gesetzesentwurfs deutet zwar an, dass die Abfrage zur Vertragsidentifizierung so gestaltet werden kann, dass ein Teilwiderruf möglich ist (z.B. durch Auswahl einzelner Artikel in einer Bestellübersicht). Es fehlt jedoch eine klare rechtliche Vorgabe, sodass insbesondere auch Fälle denkbar sind, in denen dem Verbraucher die Auswahl einzelner Artikel auf der Bestätigungsseite nicht ermöglicht wird. Um eine „Ganz-oder-gar-nicht-Situation“ für den Widerruf über den Widerrufsbutton zu vermeiden, müssten Unternehmen daher zumindest ein optionales Eingabefeld für weitere Angaben zu einem Teilwiderruf vorsehen.
  • Datenabfrage zur Identifizierung des Vertrags: Der Entwurf verlangt Angaben zur Identifizierung des Vertrags. Ähnlich wie die Regelung zum Kündigungsbutton in § 312k Abs. 2 BGB und die Vorlage des neuen Art. 11a Abs. 2 lit. b der geänderten Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU lässt § 356a BGB-E jedoch offen, welche Daten (z.B. eine längere Bestell- oder Vertragsnummer) verpflichtend abgefragt werden dürfen, ohne den Widerruf unnötig zu erschweren und gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit aus Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO zu verstoßen. Für die Praxis ist zu empfehlen, in jedem Fall sowohl den Namen als auch die Bestell- oder Vertragsnummer abzufragen und zusätzlich ein optionales Feld zur näheren Spezifizierung der Waren oder Dienstleistungen für einen möglichen Teilwiderruf zur Verfügung zu stellen. Dies dürfte kaum als unnötige Erschwerung der Rechtsausübung bewertet werden, da alle diese Angaben jedenfalls in einigen Fällen notwendig sind, um den Widerruf korrekt zu verarbeiten, die pauschale Buttonlösung (ohne Login) aber im Ausgangspunkt keinerlei Individualisierung ermöglicht.

Weitere Änderungen und drohende Sanktionen

Neben der Einführung des Widerrufsbuttons selbst sieht der Gesetzentwurf einige flankierende Anpassungen vor:

  • Neue Informationspflichten: Unternehmer müssen künftig in ihrer Widerrufsbelehrung für Fernabsatzverträge „über das Bestehen und die Platzierung der Widerrufsfunktion“ informieren (Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Art. 246b § 1 Abs. 1 Nr. 19 EGBGB-E). Für die Muster-Widerrufsbelehrung in Anlage 1 zum EGBGB wird ein neuer Gestaltungshinweis 3 formuliert, der auch als Richtschnur für die praktische Umsetzung gelesen werden kann und zugleich deren ganze Kompliziertheit verdeutlicht:

    Wenn Sie dazu verpflichtet sind, eine Funktion bereitzustellen, mit der der Verbraucher den online geschlossenen Vertrag widerrufen kann, fügen Sie Folgendes ein: ‚Sie können Ihr Widerrufsrecht auch online unter [Internetadresse oder anderen geeigneten Hinweis darüber eingeben, wo die Widerrufsfunktion verfügbar ist] ausüben. Wenn Sie diese Online-Funktion nutzen, übermitteln wir Ihnen auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. durch eine E-Mail) unverzüglich eine Eingangsbestätigung mit Informationen zum Inhalt der Widerrufserklärung sowie dem Datum und der Uhrzeit ihres Eingangs.‘ Wenn Sie dem Verbraucher die Wahl einräumen, die Information über seinen Widerruf des Vertrags auf Ihrer Webseite elektronisch auszufüllen und zu übermitteln, fügen Sie Folgendes ein: ‚Sie können das Muster-Widerrufsformular oder eine andere eindeutige Erklärung auch auf unserer Webseite [Internet-Adresse einfügen] elektronisch ausfüllen und übermitteln. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so werden wir Ihnen unverzüglich (z.B. per E-Mail) eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs übermitteln.‘“

    Diese Sätze sind in den Widerrufsbelehrungen für Fernabsatzverträge künftig zu ergänzen, um deren Gesetzlichkeitsfiktion zu erhalten. Ob eine solche weitergehende Belehrung ihren Informationszweck für Verbraucher tatsächlich erfüllt, bleibt zweifelhaft.
  • Empfindliche Bußgelder: Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Bereitstellung des Widerrufsbuttons wird als Verletzung von Verbraucherinteressen und damit als Ordnungswidrigkeit eingestuft (Art. 246e § 2 Abs. 2 Nr. 14a EGBGB-E). Gemäß Art. 246e § 2 Abs. 3 EGBGB-E können Verstöße mit Bußgeldern in Höhe von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes geahndet werden, wenn das betreffende Unternehmen im Vorjahr einen Umsatz von mindestens 1,25 Millionen Euro erzielt hat. Die Ordnungswidrigkeit kann nach Art. 246e § 2 Abs. 5 EGBGB-E indes nur im Rahmen einer koordinierten Durchsetzungsmaßnahme nach Art. 21 der Verordnung (EU) 2017/2394 geahndet werden.

Ausblick

Der Referentenentwurf lässt keinen Zweifel mehr daran, dass der Widerrufsbutton bald gesetzliche Realität werden wird – und zwar mit allen mit der EU-Richtlinie verbundenen Unschärfen und Praxisproblemen. Eine Lösung bestehender Widersprüche und praktischer Herausforderungen durch den deutschen Gesetzgeber ist nicht zu erwarten. Für Unternehmen im E-Commerce mit Verbrauchern bedeutet dies, dass sie sich rechtzeitig auf die neuen Regelungen vorbereiten sollten. Diese sollen ab dem 19. Juni 2026 und damit bereits in weniger als einem Jahr vollständig anwendbar sein. Unternehmen sollten daher bereits jetzt die technische und administrative Umsetzung planen, um insbesondere Abmahnungen und Bußgelder zu vermeiden. Dies betrifft die Gestaltung des oben beschriebenen Verfahrens für den Widerrufsbutton, die Anpassung der internen Prozesse zur Bearbeitung von Widerrufserklärungen und die Aktualisierung der Vertragsunterlagen.

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