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Regierungs­entwurf zur Änderung des deutschen Produkt­sicherheits­gesetzes (ProdSG)

30.10.2025

Das deutsche Produktsicherheitsgesetz („ProdSG“) setzte bisher in Bezug auf Verbraucherprodukte die Allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie (RL 2001/95/EG) um. Da diese mit Wirkung vom 13.12.2024 durch die Allgemeine Produktsicherheitsverordnung (VO (EU) 2023/988, „GPSR“) aufgehoben und ersetzt wurde, bestand in allen EU-Mitgliedstaaten das Erfordernis, das nationale Produktsicherheitsrecht insoweit anzupassen. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren konnte in der vorangegangenen Legislaturperiode nicht mehr abgeschlossen werden, sodass die jetzige Bundesregierung am 10.10.2025 ihren neuen Entwurf eines Artikelgesetzes zur Änderung des Produktsicherheitsgesetzes und weiterer produktsicherheitsrechtlicher Vorschriften vorgelegt hat (BR-Drs.: 548/25, „ProdSG-E“).

Überblick

Die GPSR ist als Verordnung anders als ihre Vorgängervorschrift unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten anwendbar. Da die GPSR nicht-harmonisierte Verbraucherprodukte und die entsprechenden Pflichten der Wirtschaftsakteure abschließend regelt, muss das ProdSG-E um entsprechende Alt-Vorschriften bereinigt werden. Insoweit sind nationale Regelungen nunmehr weder erforderlich noch möglich. Zudem müssen Vorgaben der GPSR, deren Umsetzung im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedsstaaten verbleiben, national im ProdSG-E umgesetzt werden.

Unangetastet bleiben auch die Regelungen des ProdSG, die Scharnierfunktion zu den nationalen Produktsicherheitsverordnungen besitzen und insoweit weiterhin der Umsetzung der entsprechenden europäischen Richtlinien dienen (z. B. Maschinen-, und Spielzeugrichtlinie).

Unveränderte Bedeutung wird das ProdSG-E außerdem für nicht-harmonisierte B2B-Produkte behalten. Zwar unterfällt eine Vielzahl von B2B-Produkten dem harmonisierten Bereich. Für den seltenen Fall, dass keine europäischen Harmonisierungsrechtsvorschriften bestehen, bleibt gleichwohl ein Bedürfnis für sicherheitsbezogene Produktanforderungen, um ein hohes Schutzniveau sicherzustellen. Diesbezüglich bleibt es bei dem produktbezogenen Ansatz, dass lediglich objektive Produktanforderungen festgelegt werden (§§ 3 Abs. 2 ProdSG-E), nicht aber spezifische subjektive Hersteller-, Einführer- oder Händlerpflichten. Weiterhin als Ausnahmen nicht vom Anwendungsbereich des ProdSG-E umfasst bleiben allerdings nach § 1 Abs. 4 ProdSG-E Antiquitäten, gebrauchte Produkte, die vor ihrer Verwendung instandgesetzt oder wiederaufgearbeitet werden müsse und hierüber informiert wird, Militärprodukte und Umschließungen, wie ortsbewegliche Druckgeräte, Verpackungen und Tanks für die Beförderung gefährlicher Güter, sofern diese verkehrsrechtlichen Vorschriften unterliegen.

Bereinigung bisheriger Regelungen zu nicht-harmonisierten Verbraucherprodukten

Mit Blick auf nicht-harmonisierte Verbraucherprodukte wird das ProdSG zum Rumpfgesetz. Die formellen und materiellen Anforderungen an nicht-harmonisierte Verbraucherprodukte sowie die entsprechenden Pflichten der Wirtschaftsakteure ergeben sich seit dem 13.12.2024 unmittelbar aus der GPSR. Vor diesem Hintergrund gilt das allgemeine Sicherheitsgebot des § 3 Abs. 2 Satz 1 ProdSG-E künftig nur noch für Produkte, die nicht der GPSR oder anderen Harmonisierungsrechtsvorschriften unterliegen. Auch die Konformitätsvermutung bei der Einhaltung harmonisierter Normen ergibt sich unmittelbar aus Art. 7 Abs. 1 GPSR, sodass in der Folge § 4 Abs. 2 ProdSG obsolet wird.

Festlegung von Sprachanforderungen für Informationen nach der GPSR

Spürbare Auswirkungen ergeben sich für § 6 ProdSG, der bisher zusätzliche Anforderungen an die Bereitstellung von Verbraucherprodukten normiert hat. Denn sowohl das verbraucherproduktbezogene Informations- und Kennzeichnungsrecht (bisher in §§ 3 Abs. 4, 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ProdSG) als auch die Vor- und Nachmarktpflichten der Wirtschaftsakteure (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3, Abs. 2–6 ProdSG) folgen nunmehr direkt aus den Pflichten der Wirtschaftsakteure in den Art. 9 ff GPSR. Daher wird § 6 ProdSG-E einen vollkommen neuen Regelungsinhalt erhalten: Diese Vorschrift wird sich zukünftig allein mit dem Thema der „Sprache der Informationen, Anweisungen und Warnhinweise“ befassen und im Einklang mit dem mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraum Deutsch als jeweilige Sprachanforderung für die nach der GPSR erforderlichen Informationen (insbesondere für die Gebrauchsanleitung) vorschreiben.

Sanktionsvorschriften

Art. 44 GPSR gibt den Mitgliedsstaaten auf, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen bei Verstößen durch die Wirtschaftsakteuren und Anbietern von Online-Marktplätzen gegen die GPSR festzulegen. Vor diesem Hintergrund sieht § 28 Abs. 2 ProdSG-E einen 32 Tatbestände umfassenden Bußgeldkatalog bei Verstößen gegen die GPSR vor. Die maximale Bußgeldhöhe beträgt je nach Verstoß EUR 10.000 oder EUR 100.000. Unter engen Voraussetzungen erfolgt nach § 29 ProdSG-E eine Hochstufung zur Straftat.

Befugnis der Marktüberwachungsbehörden gegenüber Anbietern von Online-Marktplätzen

Zudem gibt Art. 22 Abs. 4 GPSR den Mitgliedsstaaten auf, die Befugnis der Marktüberwachungsbehörden auszuweiten, Anordnungen gegenüber Online-Marktplätzen treffen zu können. Bisher galt diese Befugnis nur bei Vorliegen eines ernsten Risikos (Art. 14 Abs. 4 lit. k Marktüberwachungsverordnung, VO (EU) 2019/1020, national umgesetzt in § 7 Abs. 1 Satz 1 Marktüberwachungsgesetz, „MüG“). Nunmehr soll diese Befugnis sämtliche gefährlichen Produkte umfassen und wird künftig in § 25 Abs. 3 ProdSG-E aufgenommen. Systematisch besser wäre diese Befugnis im MüG aufgehoben, da das Nebeneinander von Befugnissen gegenüber Anbietern von Online-Marktplätzen im ProdSG-E und MüG nicht zur Rechtsklarheit beiträgt.

Beibehaltung der Regelungen zum GS-Zeichen

Weiteren Bestand im ProdSG-E wird auch das allein in Deutschland national geregelte GS-Zeichen als Qualitätssiegel haben. Insoweit werden lediglich kleine Änderungen vorgenommen. So fordert § 23 Abs. 1 Satz 3 ProdSG-E künftig, dass die Entscheidung über die Zuerkennung des GS-Zeichens nur durch eigenes Personal der GS-Stelle, das arbeitsvertraglich an die GS-Stelle gebunden und von der GS-Stelle zu entlohnen ist, getroffen werden kann. Ausgeweitet wird künftig zudem das Verwendungs- und Werbeverbot in § 24 Abs. 2 Satz 2 ProdSG-E.

Fazit

Mit der neuen europäischen Marktüberwachungsverordnung und der seit Mitte Dezember letzten Jahres geltenden GPSR hat das deutsche Produktsicherheitsgesetz als zentrale Rechtsgrundlage für das Produktsicherheitsrecht in Deutschland ausgedient. Die Anforderungen für Verbraucherprodukte sowie die Aufgaben und Befugnisse der deutschen Marktüberwachungsbehörden ergeben sich heute unmittelbar aus europäischem Recht. Das Produktsicherheitsgesetz existiert zwar weiter, enthält als Rumpfgesetz künftig aber hauptsächlich rechtstechnische Vorgaben, weitgehend ohne Relevanz für die Wirtschaftsakteure.

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