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Russisches Präsidial­dekret No. 8 bereitet Enteignungen vor

20.02.2024

Unternehmen mit Vermögen in Russland drohen nach dem Erlass des Präsidialdekrets Nr. 8 vom 3. Januar 2024 neue Probleme. Das Dekret entzieht bestimmte in Russland belegene, eingefrorene Vermögenswerte ausländischer Unternehmen der Vollstreckung durch private Dritte und soll daher offenbar die staatliche Beschlagnahme dieses Vermögens vorbereiten. Eine entsprechende Enteignung wirft die Frage auf, ob eine Entschädigung vom russischen Staat über das Instrument des Investitionsschutzes vor internationalen Schiedsgerichten erlangt werden kann. Hierfür spricht einiges!

Hintergrund: Das 12. Sanktionspaket der Europäischen Union

In ihrem 12. Sanktionspaket gegen die Russische Föderation hat die Europäische Union zum ersten Mal die Möglichkeit einer Beschlagnahme der blockierten Finanzvermögen russischer juristischer oder natürlicher Personen vorgesehen. Eine solche Beschlagnahme könnte beispielsweise mit dem Ziel erfolgen, Entschädigungszahlungen an europäische Unternehmen zu leisten, deren russisches Eigentum in den Besitz der Russischen Föderation oder russischer Firmen übergegangen ist.

Präsidialdekret Nr. 8 ermöglicht Beschlagnahme von eingefrorenen Vermögenswerten

Die Russische Föderation reagierte auf das neue EU-Sanktionspaket u.a. mit dem Erlass des Präsidialdekrets Nr. 8: Vermögenswerte, die in der Russischen Föderation eingefroren sind, sollen ebenfalls dem staatlichen Zugriff zugänglich sein. Bei den Vermögenswerten handelt es sich vor allem um Wertpapiere und Gelder ausländischer Gegenparteien aus sog. „unfreundlichen Ländern“, die in der Russischen Föderation auf sogenannten Typ-C-Konten eingefroren sind

Dementsprechend heißt es im neuen Präsidialdekret Nr. 8: „Die Zwangsvollstreckung aufgrund von Vollstreckungstiteln, die Verhängung eines Arrests sowie andere einstweilige Maßnahmen dürfen nicht auf die auf einem Typ-C-Konto gehaltenen Gelder und Wertpapiere angewendet werden.

Der Präsidialdekret Nr. 8 zielt damit auf den Verbleib von Geldern und Wertpapieren auf Typ-C-Konten im Hinblick auf eine mögliche künftige staatliche Beschlagnahme ab. Bislang konnten die auf Typ-C-Konten eingefrorenen Gelder und Wertpapiere bei Vollstreckungsverfahren durch russische private Unternehmen, die ihre Forderungen in Russland durchsetzen wollen, verwertet werden. Eine Entschädigung ist bei einer Beschlagnahme der auf Typ-C-Konten gehaltenen Vermögenswerte nicht vorgesehen.

In dieser Konstellation empfiehlt sich eine nähere Prüfung des Investitionsschutzes unter einem bilateralen Investitionsschutzabkommen. Eigentümer des jeweiligen beschlagnahmten Vermögenswertes könnten beispielsweise einen Schadenersatzanspruch wegen Enteignung nach Art. 4 des Deutsch-Sowjetischen Investitionsschutzvertrages haben. Dieser Anspruch wird vor internationalen – also vom russischen Staat unabhängigen – Schiedsgerichten geltend gemacht. Ein System, das in der Vergangenheit gerade auch gegenüber Russland bereits in zahlreichen Schiedsverfahren erfolgreich war und somit bewährt ist.

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