Überarbeitung der CSDDD – Rat der Europäischen Union schlägt noch weitreichendere Änderungen als die Europäische Kommission vor
Am 23.06.2025 veröffentlichte der Rat der Europäischen Union seine Vorschläge, um vor allem die Regelungen der Corporate Sustainability Due Diligence Directive („CSDDD“ bzw. „CS3D“) entscheidend zu ändern. Der Rat der Europäischen Union bezieht sich an vielen Stellen auf das Omnibus-Paket I der Europäischen Kommission, über das wir bereits berichtet hatten. An einigen Stellen geht er jedoch über diese Vorschläge hinaus und spricht sich für weniger Regulatorik aus.
Nachfolgend analysieren wir wesentliche Punkte, die der Rat der Europäischen Union an der CSDDD ändern möchte (A.). Wir schließen mit einem Ausblick auf die weiteren Entwicklungen (B.).
A. Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
Anwendungsbereich auf sehr große Unternehmen verengen
Die CSDDD soll nur noch für Unternehmen mit Sitz in der EU gelten, die mehr als 5.000 Mitarbeitende beschäftigen und einen weltweiten Nettojahresumsatz von mehr als EUR 1,5 Mrd. im letzten Geschäftsjahr erzielten. Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU sollen verpflichtet sein, wenn sie im vorletzten Geschäftsjahr einen Nettojahresumsatz von mehr als EUR 1,5 Mrd. in der EU erzielten.
Im Omnibus-Paket I äußerte sich die Europäische Kommission nicht dazu, ob sie den Anwendungsbereich der CSDDD weiter beschränken will. Der Rat der Europäischen Union verweist nun darauf, dass nur die größten Unternehmen ihre eigenen Aktivitäten und die ihrer direkten Zulieferer genauer überwachen sollen, um die Menschenrechts- und Umweltstandards zu verbessern. Diese Unternehmen verfügen nach Ansicht des Rats über die größten finanziellen Ressourcen und den größten Einfluss auf ihre Lieferketten.
Der jetzt diskutierte Anwendungsbereich der CSDDD wird dazu führen, dass zahlreiche Unternehmen, die derzeit in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, nach der Umsetzung der CSDDD nicht mehr verpflichtet sein werden. Denn Unternehmen fallen derzeit bereits in den Anwendungsbereich des LkSG, wenn sie in der Regel mehr als 1.000 Mitarbeitende im Inland beschäftigen (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 Nr. 2, S. 3 LkSG). Eine Umsatzschwelle existiert nicht.
Risikobasierter Ansatz bei Sorgfaltspflichten
Zu der Frage, in welchem Umfang Unternehmen die Sorgfaltspflichten nach der CSDDD erfüllen müssen, knüpft der Rat der Europäischen Union an die Änderungsvorschläge der Europäischen Kommission im Rahmen des Omnibus-Pakets I an. Im Fokus steht nun ein risikobasierter Ansatz. Verpflichtete Unternehmen sollen zunächst ermitteln, in welchen Bereichen der eigenen Tätigkeiten, ihrer Tochtergesellschaften und ihrer direkten Geschäftspartner (Tier 1) wahrscheinlich negative Auswirkungen für Menschenrechts- und/oder Umweltbelange auftreten können. In Bereichen, in denen die schwerwiegendsten negativen Auswirkungen für Menschenrechts- und/oder Umweltbelange am wahrscheinlichsten auftreten, ist eine vertiefte Prüfung durchzuführen. Unternehmen müssen aber nicht jeden einzelnen Lieferanten oder jedes einzelne Risiko erfassen, wenn dies für sie unangemessen ist. Bei der Beurteilung sollen Faktoren wie Unternehmensgröße, Standorte, Produkte und Branchenspezifika berücksichtigt werden. Unternehmen sollen tiefere Lieferketten nur untersuchen, wenn konkrete Hinweise auf Missstände bestehen (“objective and verifiable information that suggest an adverse impact“). Zudem sollen Unternehmen für ihre Analysen Informationen verwenden, auf die sie in angemessener Weise zugreifen können (“reasonably available information“).
Dieser Ansatz erinnert an die Regelungen des LkSG. Dort sind Unternehmen verpflichtet, einen mittelbaren Zulieferer dann näher zu betrachten, wenn ihnen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht bei einem mittelbaren Zulieferer möglich erscheinen lassen (substantiierte Kenntnis, § 9 Abs. 3 LkSG). Der Umstand, dass Unternehmen lediglich auf Informationen zugreifen sollen, die ihnen in angemessener Weise zur Verfügung stehen, kann den Verwaltungsaufwand für Lieferanten reduzieren. Diese sind bisweilen mit umfangreichen Fragebögen von verpflichteten Unternehmen konfrontiert – ein Umstand, der ein wesentlicher Kritikpunkt an der bisherigen Lieferketten-Regulierung ist.
Keine zivilrechtliche Haftung auf EU-Ebene
Der Rat der Europäischen Union spricht sich ebenfalls dafür aus, das EU-weite zivilrechtliche Haftungsregime der CSDDD abzuschaffen. Dies hatte die Europäische Kommission bereits im Omnibus-Paket I vorgeschlagen. Zukünftig soll das nationale Zivilrecht der Mitgliedsstaaten gelten. Opfer von Verstößen sollen insoweit einen effektiven Rechtsschutz erhalten.
Die zivilrechtliche Haftung war ein wesentlicher (Streit)Punkt in den Verhandlungen über die CSDDD. Insbesondere sprach sich das Europäische Parlament energisch für ein solches Haftungsregime aus. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, wie die weiteren Verhandlungen zu diesem Punkt ausgehen werden.
Die Rückkehr zu nationalen Haftungsnormen muss nicht zwingend eine Erleichterung darstellen. Es existieren keine einheitlichen Standards zwischen den Mitgliedsstaaten, sodass vor allem grenzüberschreitende Fälle zu Rechtsunsicherheit führen können. Nach deutscher Rechtslage haften Unternehmen jedenfalls nach dem LkSG zivilrechtlich nicht (§ 3 Abs. 3 S. 1 LkSG). Damit bleibt die Frage weiter relevant, ob und inwiefern Unternehmen nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen haften können.
Geringere Anforderungen an Klima-Transitionsplan
Der Rat der Europäischen Union hält daran fest, dass verpflichtete Unternehmen einen Klima-Transitionsplan erstellen sollen, wie sie ihre CO₂-Emissionen mindern und damit den Klimaschutz vorantreiben (“transition plan“). Allerdings soll der Inhalt des Plans vereinfacht werden. So sollen unter anderem die bislang verpflichtenden Inhalte (Art. 22 Abs. 1 UAbs. 2 CSDDD) optional sein. Dies betrifft z.B. die Beschreibung der ermittelten Dekarbonisierungsfaktoren. Außerdem sollen sich verpflichtete Unternehmen nun lediglich in angemessener Weise anstrengen (“reasonable efforts“ anstatt “best efforts“). Der Rat der Europäischen Union möchte den Unternehmen zwei zusätzliche Jahre gewähren, um einen Klima-Transitionsplan zu entwickeln (bis zum 26.07.2031).
Verlängerung der Umsetzungsfrist
Der Rat der Europäischen Union regt an, die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten bis zum 26.07.2028 zu verlängern. Verpflichtete Unternehmen sollen dann ab dem 26.07.2029 der CSDDD unterfallen. Die um ein Jahr verlängerte Frist soll insbesondere sicherstellen, dass Unternehmen ausreichend Zeit für organisatorische und technische Anpassungen erhalten.
B. Fazit und Ausblick
Die Vorschläge des Rats der Europäischen Union fügen sich in den aktuellen Trend, zentrale Regelungsvorhaben des Green Deal abzuschwächen, wenn nicht gar zu streichen (vgl. auch unsere News zur Green Claims Directive). Der Rat der Europäischen Union ist der Auffassung, mit seinen Vorschlägen die Wettbewerbsfähigkeit großer Unternehmen weiter zu sichern und gleichzeitig die EU-Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Es bleibt abzuwarten, zu welchem Ergebnis die weiteren Verhandlungen auf europäischer Ebene führen und welche Regelungen die CSDDD dann enthält.
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Informationen zu unserem Beratungsspektrum rund um das Thema Lieferketten-Compliance, einschließlich LkSG, CSDDD, CSRD finden Sie hier.
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