Update – Pflichten bei Implantaten und Anforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten
Am 29. Juli 2014 trat die neue Artikelverordnung über die Abgabe von Medizinprodukten und zur Änderung verschiedener Medizinprodukte-Vorschriften, die u.a. die Verordnung über die Vertriebswege für Medizinprodukte (MPVertrV) sowie die Verordnung über die Verschreibungspflicht von Medizinprodukten (MPVerschrV) ersetzt, größtenteils bereits in Kraft (BGBl. 2014 I Nr. 35 S. 1227). Die für Gesundheitseinrichtungen, wie Krankenhäuser und ambulante Zentren, relevanten Änderungen in der MPBetreibV, die besondere Informations- und Dokumentationspflichten bei implantierbaren Medizinprodukten und neue Vorgaben bei der Aufbereitung von Medizinprodukten vorsehen, treten nach einer Übergangsfrist zur Umsetzung der Anforderungen allerdings erst zum 1. Oktober 2015 in Kraft.
I. Rückblick: wesentliche Änderungen des Medizinprodukterechts 2014
- Die Neuklassifizierung verschreibungspflichtiger Medizinprodukte (§ 1 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung [MPAV]) sieht eine Verschreibungspflicht nur noch für solche Produkte vor, die nach der Zweckbestimmung des Herstellers (u.a. in der Gebrauchsanweisung und in Werbematerialien) zur Laienanwendung vorgesehen sind. Der Hersteller ist bei der Bestimmung des Anwenderkreises verpflichtet, u.a. die technischen Kenntnisse, die Erfahrung sowie die physischen Voraussetzungen der Produktanwender zu berücksichtigen, was besondere Herausforderungen mit sich bringen dürfte.
- Die neue Vorschrift zur Apothekenpflicht (§ 2 MPAV) sieht diese nur noch für bestimmte Medizinprodukte zur Anwendung durch Laien vor.
- Daneben werden „Abgabebeschränkungen“ normiert: So ist die sachgerechte Lagerung von Medizinprodukten durch die Abgabestelle sicherzustellen (§ 3 Absatz 1 MPAV), wobei offenbleibt, welche konkreten Anforderungen zu erfüllen sind. Zudem muss die Abgabestelle bei Bedarf eine fachliche Beratung gewährleisten (§ 3 Absatz 2 und 3 MPAV), die mangels weitergehender Ausführungen ebenfalls auslegungsbedürftig bleibt.
- Die Aufbereitung von Medizinprodukten nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) wird zum Zwecke der Klarstellung begrifflich von der Instandhaltung getrennt. Damit auch Dritte in die Lage versetzt werden können, Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, hat der Hersteller dementsprechende Informationen bereitzustellen, deren Inhalt und Umfang allerdings nicht näher beschrieben sind.
II. Änderung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zum 1. Oktober 2015
Pflichten bei implantierbaren Medizinprodukten
Zur Verbesserung der Implantatsicherheit werden die Pflichten im Zusammenhang mit implantierbaren Produkten in § 10 MPBetreibV gebündelt und erweitert. Die neue Anlage 3 zur MPBetreibV ersetzt die bisherige Anlage in der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV). So gelten die Vorschriften nunmehr nicht nur für aktive Implantate (z.B. Herzschrittmacher), sondern auch für eine Vielzahl weiterer nichtaktiver implantierbarer Medizinprodukte: Herzklappen, nicht resorbierbare Gefäßprothesen und -stützen, Hüft- oder Kniegelenkersatz, Wirbelkörperersatzsysteme, Bandscheibenprothesen und Brustimplantate. Die Einhaltung der neuen Vorgaben ist zudem mit neuen Ordnungswidrigkeitstatbeständen belegt (§ 13 Nr. 10 und 10a MPBetreibV), die gleichfalls erst zum 1. Oktober 2015 in Kraft treten.
Die neuen Informations- und Dokumentationspflichten bestehen aus den folgenden drei Elementen:
- Die schon bisher in § 10 MPBetreibV vorgesehene schriftliche Patienteninformation wird gestrafft und hat neben notwendigen sicherheitsrelevanten Verhaltensanweisungen nach der Implantation nur noch die Daten für erforderliche Kontrolluntersuchungen zu enthalten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 MPBetreibV).
- Wesentlich ist die neue Vorschrift über die Einführung eines Implantatpasses (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 MPBetreibV), der den betroffenen Patienten nach dem Eingriff von der für die Implantation verantwortlichen Gesundheitseinrichtung auszuhändigen ist.
Dieser soll neben dem Vor- und Zunamen des Patienten die Produktdaten (Bezeichnung, Art und Typ sowie Loscode oder die Seriennummer des Implantates und Name oder Firma des Herstellers des betreffenden Produktes) sowie Informationen zur Person, welche das Implantat eingesetzt hat (Datum der Implantation und Name der verantwortlichen Person und der Einrichtung, welche die Implantation durchgeführt hat), enthalten und insbesondere die Selbstkontrolle der Patienten bei öffentlichen Warnungen ermöglichen.
Mit Blick auf die Vorkommnisse im Zusammenhang mit fehlerhaften Implantaten in den letzte Jahren will der Gesetzgeber mit dem Implantatpass die Patientensicherheit bei der Anwendung von Implantaten weiter verbessern. - Zudem ist die Verpflichtung neu, wonach Gesundheitseinrichtungen im Falle der Notwendigkeit korrektiver Maßnahmen wegen Produktproblemen einen möglichst schnellen Zugriff auf den Kreis der betroffenen Patienten zu gewährleisten haben. Dafür müssen sie geeignete Maßnahmen zur Dokumentation von implantierten Medizinprodukten treffen und so aufbewahren, dass der von einem bestimmten Produkt betroffene Patientenkreis im Regelfall auch innerhalb von drei Werktagen über den Typ und die Chargen- oder Seriennummer des Implantates sowie über den Namen des Herstellers ermittelt werden kann (§ 10 Abs. 2 MPBetreibV). Der genaue Umfang der Dokumentationspflicht ergibt sich dabei aus § 16 Abs. 2 MPSV, wonach der Name, das Geburtsdatum und die Anschrift des Patienten, das Datum der Implantation, der Typ und die Chargen- oder Seriennummer des Implantats sowie der Verantwortliche nach § 5 des Medizinproduktegesetzes (MPG) aufgenommen werden muss.
Vorgenannte Vorschriften richten sich zwar in erster Linie an Gesundheitseinrichtungen, die demnächst einem erhöhten Bürokratieaufwand ausgesetzt werden sein. Jedoch sind die Vorschriften auch für die Hersteller der Produkte insoweit relevant, als dass diese den Gesundheitseinrichtungen mit Blick auf die Umsetzung der neuen Vorschriften vermehrt und detailliertere Produktinformationen zur Verfügung zu stellen haben.
Aufbereitung von Medizinprodukten
Darüber hinaus erhöhen sich zum 1. Oktober 2015 aus Gründen des Patientenschutzes die Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von besonders kritischen Medizinprodukten (Kategorie „kritisch C“, z.B. ERCP-Katheter). So wird die Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems des Aufbereiters durch eine von der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) anerkannten Stelle zur Pflicht (§ 4 Abs. 3 MPBetreibV). Die verpflichtende Zertifizierung wird hierbei (auch nach Ansicht der Bundesregierung) zu einem beachtlichen organisatorischen und finanziellen Zusatzaufwand führen. Eine Aufbereitung ohne Zertifizierung kann schließlich als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 13 Nr. 3 MPBetreibV).
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