Update: Öffentliche Förderung von AI-Gigafactories
Kürzlich haben wir über die geplante öffentliche Förderung von AI-Gigafactories berichtet. Inzwischen hat die Europäische Kommission einen Entwurf zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/1173 vom 13. Juli 2021 („EuroHPC-Verordnung“) veröffentlicht, mit der die rechtliche Grundlage für die Förderung von AI-Gigafactories geschaffen werden soll (siehe hierzu die Pressemitteilung). Die wesentlichen Inhalte des Entwurfs, mit dem sich nun der Rat der Europäischen Union im Gesetzgebungsverfahren befassen wird, stellen wir im Folgenden vor.
Auswahlverfahren
Bereits im Rahmen des AI-GigaFactories-Workshops am 22. Mai 2025 hat die EU-Kommission mitgeteilt, dass es ein dreigliedriges Auswahlverfahren geben wird, verantwortet von dem „Gemeinsamen Unternehmen für europäisches Hochleistungsrechnen“, einem rechtsfähigen, nach Art. 187 AEUV durch die EuroHPC-Verordnung gegründeten Unternehmen („EuroHPC JU“): Zunächst bewertet ein unabhängiges Expertengremium die eingegangenen Anträge, bevor ein Finanzinstitut eine Due-Diligence-Prüfung durchführen soll. Anschließend soll eine Auswahlentscheidung durch das EuroHPC JU mit Leitlinien zu Verträgen, zur Finanzierung und den Beschaffungsregeln/-verfahren getroffen werden. Diese Verfahrensweise findet zumindest in ihren Grundzügen Anknüpfung in Art. 12b Nr. 14 EuroHPC-Verordnungsentwurf.
Zudem enthält der Verordnungsentwurf in Art. 12b Nr. 14 eine nicht abschließende Auflistung der anzuwendenden Auswahlkriterien. Dazu zählen: die technische Bewertung, die möglichen Auswirkungen sowie die finanzielle Durchführbarkeit. Die Europäische Kommission fächert die einzelnen Kriterien noch weiter auf, wobei die technische Bewertung des Vorschlags quantitativ einen Schwerpunkt einnimmt. Als weitere Unterkriterien sind dort genannt: „Zielsetzung und technische Qualität des Vorschlags“, „Qualität des Arbeitsplans“, „Qualität der physischen, IT- und Netzwerkinfrastruktur“, „Nachhaltigkeit und Energieeffizienz“, „Erfahrung und Know-how des Konsortiums beim Aufbau ähnlicher Großanlagen“. Hinsichtlich des Kriteriums der möglichen Auswirkungen differenziert die Europäische Kommission weiter nach der „Qualität der Dienste, einschließlich Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit“, den „Auswirkungen auf das europäische KI-Ökosystem“ und dem „EU-Mehrwert“. Bei der finanziellen Durchführbarkeit werden schließlich als Unterkriterien genannt die „Investitionsverpflichtungen der teilnehmenden Staaten und des AI Gigafactory-Konsortiums“ und die „Qualität und finanzielle Tragfähigkeit des vorgeschlagenen Geschäftsmodells (einschließlich einer Due-Diligence-Prüfung)“.
Kooperation zwischen EuroHPC JU und AI-Gigafactory-Konsortium
Schon vor der Veröffentlichung des EuroHPC-Verordnungsentwurfs hat die Europäische Kommission in verschiedenen Mitteilungen, insbesondere zum AI Continent Action Plan vom 9. April 2025, kursorisch die Förderung der AI-Gigafactories von der Eingehung einer Public-Private Partnership abhängig gemacht. Bislang hatte die Europäische Kommission allerdings keine näheren Details zur Ausgestaltung der Partnerschaft in ihren offiziellen Unterlagen bekanntgegeben. Dies ändert sich nun durch den veröffentlichten EuroHPC-Verordnungsentwurf.
Zunächst greift der Verordnungsentwurf in Art. 12b Nr. 1 Satz 2 die zuvor schon kommunizierte Bedingung auf, dass die Förderung von der Eingehung einer Partnerschaft abhängig ist. Diese Partnerschaft soll zwischen dem AI-Gigafactory-Konsortium und dem EuroHPC JU, stellvertretend für die EU sowie ggfs. weiteren teilnehmende Staaten, bestehen. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass das AI-Gigafactory-Konsortium von einem AI-Gigafactory-Koordinator rechtlich vertreten wird.
Die Gewährung der Förderung wird in dem Verordnungsentwurf von dem Abschluss einer Aufnahmevereinbarung zwischen dem AI-Gigafactory-Koordinator und dem EuroHPC JU abhängig gemacht. Diese Vereinbarung betrifft inhaltlich die Aufnahme und den Betrieb der AI-Gigafactory und wird in ihren wesentlichen Punkten von dem Verordnungsentwurf determiniert. Art. 12b Nr. 12 enthält dazu eine umfassende Auflistung von 13 Gegenständen, die die Vereinbarung regeln muss. Zu regeln sind Grundstrukturen der Projektumsetzung (z.B. Eigentums- und Leistungsstruktur, finanzielle Beiträge, Übertragungs- und Verlängerungsmöglichkeiten), die Umsetzung der AI-Gigafactory im Einzelnen (insb. Zugang und Nutzung der AI-Gigafactory, Qualität der angebotenen Dienste, Haftungsbedingungen) sowie Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten. Konkretisierend sieht Art. 12b Nr. 7, 8 des Verordnungsentwurfs vor, dass das EuroHPC JU im Verhältnis zu den geleisteten Finanzbeiträgen Eigentümer der Recheninfrastruktur der AI-Gigafactory wird. Zudem korrespondiert der Umfang der Zugangsrechte der Union und der teilnehmenden Staaten mit den durch sie geleisteten Finanzbeiträgen. Die Dauer des Eigentums oder der nach Art. 12b Nr. 4 gemieteten Zugangszeiten beträgt mindestens fünf Jahre. Schließlich hebt Art. 12b Nr. 7 des Verordnungsentwurfs explizit hervor, dass die Aufnahmevereinbarung insbesondere Regelungen dazu enthalten muss, wie im Falle der Auflösung des EuroHPC JU, der Übertragung oder Verlängerung des Eigentums des EuroHPC JU oder der Stilllegung der AI-Gigafactory in Bezug auf die Zugangsrechte und -zeiten zu verfahren ist.
Hinsichtlich der Teilnehmerstruktur des Konsortiums äußert sich der Verordnungsentwurf nur zurückhaltend. Einschränkungen ergeben sich nach Art. 12b Nr. 2 für die Beteiligung von Rechtspersonen aus nicht teilnehmenden Staaten. Darüber hinaus macht der Verordnungsentwurf kaum Vorgaben zur Teilnehmerstruktur (vgl. Art. 2 Abs. 3d des Verordnungsentwurfs); insbesondere stellt Art. 12b Nr. 1 Satz 2 klar, dass dem Konsortium kein Technologieinfrastrukturanbieter angehören muss. Bei der Umsetzung der AI-Gigafactory muss das Konsortium dann aber nach Maßgabe des Art. 12b Nr. 15 entsprechende Lieferanten auswählen.
Förderumfang
Der Verordnungsentwurf enthält in Art. 12b Nr. 4 zudem nähere Bestimmungen über den Förderumfang: Danach deckt der Finanzbeitrag der Union bis zu 17 % der Investitionsausgaben (CAPEX) für die gesamte Recheninfrastruktur der AI-Gigafactory oder einen im Voraus vereinbarten garantierten „Kauf“ von Zugangszeiten zur AI-Gigafactory. Daneben soll jedenfalls ein teilnehmender Staat mindestens den gleichen Betrag wie die Union leisten, sodass die EU nicht allein als staatlicher Förderer auftritt. Die verbleibenden Investitionen sowie die Betriebsausgaben (OPEX) der AI-Gigafactory sind dann von dem jeweiligen AI-Gigafactory-Konsortium zu tragen. Sofern eine AI-Factory zu einer AI-Gigafactory ausgebaut werden soll, werden bereits geleistete finanzielle Unterstützungen teilweise angerechnet. Nähere Details regelt dazu Art. 12b Nr. 5 des Verordnungsentwurfs.
Ausblick
Der Verordnungsentwurf zeigt, dass die Umsetzung einschließlich der Förderung von AI-Gigafactories im Vergleich zu sonstigen öffentlich geförderten Projekten voraussichtlich komplex öffentlich-rechtlich reguliert werden wird. Dies liegt vor allem in der partnerschaftlichen Förderungsstruktur begründet. Eine erfolgreiche Projektumsetzung hängt im Verhältnis zur EuroHPC JU insbesondere vom Abschluss einer sorgfältig ausgearbeiteten Aufnahmevereinbarung ab. Aber auch das Engagement des Mitgliedstaats, in dem die AI-Gigafactory beheimatet wäre, und ggf. weiterer beteiligter Mitgliedstaaten ist von wesentlicher Bedeutung und separat von der Aufnahmevereinbarung rechtlich zu regeln. Immerhin sollen die an der Projektrealisierung beteiligten Staaten die jeweilige AI-Gigafactory beitragsmäßig mindestens in derselben Höhe wie die EU unterstützen.
Wir danken Finn Knoblauch für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrags.
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