News

Beschleunigtes Schieds­verfahren nach neuer ICC-Schieds­gerichts­ordnung

20.02.2017

Neue ICC-Schiedsgerichtsordnung 2017 bietet den Parteien ein beschleunigtes Schiedsverfahren

Am 01.03.2017 tritt die neue, überarbeitete Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) in Kraft. Die Überarbeitung hat das Ziel, die Dauer von ICC-Schiedsverfahren zu verkürzen und die verfahrensrechtlichen Entscheidungen des ICC-Gerichtshofes für die Parteien transparenter zu machen. Die neue ICC-SchO 2017 gilt grundsätzlich für alle ICC-Schiedsverfahren, die ab dem 01.03.2017 eingeleitet werden, es sei denn die Parteien haben sich in der Schiedsvereinbarung ausdrücklich auf eine bestimmte, frühere Fassung der ICC-SchO geeinigt.

Die neue ICC-SchO 2017 beinhaltet einige wesentliche Neuerungen:

Neue ICC Expedited Procedure Provisions

Die wichtigste und für Parteien relevanteste Änderung durch die neue ICC-SchO 2017 ist die Einführung von Regeln für beschleunigte Verfahren in Art. 30 der ICC-SchO 2017 in Verbindung mit dem neuen Appendix VI. Die Regeln für beschleunigte Verfahren sind anwendbar, wenn

  • die Schiedsvereinbarung am oder nach dem 01.03.2017 abgeschlossen wurde,
  • der Streitwert zum Zeitpunkt der Antwort auf die Schiedsklage USD 2 Mio. nicht übersteigt und
  • die Parteien kein Opt-out aus den Regeln für beschleunigte Verfahren vereinbart haben.

ICC-Schiedsverfahren mit einem Streitwert bis USD 2 Mio. werden bei ab dem 01.03.2017 geschlossenen Schiedsvereinbarungen also grundsätzlich automatisch im beschleunigten Verfahren durchgeführt, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren explizit ein Opt-out. Die Regeln für beschleunigte Verfahren sehen im Wesentlichen folgende Besonderheiten vor:

  • der ICC-Gerichtshof kann einen Einzelschiedsrichter ernennen, selbst wenn die individuelle Schiedsvereinbarung ein Dreier-Schiedsgericht vorsieht
  • nach der Konstituierung des Schiedsgerichts können die Parteien grundsätzlich keine neuen Ansprüche mehr in dem laufenden Verfahren geltend machen
  • der Einzelschiedsrichter kann Anträge auf Vorlegung von Dokumenten (Document Production) ausschließen oder einschränken
  • die mündliche Verhandlung ist optional und findet nur statt, sofern der Einzelschiedsrichter sie für erforderlich hält
  • der Schiedsspruch soll innerhalb von sechs Monaten ergehen
  • es gibt keinen Schiedsauftrag (Terms of Reference) und das Schiedsgericht muss die Case Management Konferenz spätestens 15 Tage nach Erhalt der Akten abhalten

Parteien mit „alten“ Schiedsvereinbarungen, die vor dem 01.03.2017 geschlossen wurden, können ein Opt-in vereinbaren, um die Vorteile eines beschleunigten Verfahrens für sich nutzbar zu machen. Ebenso können sich Parteien bei Streitwerten über USD 2 Mio. freiwillig übereinstimmend für ein beschleunigtes Verfahren entscheiden.

Weitere Neuerungen der ICC-SchO 2017 im Überblick

  • Das Schiedsgericht hat nur noch einen anstatt zwei Monate Zeit, um den Schiedsauftrag (Terms of Reference) mit den Parteien abzustimmen und an den ICC-Gerichtshof zu übersenden. Diese Fristverkürzung soll die Kosten in diesem frühen Verfahrensstadium reduzieren und zu einem rascheren Übergang zur inhaltlichen Arbeit des Schiedsgerichts führen.
  • Der Gerichtshof hat nun die Möglichkeit, den Parteien die Gründe für die Ernennung, Bestätigung, Ablehnung oder Ersetzung eines Schiedsrichters mitzuteilen. Dies soll die verfahrensrechtlichen Entscheidungen des ICC-Gerichtshofs für die Parteien transparenter machen und damit die Akzeptanz der Parteien für diese Entscheidungen erhöhen.

Fazit: Der Automatismus der neuen ICC-SchO 2017 hin zum beschleunigten Verfahren bei Streitwerten bis USD 2 Mio. sollte in jedem Fall Anlass für Vertragsparteien sein, sich die Vor- und Nachteile eines beschleunigten ICC-Verfahrens vor dem Abschluss der Schiedsvereinbarung bewusst zu machen und abzuwägen, ob sie für ein klassisches ICC-Schiedsverfahren optieren möchten.

Die überarbeitete ICC-SchO 2017 ist hier abrufbar.

 

Schiedsverfahren

Share